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Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Erstes Quartal.

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(Lamoens.
Roman von Adolf Stern. (Fortsetzung,)

amoens verstand die letzten Worte des Freundes nicht ganz, er
bemühte sich indes, die halb unruhige, halb zornige Besorgnis
zu beschwichtigen, die sich seiner bemächtigt hatte. Er folgte
Barreto in das Hans des Kaufmanns, wo ein kurzer Austausch
von Worten genügte. Arcmda versprach, bis zum Spätnachmittag
alles herbeizuschaffen, was Senhor Manuel für seinen Freund verlangte. Und
um schritten beide schweigsam den allmählich ansteigenden Pfad empor, Ca-
moens erwachte aus seinem Nachsinnen immer nur dann, wenn sein Begleiter
einen Gruß mit Begegnenden wechselte, die vom Schlosse herabkamen. Erst als
sie die untere Gartenterrnsse erreicht hatten und nun nicht die große Freitreppe
des Palastes, sondern eine weit nach rechts gelegne Seitentreppe betraten, rich¬
tete er eine Frage an Barreto, worauf dieser antwortete:

Dom Antonio bewohnt das kleine Schloß, das ehedem dem Oheim König
Johanns gehörte. Der Alte liebt die Stille, und wenn ihn nicht seine Pflicht
zuweilen in den Palast führt, vermeidet er denselben beinahe so sorglich wie ich.

Nach einigen Minuten Steigens gelangten beide zu dem mit mächtigen Ka¬
stanien bewachsenen Bergvorsprunge, auf dem sich, von den Riesenbcinmeu fast
versteckt, das viertürmige kleine Schloß erhob. Die Trabanten, welche den Ein¬
gang und die Vorhalle hüteten, schienen Senhor Manuel zu kennen, sie grüßten
unterwürfig und richteten keine Frage an die Eingetretenen, als dieselben durch
den hochgewölbten Gang zur Linken den Weg nach der Wohnung des greisen
Ordensmarschalls einschlugen. Ein hohes, weites Zimmer, dessen Thüren nach
dem Gange weit geöffnet waren und in dem sich ein einziger Diener mit dem
Abständen von Waffenstücken zu schaffen machte, welche zum Schmucke der
Wand dienten, bildete das Vorgcmach. Der Diener, eine kleine Gestalt mit




(Lamoens.
Roman von Adolf Stern. (Fortsetzung,)

amoens verstand die letzten Worte des Freundes nicht ganz, er
bemühte sich indes, die halb unruhige, halb zornige Besorgnis
zu beschwichtigen, die sich seiner bemächtigt hatte. Er folgte
Barreto in das Hans des Kaufmanns, wo ein kurzer Austausch
von Worten genügte. Arcmda versprach, bis zum Spätnachmittag
alles herbeizuschaffen, was Senhor Manuel für seinen Freund verlangte. Und
um schritten beide schweigsam den allmählich ansteigenden Pfad empor, Ca-
moens erwachte aus seinem Nachsinnen immer nur dann, wenn sein Begleiter
einen Gruß mit Begegnenden wechselte, die vom Schlosse herabkamen. Erst als
sie die untere Gartenterrnsse erreicht hatten und nun nicht die große Freitreppe
des Palastes, sondern eine weit nach rechts gelegne Seitentreppe betraten, rich¬
tete er eine Frage an Barreto, worauf dieser antwortete:

Dom Antonio bewohnt das kleine Schloß, das ehedem dem Oheim König
Johanns gehörte. Der Alte liebt die Stille, und wenn ihn nicht seine Pflicht
zuweilen in den Palast führt, vermeidet er denselben beinahe so sorglich wie ich.

Nach einigen Minuten Steigens gelangten beide zu dem mit mächtigen Ka¬
stanien bewachsenen Bergvorsprunge, auf dem sich, von den Riesenbcinmeu fast
versteckt, das viertürmige kleine Schloß erhob. Die Trabanten, welche den Ein¬
gang und die Vorhalle hüteten, schienen Senhor Manuel zu kennen, sie grüßten
unterwürfig und richteten keine Frage an die Eingetretenen, als dieselben durch
den hochgewölbten Gang zur Linken den Weg nach der Wohnung des greisen
Ordensmarschalls einschlugen. Ein hohes, weites Zimmer, dessen Thüren nach
dem Gange weit geöffnet waren und in dem sich ein einziger Diener mit dem
Abständen von Waffenstücken zu schaffen machte, welche zum Schmucke der
Wand dienten, bildete das Vorgcmach. Der Diener, eine kleine Gestalt mit


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[0240] [Abbildung] (Lamoens. Roman von Adolf Stern. (Fortsetzung,) amoens verstand die letzten Worte des Freundes nicht ganz, er bemühte sich indes, die halb unruhige, halb zornige Besorgnis zu beschwichtigen, die sich seiner bemächtigt hatte. Er folgte Barreto in das Hans des Kaufmanns, wo ein kurzer Austausch von Worten genügte. Arcmda versprach, bis zum Spätnachmittag alles herbeizuschaffen, was Senhor Manuel für seinen Freund verlangte. Und um schritten beide schweigsam den allmählich ansteigenden Pfad empor, Ca- moens erwachte aus seinem Nachsinnen immer nur dann, wenn sein Begleiter einen Gruß mit Begegnenden wechselte, die vom Schlosse herabkamen. Erst als sie die untere Gartenterrnsse erreicht hatten und nun nicht die große Freitreppe des Palastes, sondern eine weit nach rechts gelegne Seitentreppe betraten, rich¬ tete er eine Frage an Barreto, worauf dieser antwortete: Dom Antonio bewohnt das kleine Schloß, das ehedem dem Oheim König Johanns gehörte. Der Alte liebt die Stille, und wenn ihn nicht seine Pflicht zuweilen in den Palast führt, vermeidet er denselben beinahe so sorglich wie ich. Nach einigen Minuten Steigens gelangten beide zu dem mit mächtigen Ka¬ stanien bewachsenen Bergvorsprunge, auf dem sich, von den Riesenbcinmeu fast versteckt, das viertürmige kleine Schloß erhob. Die Trabanten, welche den Ein¬ gang und die Vorhalle hüteten, schienen Senhor Manuel zu kennen, sie grüßten unterwürfig und richteten keine Frage an die Eingetretenen, als dieselben durch den hochgewölbten Gang zur Linken den Weg nach der Wohnung des greisen Ordensmarschalls einschlugen. Ein hohes, weites Zimmer, dessen Thüren nach dem Gange weit geöffnet waren und in dem sich ein einziger Diener mit dem Abständen von Waffenstücken zu schaffen machte, welche zum Schmucke der Wand dienten, bildete das Vorgcmach. Der Diener, eine kleine Gestalt mit

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341843_197423/240>, abgerufen am 05.02.2025.