Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Erstes Quartal.mitten durch die feindliche, 14000 Man" starke Armee zum Markgrafen Karl mitten durch die feindliche, 14000 Man» starke Armee zum Markgrafen Karl <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0219" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/197643"/> <fw type="header" place="top"/><lb/> <p xml:id="ID_649" prev="#ID_648" next="#ID_650"> mitten durch die feindliche, 14000 Man» starke Armee zum Markgrafen Karl<lb/> führte. Auf seinen schlichten, einfachen Bericht über diesen Ritt schrieb Friedrich:<lb/> „ich währe Sehr mit seiner Klugen conduite So wohl, als so viel ertzeigter<lb/> Vravour zufrieden." Sehr wahrscheinlich ist es, daß er seinen Beinamen „Zielen<lb/> aus dem Busch" einem Reiterstück aus diesem Feldzuge, einem überraschenden<lb/> Angriff vor Budweis, verdankt. Seit diesen Tagen bleibt sein Name so eng<lb/> mit der Geschichte Friedrichs verflochten, daß die Geschichte des großen Königs<lb/> auch zugleich die Geschichte Zietens enthält. Die Friedenszeiten bringen wieder<lb/> die alten Klagen; so brav sich Zietens Regiment im Felde gehalten hatte, so<lb/> wenig war der König mit seiner Führung in der Garnison zufrieden; Zietens<lb/> Husaren seien jetzt „von eben so viel Nutzen, wie das fünfte Rad am Wagen,"<lb/> schreibt der König einmal. Zietens schwankende Gesundheit und andre Verhält¬<lb/> nisse trugen nicht zur Besserung dieser Übelstände bei. Wahrheit und Unwahr¬<lb/> heit waren gerade in der Erzählung, wie der wackere Neiterführcr in Friedrichs<lb/> Ungnade geriet, bisher in wunderbarer Weise gemischt. Winter legt die Ver¬<lb/> hältnisse aufs klarste auseinander. Der König hat sich allerdings, wenn auch<lb/> nur kurze Zeit, von den Prahlereien des ungarischen Husarenführcrs Nagysander<lb/> umstricken lassen. Intriguen des Generals von Winterfeldt dabei anzunehmen,<lb/> scheint beinahe vollständig ausgeschlossen zu sein. Hierzu kam, daß im März<lb/> 1756 plötzlich Zietens Gemahlin starb, und da erscheint die Erzählung nicht<lb/> unglaublich, daß er zu dieser Zeit um seinen Abschied eingekommen sei; er habe<lb/> erst nachgegeben, als Friedrich selbst an seinen Patriotismus appellirt und ihm<lb/> gesagt habe, daß das Vaterland seiner bedürfe. Durch seine Ernennung zum<lb/> Generalleutnant unterm 12. August 1756, wenige Tage vor dem Aufbruche zum<lb/> Kriege, ward die Aussöhnung bestätigt. Zielen gehörte zu den wenigen Ein¬<lb/> geweihten, welche darum wußten, worauf die Rüstungen eigentlich zielten und<lb/> welches der Zweck des geheimnisvollen Aufbruches war. Gleich bei dem ersten<lb/> größern Wassergange im siebenjährigen Kriege, bei der Einschließung der säch¬<lb/> sischen Armee bei Pirna, muß es als ein unbestreitbares, bisher noch nicht<lb/> völlig gewürdigtes Verdienst Zietens hervorgehoben werden, daß seine Wachsam¬<lb/> keit einen Durchbruch der Sachsen verhinderte. Seinen Anteil an dem furcht¬<lb/> baren Ringen der sieben Jahre können wir hier nicht im einzelnen verfolgen,<lb/> sondern müssen auf Winters eingehende Darstellung verweisen. An dem un¬<lb/> glücklichen Tage von Kolin hat von allen preußischen Generalen nur der eine<lb/> Zielen die ihm vom König gestellte Aufgabe ganz erfüllt und hat sogar im<lb/> Augenblicke der höchsten Gefahr nochmals versucht, die Schlacht wieder herzu-<lb/> stellen; österreichische wie preußische Berichte zollen ihm einstimmig uneinge¬<lb/> schränktes Lob. Den Siegestag von Leuthen hat er mit einer glänzenden<lb/> Kavallerieattacke eröffnet; beim Hochkirchner Überfall war er es, der sich zuerst<lb/> den Österreichern entgegenwarf und schließlich den Rückzug vor dem übermäch¬<lb/> tigen Gegner deckte. Wenn auch er, wie bei Domstädtl, den Wechsel des Kriegs-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0219]
mitten durch die feindliche, 14000 Man» starke Armee zum Markgrafen Karl
führte. Auf seinen schlichten, einfachen Bericht über diesen Ritt schrieb Friedrich:
„ich währe Sehr mit seiner Klugen conduite So wohl, als so viel ertzeigter
Vravour zufrieden." Sehr wahrscheinlich ist es, daß er seinen Beinamen „Zielen
aus dem Busch" einem Reiterstück aus diesem Feldzuge, einem überraschenden
Angriff vor Budweis, verdankt. Seit diesen Tagen bleibt sein Name so eng
mit der Geschichte Friedrichs verflochten, daß die Geschichte des großen Königs
auch zugleich die Geschichte Zietens enthält. Die Friedenszeiten bringen wieder
die alten Klagen; so brav sich Zietens Regiment im Felde gehalten hatte, so
wenig war der König mit seiner Führung in der Garnison zufrieden; Zietens
Husaren seien jetzt „von eben so viel Nutzen, wie das fünfte Rad am Wagen,"
schreibt der König einmal. Zietens schwankende Gesundheit und andre Verhält¬
nisse trugen nicht zur Besserung dieser Übelstände bei. Wahrheit und Unwahr¬
heit waren gerade in der Erzählung, wie der wackere Neiterführcr in Friedrichs
Ungnade geriet, bisher in wunderbarer Weise gemischt. Winter legt die Ver¬
hältnisse aufs klarste auseinander. Der König hat sich allerdings, wenn auch
nur kurze Zeit, von den Prahlereien des ungarischen Husarenführcrs Nagysander
umstricken lassen. Intriguen des Generals von Winterfeldt dabei anzunehmen,
scheint beinahe vollständig ausgeschlossen zu sein. Hierzu kam, daß im März
1756 plötzlich Zietens Gemahlin starb, und da erscheint die Erzählung nicht
unglaublich, daß er zu dieser Zeit um seinen Abschied eingekommen sei; er habe
erst nachgegeben, als Friedrich selbst an seinen Patriotismus appellirt und ihm
gesagt habe, daß das Vaterland seiner bedürfe. Durch seine Ernennung zum
Generalleutnant unterm 12. August 1756, wenige Tage vor dem Aufbruche zum
Kriege, ward die Aussöhnung bestätigt. Zielen gehörte zu den wenigen Ein¬
geweihten, welche darum wußten, worauf die Rüstungen eigentlich zielten und
welches der Zweck des geheimnisvollen Aufbruches war. Gleich bei dem ersten
größern Wassergange im siebenjährigen Kriege, bei der Einschließung der säch¬
sischen Armee bei Pirna, muß es als ein unbestreitbares, bisher noch nicht
völlig gewürdigtes Verdienst Zietens hervorgehoben werden, daß seine Wachsam¬
keit einen Durchbruch der Sachsen verhinderte. Seinen Anteil an dem furcht¬
baren Ringen der sieben Jahre können wir hier nicht im einzelnen verfolgen,
sondern müssen auf Winters eingehende Darstellung verweisen. An dem un¬
glücklichen Tage von Kolin hat von allen preußischen Generalen nur der eine
Zielen die ihm vom König gestellte Aufgabe ganz erfüllt und hat sogar im
Augenblicke der höchsten Gefahr nochmals versucht, die Schlacht wieder herzu-
stellen; österreichische wie preußische Berichte zollen ihm einstimmig uneinge¬
schränktes Lob. Den Siegestag von Leuthen hat er mit einer glänzenden
Kavallerieattacke eröffnet; beim Hochkirchner Überfall war er es, der sich zuerst
den Österreichern entgegenwarf und schließlich den Rückzug vor dem übermäch¬
tigen Gegner deckte. Wenn auch er, wie bei Domstädtl, den Wechsel des Kriegs-
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