Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Erstes Quartal.Zteinthal über den Sozialismus. liberalen Opposition Anklang und Beistand finden. Bis jetzt hat die Mehrheit Hteinthal über den Sozialismus. rofessor Steinthal hat in den letzten Jahren sich mit Vorliebe Wir bemerken bald, daß Steinthal, ebenso wie sein verstorbner Freund Zteinthal über den Sozialismus. liberalen Opposition Anklang und Beistand finden. Bis jetzt hat die Mehrheit Hteinthal über den Sozialismus. rofessor Steinthal hat in den letzten Jahren sich mit Vorliebe Wir bemerken bald, daß Steinthal, ebenso wie sein verstorbner Freund <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0208" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/197632"/> <fw type="header" place="top"> Zteinthal über den Sozialismus.</fw><lb/> <p xml:id="ID_624" prev="#ID_623"> liberalen Opposition Anklang und Beistand finden. Bis jetzt hat die Mehrheit<lb/> der liberalen Partei es nicht gerade eilig gehabt, sich für eine Politik zu er¬<lb/> klären, welche unter allen Umständen die Unteilbarkeit des vereinigten König¬<lb/> reiches gefährden muß.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Hteinthal über den Sozialismus.</head><lb/> <p xml:id="ID_625"> rofessor Steinthal hat in den letzten Jahren sich mit Vorliebe<lb/> ethischen und religionsphilosophischen Fragen zugewandt, offenbar<lb/> um seiner eignen Persönlichkeit willen. Eine solche Motivirung<lb/> seiner wissenschaftlichen Arbeit, das Geständnis, daß mit dem zu¬<lb/> nehmenden Alter sich gewisse Probleme ethisch-religiöser Natur<lb/> mehr als sonst aufdrängen und zum Abschluß kommen möchten, hat immer etwas<lb/> Bewegliches und Anziehendes, Sein neues großes Werk um, die Allgemeine<lb/> Ethik (Berlin, Georg Reimer) regelrecht zu besprechen, würde über deu Rahmen<lb/> der Grenzboten hinausgehen. Aber in dem genannten Werke befindet sich ein<lb/> Exkurs, der eine Zeitschrift näher angeht; es ist der Exkurs über den Sozia¬<lb/> lismus. Auf diesen aufmerksam zu machen, wird uns gestattet sein, zumal da<lb/> wir von vornherein unterrichtet werden (S. 265), daß Steinthal nicht einen<lb/> sonst breitgetretnen Pfad geht und einer Parteifahne folgt, sondern in eignen<lb/> Wegen wandelt, „In wie weit ich mit irgendeinem der Sozialisten und Kom¬<lb/> munisten übereinstimme, weiß ich nicht; ausdrücklich aber muß ich den Leser<lb/> bitten, alles, was er anderweitig über sozialistische Lehren gehört haben mag,<lb/> einstweilen zu vergessen und mit meinen Gedanken nichts zu vermischen, was<lb/> diese weit von sich abweisen."</p><lb/> <p xml:id="ID_626"> Wir bemerken bald, daß Steinthal, ebenso wie sein verstorbner Freund<lb/> F. A. Lange in Marburg und manche andre kundige Männer, einer bevor¬<lb/> stehenden sozialen Umwälzung mit ziemlicher Sicherheit entgegensieht. Denn<lb/> S. 19 beschreibt er deu Antrieb, der ihn mit auf die ethische Forschung ge¬<lb/> bracht hat, und sagt, daß „wir alle eine große, radikale Umwälzung der Eigen¬<lb/> tums- und Lohnverhältnisse mit Gewißheit voraussehen," Er sieht darin eine<lb/> Umgestaltung unsers gesamten ethischen Lebens so tiefgreifender Art, daß die<lb/> Weltgeschichte ihr kaum eine gleich bedeutsame an die Seite zu stellen habe; ins¬<lb/> besondre kommt nach seiner Meinung die Aufhebung der Sklaverei und Leib¬<lb/> eigenschaft diesem sozialistischen Unternehmen weder an Bedeutsamkeit uoch an<lb/> Schwierigkeit gleich.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0208]
Zteinthal über den Sozialismus.
liberalen Opposition Anklang und Beistand finden. Bis jetzt hat die Mehrheit
der liberalen Partei es nicht gerade eilig gehabt, sich für eine Politik zu er¬
klären, welche unter allen Umständen die Unteilbarkeit des vereinigten König¬
reiches gefährden muß.
Hteinthal über den Sozialismus.
rofessor Steinthal hat in den letzten Jahren sich mit Vorliebe
ethischen und religionsphilosophischen Fragen zugewandt, offenbar
um seiner eignen Persönlichkeit willen. Eine solche Motivirung
seiner wissenschaftlichen Arbeit, das Geständnis, daß mit dem zu¬
nehmenden Alter sich gewisse Probleme ethisch-religiöser Natur
mehr als sonst aufdrängen und zum Abschluß kommen möchten, hat immer etwas
Bewegliches und Anziehendes, Sein neues großes Werk um, die Allgemeine
Ethik (Berlin, Georg Reimer) regelrecht zu besprechen, würde über deu Rahmen
der Grenzboten hinausgehen. Aber in dem genannten Werke befindet sich ein
Exkurs, der eine Zeitschrift näher angeht; es ist der Exkurs über den Sozia¬
lismus. Auf diesen aufmerksam zu machen, wird uns gestattet sein, zumal da
wir von vornherein unterrichtet werden (S. 265), daß Steinthal nicht einen
sonst breitgetretnen Pfad geht und einer Parteifahne folgt, sondern in eignen
Wegen wandelt, „In wie weit ich mit irgendeinem der Sozialisten und Kom¬
munisten übereinstimme, weiß ich nicht; ausdrücklich aber muß ich den Leser
bitten, alles, was er anderweitig über sozialistische Lehren gehört haben mag,
einstweilen zu vergessen und mit meinen Gedanken nichts zu vermischen, was
diese weit von sich abweisen."
Wir bemerken bald, daß Steinthal, ebenso wie sein verstorbner Freund
F. A. Lange in Marburg und manche andre kundige Männer, einer bevor¬
stehenden sozialen Umwälzung mit ziemlicher Sicherheit entgegensieht. Denn
S. 19 beschreibt er deu Antrieb, der ihn mit auf die ethische Forschung ge¬
bracht hat, und sagt, daß „wir alle eine große, radikale Umwälzung der Eigen¬
tums- und Lohnverhältnisse mit Gewißheit voraussehen," Er sieht darin eine
Umgestaltung unsers gesamten ethischen Lebens so tiefgreifender Art, daß die
Weltgeschichte ihr kaum eine gleich bedeutsame an die Seite zu stellen habe; ins¬
besondre kommt nach seiner Meinung die Aufhebung der Sklaverei und Leib¬
eigenschaft diesem sozialistischen Unternehmen weder an Bedeutsamkeit uoch an
Schwierigkeit gleich.
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