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Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Erstes Quartal.

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Tamoens.

und Lassen hier zu belauschen, so muß er wissen, warum wir unsern Wirt mit
in den Hof genommen haben. Dann wollen wir unser Lager aufsuchen. Der
Tag war heiß, und wenn mich nicht alles trügt, wird auch der morgende nicht
kühler für uns werden!




Drittes Aapittel.

Als Camoens am folgenden Morgen erwachte, sah er die Thür seines
Gemachs nach der Galerie geöffnet, draußen aber an der Steinbrüstung des
Ganges lehnte Barrcto und schaute in Bartvlomeos Gehöft hinab, aus dem
allerlei Laute des Lebens heraufdrangen. Mit einem Blicke nahm der Dichter
wahr, daß sein Freund, obschon er das gleiche dunkle Gewand trug, wie am
Tage zuvor, heute stattlicher geschmückt erschien. Von dem breitkrümpigen Hute
wallten krause schwarze Federn, vom Halse hing eine schwere goldne Kette und
eine Medaille mit dem Bilde der heiligen Jungfrau auf die Brust, das Schwert
steckte in einem kostbaren Gürtel und an den braunlederner Reitstiefeln glänzten
goldne Sporen. Camoens sprang rasch vom Lager empor, auf dem er nach
Soldatcngewohnheit halb bekleidet geruht hatte, und blickte mit verwundertem
Auge auf Barretv, der ihn lächelnd grüßte. Jsts so spät, Senhor Manuel?
fragte der Erwachte. Ihr seid schon zu einem Ausgange gerüstet?

Ich komme von ihm zurück! antwortete der Gefragte. Wißt Ihr nicht,
daß sich früh erheben muß, wer zu einer vertraulichen Unterredung mit unserm
jungen Herr" gelangen will? Vor und bei Sonnenaufgang gewährt König
Sebastian Audienzen, denn ist er bis zum Abend nicht sichtbar. Ich war im
Schloß und drang zu ihm durch, Eure Angelegenheit ist geordnet, Ihr sollt
heute am Abend feierlich empfangen werden, und der König wird die Gunst
gewähren, die Euch für Euer Werk unentbehrlich dünkt. Danke mir nicht und
laßt uns lieber darauf sinnen, wie wir Euch bei Hof aufführen. Ihr kommt den
Laffen ihren Prunk lassen, aber sie dürfen auch nichts über Euch zu lachen haben.

Ich werde es darauf ankommen lassen müssen, versetzte Camoens, und
ein Schatten des Unmuts zog über sein Gesicht. Alle Kostbarkeiten, die ich
mein nenne, seht Ihr in meiner Hand, den großen Smaragd in der Agraffe,
die mein Wams zusammenhält, hat mir der Maharadscha von Dharwar für
Dienste verehrt, die ich ihm mit dem Schwert geleistet. Er muß mein einziger
Schmuck bleiben! Neben Euch, mein Freund, werde ich freilich sehr unscheinbar
auftreten --

Seid kein Thor, Camoens! unterbrach ihn Barreto. Ich habe diese Kette
und andern Tand in Verwahrung bei Okaz, ich bedarf seiner nur hier, in den
seltenen Füllen, in denen ich einmal zu Hof komme -- in Almocegema wären
die Dinge unnütz. Wie gern teilte ich sie mit Euch zur Hälfte, wüßte ich nicht,


Tamoens.

und Lassen hier zu belauschen, so muß er wissen, warum wir unsern Wirt mit
in den Hof genommen haben. Dann wollen wir unser Lager aufsuchen. Der
Tag war heiß, und wenn mich nicht alles trügt, wird auch der morgende nicht
kühler für uns werden!




Drittes Aapittel.

Als Camoens am folgenden Morgen erwachte, sah er die Thür seines
Gemachs nach der Galerie geöffnet, draußen aber an der Steinbrüstung des
Ganges lehnte Barrcto und schaute in Bartvlomeos Gehöft hinab, aus dem
allerlei Laute des Lebens heraufdrangen. Mit einem Blicke nahm der Dichter
wahr, daß sein Freund, obschon er das gleiche dunkle Gewand trug, wie am
Tage zuvor, heute stattlicher geschmückt erschien. Von dem breitkrümpigen Hute
wallten krause schwarze Federn, vom Halse hing eine schwere goldne Kette und
eine Medaille mit dem Bilde der heiligen Jungfrau auf die Brust, das Schwert
steckte in einem kostbaren Gürtel und an den braunlederner Reitstiefeln glänzten
goldne Sporen. Camoens sprang rasch vom Lager empor, auf dem er nach
Soldatcngewohnheit halb bekleidet geruht hatte, und blickte mit verwundertem
Auge auf Barretv, der ihn lächelnd grüßte. Jsts so spät, Senhor Manuel?
fragte der Erwachte. Ihr seid schon zu einem Ausgange gerüstet?

Ich komme von ihm zurück! antwortete der Gefragte. Wißt Ihr nicht,
daß sich früh erheben muß, wer zu einer vertraulichen Unterredung mit unserm
jungen Herr» gelangen will? Vor und bei Sonnenaufgang gewährt König
Sebastian Audienzen, denn ist er bis zum Abend nicht sichtbar. Ich war im
Schloß und drang zu ihm durch, Eure Angelegenheit ist geordnet, Ihr sollt
heute am Abend feierlich empfangen werden, und der König wird die Gunst
gewähren, die Euch für Euer Werk unentbehrlich dünkt. Danke mir nicht und
laßt uns lieber darauf sinnen, wie wir Euch bei Hof aufführen. Ihr kommt den
Laffen ihren Prunk lassen, aber sie dürfen auch nichts über Euch zu lachen haben.

Ich werde es darauf ankommen lassen müssen, versetzte Camoens, und
ein Schatten des Unmuts zog über sein Gesicht. Alle Kostbarkeiten, die ich
mein nenne, seht Ihr in meiner Hand, den großen Smaragd in der Agraffe,
die mein Wams zusammenhält, hat mir der Maharadscha von Dharwar für
Dienste verehrt, die ich ihm mit dem Schwert geleistet. Er muß mein einziger
Schmuck bleiben! Neben Euch, mein Freund, werde ich freilich sehr unscheinbar
auftreten —

Seid kein Thor, Camoens! unterbrach ihn Barreto. Ich habe diese Kette
und andern Tand in Verwahrung bei Okaz, ich bedarf seiner nur hier, in den
seltenen Füllen, in denen ich einmal zu Hof komme — in Almocegema wären
die Dinge unnütz. Wie gern teilte ich sie mit Euch zur Hälfte, wüßte ich nicht,


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341843_197423/195>, abgerufen am 05.02.2025.