Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Erstes Quartal.(Lamoens. Roman von Adolf Stern. (Fortsctznuli.) in weite Halle war jetzt beinahe leer geworden. Auf der Er¬ Fühlt Ihr nicht auch, Manuel, daß wir so wenig Herren unsrer Erinnerungen (Lamoens. Roman von Adolf Stern. (Fortsctznuli.) in weite Halle war jetzt beinahe leer geworden. Auf der Er¬ Fühlt Ihr nicht auch, Manuel, daß wir so wenig Herren unsrer Erinnerungen <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0190" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/197614"/> <figure facs="http://media.dwds.de/dta/images/grenzboten_341843_197423/figures/grenzboten_341843_197423_197614_000.jpg"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> (Lamoens.<lb/><note type="byline"> Roman von Adolf Stern.</note> (Fortsctznuli.) </head><lb/> <p xml:id="ID_566"> in weite Halle war jetzt beinahe leer geworden. Auf der Er¬<lb/> höhung saßen nur noch die beiden Freunde, im untern Raume<lb/> die wunderlichen Zecher zunächst dem Eingange, welche einen<lb/> dichten Kreis um den Barfüßermönch geschlossen hatten, und<lb/> seitwärts einige wenige von Bartolomevs alten Schiffsgenossen.<lb/> Die Lichter waren zum größten Teile von dem geschäftigen Jose ausgelöscht,<lb/> nur auf den noch besetzten Tischen und auf dem, den die Spanier vorhin ver¬<lb/> lassen hatten, flackerten noch einige Kerzen. Durch das offne Thor schwoll die<lb/> Nachtluft mit frischerem Zuge herein und zerstreute die Dünste des Weines.<lb/> Camoens atmete tief auf und sah sich dann mit einem verwunderten Blicke in<lb/> dem großen, leeren Raume um, er las in Barretos Gesicht die Aufforderung,<lb/> sein Schweigen zu brechen, und hub endlich widerstrebend an:</p><lb/> <p xml:id="ID_567" next="#ID_568"> Fühlt Ihr nicht auch, Manuel, daß wir so wenig Herren unsrer Erinnerungen<lb/> wie unsers Schicksals sind? Die hellsten Sterne in unsrer Brust steigen zu Zeiten<lb/> und an Orten wieder empor, wo wir ihrer kaum froh werden können. Ich habe<lb/> i» den Mondnächten zu Goa, als wir ans Palmengärten auf das endlose<lb/> Meer hinaussahen, die Lippen gegen Euch geschlossen und muß sie um nnter,<lb/> dem Dach dieser Schenke öffnen! Ihr sagtet ganz recht — Catarina Atahde<lb/> hieß sie, die mir das reinste Glück und das bitterste Leid vergangner Tage<lb/> gebracht hat, und Ihr wußtet, als Ihr den teuern Namen ausspracht, auch<lb/> schon, warum die heiße Liebe des armen Hofjnnkers zur Tochter eines großen<lb/> Hauses, eines der wenigen, die an den Schätzen Indiens fürstlich reich geworden<lb/> sind, zu der jugendlich schönen Ehrendamc, welche dem Könige, Dom Joao, selbst<lb/> wohl gefiel, nur ein kurzer Traum mit schlimmem Erwachen sein konnte! Mein<lb/> Herz und die heilige Kirche haben mich meist vor ketzerischen Gedanken behütet;<lb/> doch der Frage, warum unsre Verdammnis dadurch erhöht worden sei, daß der</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0190]
[Abbildung]
(Lamoens.
Roman von Adolf Stern. (Fortsctznuli.)
in weite Halle war jetzt beinahe leer geworden. Auf der Er¬
höhung saßen nur noch die beiden Freunde, im untern Raume
die wunderlichen Zecher zunächst dem Eingange, welche einen
dichten Kreis um den Barfüßermönch geschlossen hatten, und
seitwärts einige wenige von Bartolomevs alten Schiffsgenossen.
Die Lichter waren zum größten Teile von dem geschäftigen Jose ausgelöscht,
nur auf den noch besetzten Tischen und auf dem, den die Spanier vorhin ver¬
lassen hatten, flackerten noch einige Kerzen. Durch das offne Thor schwoll die
Nachtluft mit frischerem Zuge herein und zerstreute die Dünste des Weines.
Camoens atmete tief auf und sah sich dann mit einem verwunderten Blicke in
dem großen, leeren Raume um, er las in Barretos Gesicht die Aufforderung,
sein Schweigen zu brechen, und hub endlich widerstrebend an:
Fühlt Ihr nicht auch, Manuel, daß wir so wenig Herren unsrer Erinnerungen
wie unsers Schicksals sind? Die hellsten Sterne in unsrer Brust steigen zu Zeiten
und an Orten wieder empor, wo wir ihrer kaum froh werden können. Ich habe
i» den Mondnächten zu Goa, als wir ans Palmengärten auf das endlose
Meer hinaussahen, die Lippen gegen Euch geschlossen und muß sie um nnter,
dem Dach dieser Schenke öffnen! Ihr sagtet ganz recht — Catarina Atahde
hieß sie, die mir das reinste Glück und das bitterste Leid vergangner Tage
gebracht hat, und Ihr wußtet, als Ihr den teuern Namen ausspracht, auch
schon, warum die heiße Liebe des armen Hofjnnkers zur Tochter eines großen
Hauses, eines der wenigen, die an den Schätzen Indiens fürstlich reich geworden
sind, zu der jugendlich schönen Ehrendamc, welche dem Könige, Dom Joao, selbst
wohl gefiel, nur ein kurzer Traum mit schlimmem Erwachen sein konnte! Mein
Herz und die heilige Kirche haben mich meist vor ketzerischen Gedanken behütet;
doch der Frage, warum unsre Verdammnis dadurch erhöht worden sei, daß der
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