Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Erstes Quartal.Nach ihr waren zwar sämtliche Offiziere und die bürgerlichen Beamten bis zu Der Hannoveraner ist es nun gewohnt, ja es wird sogar von ihm ver¬ Bezeichnend für das philosophische Jahrhundert ist es übrigens, daß bereits Damit und mit einigen Erklärungen, welche der Herr von Mecklenburg Grenzboten I. 1886. ^
Nach ihr waren zwar sämtliche Offiziere und die bürgerlichen Beamten bis zu Der Hannoveraner ist es nun gewohnt, ja es wird sogar von ihm ver¬ Bezeichnend für das philosophische Jahrhundert ist es übrigens, daß bereits Damit und mit einigen Erklärungen, welche der Herr von Mecklenburg Grenzboten I. 1886. ^
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0017" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/197441"/> <fw type="header" place="top"/><lb/> <p xml:id="ID_20" prev="#ID_19"> Nach ihr waren zwar sämtliche Offiziere und die bürgerlichen Beamten bis zu<lb/> einer gewissen Rangklasse herab hoffähig; ihre Frauen aber nicht, sobald sie<lb/> bürgerlicher Herkunft waren. Sogar die Bürgerliche, welche einen Adlichen<lb/> heiratete, wurde durch die Ehe nicht courfühig.</p><lb/> <p xml:id="ID_21"> Der Hannoveraner ist es nun gewohnt, ja es wird sogar von ihm ver¬<lb/> langt, das; er einem Kind angehöre. So hatte denn auch der hannoversche<lb/> Adel seinen Versammlungsort im sogenannten englischen Klub, der noch heutigen<lb/> Tages das Hauptquartier der welfischen Partei ist, während die bürgerlichen<lb/> Beamten und Offiziere sich im Museum zu treffen pflegten. Doch kamen hierbei<lb/> auch Ausnahmen vor, und verschiedne Bürgerliche gehörten dem ersten, mehrere<lb/> Adliche dem letzten der beiden Klubs an.</p><lb/> <p xml:id="ID_22"> Bezeichnend für das philosophische Jahrhundert ist es übrigens, daß bereits<lb/> bei Beginn der französischen Revolution in Hannover der erste und, soweit er<lb/> aus dem Schoße der Gesellschaft selbst hervorgegangen ist, der einzige Versuch<lb/> gemacht wurde, den Adel und den Bürgerstand in einer Gesellschaft zu ver¬<lb/> schmelzen. Die Ideen der großen Revolution hatten in den besten Kreisen der<lb/> hannoverschen Gesellschaft tiefe Wurzeln geschlagen, und ihnen entsprang jener<lb/> Versuch. Aber es erfolgten Reibungen. Man erinnert sich noch des Duells,<lb/> zu welchem der Herr von Knigge, freisinniger Äußerungen wegen, fast gezwungen<lb/> wurde. Ernster und für die Betreffenden folgenschwerer war ein andrer<lb/> Vorfall. Bei der hannoverschen Fußgarde standen damals die Kapitäne von<lb/> Bülow und von Mecklenburg; namentlich der letztere hatte dnrch freisinnige<lb/> Äußerungen, welche er in jener gemischten Gesellschaft über die französischen<lb/> Umwälzungen gethan hatte, die Aufmerksamkeit des kommandirenden General-<lb/> Feldmarschalls von Freytag auf sich gezogen. Infolgedessen erschien eine<lb/> Generalordre an sämtliche Regimenter und Korps der brannschweig-lüne-<lb/> burgischcn Truppen, ausgefertigt vom königlich großbritanmschen und kur¬<lb/> fürstlich brauuschweig-lüueburgischcn Kriegsgerichte, in welcher aufs strengste<lb/> getadelt wurde, daß in den gesellschaftlichen Unterredungen und Gesprächen<lb/> über die bekannten französischen Grundsätze von der Regierung der Länder und<lb/> von den Verhältnissen der Unterthanen zuweilen Behauptungen fielen, auch von<lb/> dem einen und andern öffentlich geäußert würden, die mit der Dienstpflicht eines<lb/> Offiziers nach dem Inhalte des von ihm geleisteten Huldigungs- und Dienst¬<lb/> eides sich uicht vereinigen ließen u. s. w.</p><lb/> <p xml:id="ID_23" next="#ID_24"> Damit und mit einigen Erklärungen, welche der Herr von Mecklenburg<lb/> dem Feldmarschall gab, schien die Sache ihr Bewenden zu haben. Später<lb/> rückten Bülow sowohl als Mecklenburg mit der hannoverschen Fußgarde nach<lb/> Flandern. Damals hausten die englischen Soldaten im französischen Grenz¬<lb/> gebiete entsetzlich, und wenn wir auch nicht zugeben können, daß das Dekret<lb/> des Konvents, welches jedem englischen oder hannoverschen Soldaten Pardon<lb/> zu geben verbot, berechtigt gewesen sei, so müssen wir doch zugestehen, daß die</p><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> Grenzboten I. 1886. ^</fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0017]
Nach ihr waren zwar sämtliche Offiziere und die bürgerlichen Beamten bis zu
einer gewissen Rangklasse herab hoffähig; ihre Frauen aber nicht, sobald sie
bürgerlicher Herkunft waren. Sogar die Bürgerliche, welche einen Adlichen
heiratete, wurde durch die Ehe nicht courfühig.
Der Hannoveraner ist es nun gewohnt, ja es wird sogar von ihm ver¬
langt, das; er einem Kind angehöre. So hatte denn auch der hannoversche
Adel seinen Versammlungsort im sogenannten englischen Klub, der noch heutigen
Tages das Hauptquartier der welfischen Partei ist, während die bürgerlichen
Beamten und Offiziere sich im Museum zu treffen pflegten. Doch kamen hierbei
auch Ausnahmen vor, und verschiedne Bürgerliche gehörten dem ersten, mehrere
Adliche dem letzten der beiden Klubs an.
Bezeichnend für das philosophische Jahrhundert ist es übrigens, daß bereits
bei Beginn der französischen Revolution in Hannover der erste und, soweit er
aus dem Schoße der Gesellschaft selbst hervorgegangen ist, der einzige Versuch
gemacht wurde, den Adel und den Bürgerstand in einer Gesellschaft zu ver¬
schmelzen. Die Ideen der großen Revolution hatten in den besten Kreisen der
hannoverschen Gesellschaft tiefe Wurzeln geschlagen, und ihnen entsprang jener
Versuch. Aber es erfolgten Reibungen. Man erinnert sich noch des Duells,
zu welchem der Herr von Knigge, freisinniger Äußerungen wegen, fast gezwungen
wurde. Ernster und für die Betreffenden folgenschwerer war ein andrer
Vorfall. Bei der hannoverschen Fußgarde standen damals die Kapitäne von
Bülow und von Mecklenburg; namentlich der letztere hatte dnrch freisinnige
Äußerungen, welche er in jener gemischten Gesellschaft über die französischen
Umwälzungen gethan hatte, die Aufmerksamkeit des kommandirenden General-
Feldmarschalls von Freytag auf sich gezogen. Infolgedessen erschien eine
Generalordre an sämtliche Regimenter und Korps der brannschweig-lüne-
burgischcn Truppen, ausgefertigt vom königlich großbritanmschen und kur¬
fürstlich brauuschweig-lüueburgischcn Kriegsgerichte, in welcher aufs strengste
getadelt wurde, daß in den gesellschaftlichen Unterredungen und Gesprächen
über die bekannten französischen Grundsätze von der Regierung der Länder und
von den Verhältnissen der Unterthanen zuweilen Behauptungen fielen, auch von
dem einen und andern öffentlich geäußert würden, die mit der Dienstpflicht eines
Offiziers nach dem Inhalte des von ihm geleisteten Huldigungs- und Dienst¬
eides sich uicht vereinigen ließen u. s. w.
Damit und mit einigen Erklärungen, welche der Herr von Mecklenburg
dem Feldmarschall gab, schien die Sache ihr Bewenden zu haben. Später
rückten Bülow sowohl als Mecklenburg mit der hannoverschen Fußgarde nach
Flandern. Damals hausten die englischen Soldaten im französischen Grenz¬
gebiete entsetzlich, und wenn wir auch nicht zugeben können, daß das Dekret
des Konvents, welches jedem englischen oder hannoverschen Soldaten Pardon
zu geben verbot, berechtigt gewesen sei, so müssen wir doch zugestehen, daß die
Grenzboten I. 1886. ^
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |