Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Viertes Quartal.Unsere kleinste Münze. lichen Lebensbedürfnisse mit Bruchteilen von Pfennigen teurer bezahlen muß, Als der Abgeordnete von Schalscha (der schon früher einmal im Reichstage In erfreulicher Weise hat der Regierungsvertreter eine unbefangene Prüfung Unsere kleinste Münze. lichen Lebensbedürfnisse mit Bruchteilen von Pfennigen teurer bezahlen muß, Als der Abgeordnete von Schalscha (der schon früher einmal im Reichstage In erfreulicher Weise hat der Regierungsvertreter eine unbefangene Prüfung <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0634" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/197368"/> <fw type="header" place="top"> Unsere kleinste Münze.</fw><lb/> <p xml:id="ID_2180" prev="#ID_2179"> lichen Lebensbedürfnisse mit Bruchteilen von Pfennigen teurer bezahlen muß,<lb/> als sie eigentlich wert sind. Das summirt sich im Jahre schon zu eiuer ganz<lb/> netten Summe. Und gerade deshalb, weil die Frage für den Großverkehr<lb/> gleichgültig ist, sollte man umsoweniger Bedenken tragen, dem Kleinverkehr diese<lb/> Rücksicht zu gönnen.</p><lb/> <p xml:id="ID_2181"> Als der Abgeordnete von Schalscha (der schon früher einmal im Reichstage<lb/> diesen Gegenstand berührt hatte) seine Vemerkuug vorbrachte, ereignete sich ein<lb/> Kuriosum. Wie von der Tarantel gestochen, erhob sich der Abgeordnete Dr. Braun<lb/> und erklärte, gegen diesen Gedanken Widerspruch erheben zu müssen. Denn<lb/> nnter der Blume des 2 ^-Pfennigstückes lauere die giftige Schlange des<lb/> Bimetallismus; und dieser müsse man, wo man sie nur ahne, auf den Kopf<lb/> treten. I^rinvipiis obstu.! rief er aus. Also ^'^-Pfennigstücke und Bimetallismus!<lb/> Sollte mau denn glauben, daß verständige Menschen zu einer solchen Kombination<lb/> gelangen könnten? Der Verfasser dieses Aufsatzes ist kein Anhänger des Bi¬<lb/> metallismus. Er ist überzeugt, daß der Glaube vieler Landwirte, durch Ein¬<lb/> führung der Doppelwährung würden die Fruchtpreise besser werden, auf einer<lb/> argen Täuschung beruht. Er ist auch kein Parteigeuosse des Herrn von<lb/> Schalscha. Aber er ist ein Freund des kleinen Mannes, und er glaubt, daß<lb/> weder Furcht vor dem Bimetallismus, uoch Abneigung gegen das Zentrum, am<lb/> wenigsten aber bloße Prinzipienreiterei dazu führen sollte, den von einem Bi-<lb/> metallisten und Zentrumsmitgliede angeregten Gedanken, der dem kleinen Manne<lb/> zu Gute kommen würde, zu verwerfen.</p><lb/> <p xml:id="ID_2182"> In erfreulicher Weise hat der Regierungsvertreter eine unbefangene Prüfung<lb/> der Frage zugesagt. Er hat nur bemerkt, daß bisher aus Kreisen des Verkehrs,<lb/> insbesondre aus Kreisen der Arbeiter, Wünsche wegen Einführung eines 2^-<lb/> Pfennigstückes der Neichsregicruug nicht zugegangen seien. Das ist aber garnicht<lb/> zu verwundern. Die kleinen Leute fühlen Wohl, daß das neue Müuzshstem<lb/> ihnen Verteuerung gebracht hat. Aber sie können sich nicht klar mache», woran<lb/> das liegt; und noch weniger können sie sich klar machen, mit was für Mitteln<lb/> man dagegen aufkommen könne. Diese Mittel zu finden ist Sache des höhern<lb/> Verständnisses. Wir wünschen deshalb, daß die Reichsregierung aus diesem<lb/> Stillschweigen keinen Grund dagegen entnehmen möge, die Frage zu prüfen und<lb/> damit von neuem ihr lebendiges Interesse an dem Wohlergehen der geringern<lb/> .Klassen zu bethätigen.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0634]
Unsere kleinste Münze.
lichen Lebensbedürfnisse mit Bruchteilen von Pfennigen teurer bezahlen muß,
als sie eigentlich wert sind. Das summirt sich im Jahre schon zu eiuer ganz
netten Summe. Und gerade deshalb, weil die Frage für den Großverkehr
gleichgültig ist, sollte man umsoweniger Bedenken tragen, dem Kleinverkehr diese
Rücksicht zu gönnen.
Als der Abgeordnete von Schalscha (der schon früher einmal im Reichstage
diesen Gegenstand berührt hatte) seine Vemerkuug vorbrachte, ereignete sich ein
Kuriosum. Wie von der Tarantel gestochen, erhob sich der Abgeordnete Dr. Braun
und erklärte, gegen diesen Gedanken Widerspruch erheben zu müssen. Denn
nnter der Blume des 2 ^-Pfennigstückes lauere die giftige Schlange des
Bimetallismus; und dieser müsse man, wo man sie nur ahne, auf den Kopf
treten. I^rinvipiis obstu.! rief er aus. Also ^'^-Pfennigstücke und Bimetallismus!
Sollte mau denn glauben, daß verständige Menschen zu einer solchen Kombination
gelangen könnten? Der Verfasser dieses Aufsatzes ist kein Anhänger des Bi¬
metallismus. Er ist überzeugt, daß der Glaube vieler Landwirte, durch Ein¬
führung der Doppelwährung würden die Fruchtpreise besser werden, auf einer
argen Täuschung beruht. Er ist auch kein Parteigeuosse des Herrn von
Schalscha. Aber er ist ein Freund des kleinen Mannes, und er glaubt, daß
weder Furcht vor dem Bimetallismus, uoch Abneigung gegen das Zentrum, am
wenigsten aber bloße Prinzipienreiterei dazu führen sollte, den von einem Bi-
metallisten und Zentrumsmitgliede angeregten Gedanken, der dem kleinen Manne
zu Gute kommen würde, zu verwerfen.
In erfreulicher Weise hat der Regierungsvertreter eine unbefangene Prüfung
der Frage zugesagt. Er hat nur bemerkt, daß bisher aus Kreisen des Verkehrs,
insbesondre aus Kreisen der Arbeiter, Wünsche wegen Einführung eines 2^-
Pfennigstückes der Neichsregicruug nicht zugegangen seien. Das ist aber garnicht
zu verwundern. Die kleinen Leute fühlen Wohl, daß das neue Müuzshstem
ihnen Verteuerung gebracht hat. Aber sie können sich nicht klar mache», woran
das liegt; und noch weniger können sie sich klar machen, mit was für Mitteln
man dagegen aufkommen könne. Diese Mittel zu finden ist Sache des höhern
Verständnisses. Wir wünschen deshalb, daß die Reichsregierung aus diesem
Stillschweigen keinen Grund dagegen entnehmen möge, die Frage zu prüfen und
damit von neuem ihr lebendiges Interesse an dem Wohlergehen der geringern
.Klassen zu bethätigen.
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