Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Viertes Quartal.und Berufung von Laien zu ihren Beratungen versprechen. Er könnte endlich und Berufung von Laien zu ihren Beratungen versprechen. Er könnte endlich <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0598" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/197332"/> <fw type="header" place="top"/><lb/> <p xml:id="ID_1965" prev="#ID_1964" next="#ID_1966"> und Berufung von Laien zu ihren Beratungen versprechen. Er könnte endlich<lb/> den Iren das reichlichste Maß örtlicher Selbstregierung bewilligen wollen, das<lb/> sich mit der Unteilbarkeit des vereinigten Königreiches und mit der Sicherheit<lb/> von Leben und Eigentum auf der grünen Insel verträgt. Das Volk muß<lb/> wissen, was Salisbury ihm an Reformen zu gewähren imstande ist, wenn er<lb/> seine Unterstützung verlangt. Sodann ist Parnell verpflichtet, Mäntel und<lb/> Masken abzulegen und einmal deutlich und rückhaltlos zu sagen, was er eigent¬<lb/> lich will und erstrebt. Es giebt sehr verschiedne Methoden und Systeme, mit<lb/> denen man das Verlangen nach einer Selbstregierung in Irland zu befriedigen<lb/> versuche» kann, und es würde ein zweckloses Bemühen für englische Politiker<lb/> sein, wenn sie sich auf einen Versuch zur Lösung der Frage einlassen wollten,<lb/> ohne die Ansprüche der Hvmeruler in ihrer vollen Ausdehnung und in allen<lb/> Einzelheiten zu kennen. Man könnte den Plan vielleicht adoptiren, nach welchem<lb/> Österreich und Ungarn, Eis- und Transleithanien getrennt und verbunden sind.<lb/> Großbritannien und Irland könnten nur hinsichtlich der auswärtigen Angelegen¬<lb/> heiten vermittelst Delegationen vereinigt sein, die, wen» sie verschiedener Ansicht<lb/> sind, zusammentreten und durch gemeinsames Verhandeln sich verstündigen.<lb/> Ferner gäbe es die Möglichkeit eines kolonialen Planes, das Bild eines Irlands,<lb/> welches von England losgetrennt wäre wie Kanada und Australien und nichts<lb/> in die Entscheidung englischer Angelegenheiten hineinzureden hätte, eines Irlands<lb/> ohne auswärtige Politik, geschützt von England vor fremdländischen Feinden,<lb/> aber nicht verpflichtet, jenem bei seinen Kriegen Geld und Soldaten zu liefern.<lb/> Zwischen diesen beiden Einrichtungen giebt es noch manches andre System, nach<lb/> welchem die irische Selbständigkeit geordnet werden könnte. Es läßt sich z. B.<lb/> ein Irland denken, das eine feststehende Summe zur Erhaltung der Reichsarmee<lb/> und Neichsflottc beizutragen und diese Summe in Kriegszeiten zu erhöhen hätte,<lb/> weshalb ihm die Teilnahme an dem nationalen Rate offen stünde, sobald sichs<lb/> um Reichsangelegenheiten handelte. Aber was wären Reichsangelegenheiten?<lb/> Gesetzt, die Iren sagten: Wir schicken euch so und so viele Millionen zu mili¬<lb/> tärischen Zwecken, deshalb müssen wir sehen, wie sie verwendet werden, und<lb/> haben das Recht, jede Zeile in euerm Armeebndget zu prüfen und uach<lb/> Befinden zu bestreiten. Käme es dann einmal zum Streite mit Amerika oder<lb/> einer europciischeu Macht und votirten die irischen Abgeordneten oder Delegaten<lb/> Mann für Mann gegen den Krieg — glaubt man, daß Irland dann, wenn es<lb/> überstimmt würde, mit Vergnügen seinen Beitrag entrichten würde? Und wie<lb/> sollte Großbritannien, wenn die Iren sich weigerten, das Geld eintreiben? Wird<lb/> man in diesem Falle den großen General Wolseley als einen zweiten Strongbow<lb/> absenden, um den Tribut mit Androhung von Feuer und Schwert in den Händen<lb/> einzukassiren. Die Sache steht so, daß jede Einrichtung der Art, ausgenommen<lb/> eine vollständige Trennung, England in heillose Verwicklungen und unberechen¬<lb/> bare Streitigkeiten stürzen würde. Kein menschlicher Verstand wäre imstande,</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0598]
und Berufung von Laien zu ihren Beratungen versprechen. Er könnte endlich
den Iren das reichlichste Maß örtlicher Selbstregierung bewilligen wollen, das
sich mit der Unteilbarkeit des vereinigten Königreiches und mit der Sicherheit
von Leben und Eigentum auf der grünen Insel verträgt. Das Volk muß
wissen, was Salisbury ihm an Reformen zu gewähren imstande ist, wenn er
seine Unterstützung verlangt. Sodann ist Parnell verpflichtet, Mäntel und
Masken abzulegen und einmal deutlich und rückhaltlos zu sagen, was er eigent¬
lich will und erstrebt. Es giebt sehr verschiedne Methoden und Systeme, mit
denen man das Verlangen nach einer Selbstregierung in Irland zu befriedigen
versuche» kann, und es würde ein zweckloses Bemühen für englische Politiker
sein, wenn sie sich auf einen Versuch zur Lösung der Frage einlassen wollten,
ohne die Ansprüche der Hvmeruler in ihrer vollen Ausdehnung und in allen
Einzelheiten zu kennen. Man könnte den Plan vielleicht adoptiren, nach welchem
Österreich und Ungarn, Eis- und Transleithanien getrennt und verbunden sind.
Großbritannien und Irland könnten nur hinsichtlich der auswärtigen Angelegen¬
heiten vermittelst Delegationen vereinigt sein, die, wen» sie verschiedener Ansicht
sind, zusammentreten und durch gemeinsames Verhandeln sich verstündigen.
Ferner gäbe es die Möglichkeit eines kolonialen Planes, das Bild eines Irlands,
welches von England losgetrennt wäre wie Kanada und Australien und nichts
in die Entscheidung englischer Angelegenheiten hineinzureden hätte, eines Irlands
ohne auswärtige Politik, geschützt von England vor fremdländischen Feinden,
aber nicht verpflichtet, jenem bei seinen Kriegen Geld und Soldaten zu liefern.
Zwischen diesen beiden Einrichtungen giebt es noch manches andre System, nach
welchem die irische Selbständigkeit geordnet werden könnte. Es läßt sich z. B.
ein Irland denken, das eine feststehende Summe zur Erhaltung der Reichsarmee
und Neichsflottc beizutragen und diese Summe in Kriegszeiten zu erhöhen hätte,
weshalb ihm die Teilnahme an dem nationalen Rate offen stünde, sobald sichs
um Reichsangelegenheiten handelte. Aber was wären Reichsangelegenheiten?
Gesetzt, die Iren sagten: Wir schicken euch so und so viele Millionen zu mili¬
tärischen Zwecken, deshalb müssen wir sehen, wie sie verwendet werden, und
haben das Recht, jede Zeile in euerm Armeebndget zu prüfen und uach
Befinden zu bestreiten. Käme es dann einmal zum Streite mit Amerika oder
einer europciischeu Macht und votirten die irischen Abgeordneten oder Delegaten
Mann für Mann gegen den Krieg — glaubt man, daß Irland dann, wenn es
überstimmt würde, mit Vergnügen seinen Beitrag entrichten würde? Und wie
sollte Großbritannien, wenn die Iren sich weigerten, das Geld eintreiben? Wird
man in diesem Falle den großen General Wolseley als einen zweiten Strongbow
absenden, um den Tribut mit Androhung von Feuer und Schwert in den Händen
einzukassiren. Die Sache steht so, daß jede Einrichtung der Art, ausgenommen
eine vollständige Trennung, England in heillose Verwicklungen und unberechen¬
bare Streitigkeiten stürzen würde. Kein menschlicher Verstand wäre imstande,
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