Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Viertes Quartal.Friedrich der Große und Gotischcd. Ringe----Gott wolle nicht, daß unser Gleim seinen Patriotismum mich so weit Friedrich der Große ist noch zweimal während des siebenjährigen Krieges *) So oft auch diese Unterredung abgedruckt worden ist, so wird wohl den wenigsten Lesern ihre eigentliche Quelle bekannt sein. In unsern Lesebüchern heißt es gewöhnlich: Nach Förster, d. i. nach Friedrich Försters Biographie Friedrichs des Großen. Aber wo halte sie Förster her? Sie stammt aus einem Briefe Gellerts r>on 27. Januar 1761 (an eine unbekannte Adresse), der schon im Laufe des Jahres 1761, ebenso wie der berühmte Husarcnbrief Gellerts, in zahlreichen, zum Teil abscheulich schlechten Drucken verbreitet wurde. In der Einleitung dieser Drucke heißt es, die Unterredung habe am 18. Dezember 1760 stattgefunden. Gellert hat jedoch gleich am Tage nach der tknterrednng einen in vielen Ein¬ zelheiten abweichenden Bericht an die junge Gräfin Erdmuth vou Schönfeld gesandt, und dieser ist datirt: Leipzig, den 12. Dezember 1760; die Unterredung fand also bereits am II. Dezember statt. (Gellerts Briefe an Fräulein Erdmuth von Schönfeld. Leipzig, 1761. S. 151.) Unsere Lesebücher sollten in Zukunft lieber wörtlich den Brief an das Friinlein von Schönfeld abdrucken, als die zurechtgemachte Darstellung aus Förster. "") So berichtet der Göttinger Geschichtsprofessor Pütter, der damals in Gotha mit zu¬
gegen war, in seiner Selbstbiographie. Friedrich der Große und Gotischcd. Ringe----Gott wolle nicht, daß unser Gleim seinen Patriotismum mich so weit Friedrich der Große ist noch zweimal während des siebenjährigen Krieges *) So oft auch diese Unterredung abgedruckt worden ist, so wird wohl den wenigsten Lesern ihre eigentliche Quelle bekannt sein. In unsern Lesebüchern heißt es gewöhnlich: Nach Förster, d. i. nach Friedrich Försters Biographie Friedrichs des Großen. Aber wo halte sie Förster her? Sie stammt aus einem Briefe Gellerts r>on 27. Januar 1761 (an eine unbekannte Adresse), der schon im Laufe des Jahres 1761, ebenso wie der berühmte Husarcnbrief Gellerts, in zahlreichen, zum Teil abscheulich schlechten Drucken verbreitet wurde. In der Einleitung dieser Drucke heißt es, die Unterredung habe am 18. Dezember 1760 stattgefunden. Gellert hat jedoch gleich am Tage nach der tknterrednng einen in vielen Ein¬ zelheiten abweichenden Bericht an die junge Gräfin Erdmuth vou Schönfeld gesandt, und dieser ist datirt: Leipzig, den 12. Dezember 1760; die Unterredung fand also bereits am II. Dezember statt. (Gellerts Briefe an Fräulein Erdmuth von Schönfeld. Leipzig, 1761. S. 151.) Unsere Lesebücher sollten in Zukunft lieber wörtlich den Brief an das Friinlein von Schönfeld abdrucken, als die zurechtgemachte Darstellung aus Förster. "") So berichtet der Göttinger Geschichtsprofessor Pütter, der damals in Gotha mit zu¬
gegen war, in seiner Selbstbiographie. <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0536" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/197270"/> <fw type="header" place="top"> Friedrich der Große und Gotischcd.</fw><lb/> <p xml:id="ID_1691" prev="#ID_1690"> Ringe----Gott wolle nicht, daß unser Gleim seinen Patriotismum mich so weit<lb/> treibt, daß ihm Gottsched durch diese Bekanntschaft respektabler wird. Jetzt ist<lb/> es vielmehr die rechte Zeit, neue und blutigere Satiren wider ihn zu machen,<lb/> als man je gemacht hat."</p><lb/> <p xml:id="ID_1692" next="#ID_1693"> Friedrich der Große ist noch zweimal während des siebenjährigen Krieges<lb/> in Leipzig gewesen, beidemal auf längere Zeit: zuerst vom 8. Dezember 1760<lb/> bis zum 17. Mürz 1761, sodann vom 5. Dezember 1762 bis nach der Ver¬<lb/> kündigung des Hubertusburger Friedens, bis zum 17. Februar 1763. Bei dem<lb/> erster» dieser beiden Leipziger Aufenthalte, in den die Unterredung mit Gellert<lb/> fällt (Donnerstag den 11. Dezember"), traf der König auch wieder mit Gottsched<lb/> zusammen; doch ist über diese letzte Begegnung nichts bekannt geworden, wahr¬<lb/> scheinlich fiel sie gegen die frühern sehr ab. Daß der König 1762 nochmals<lb/> Gottscheds Unterhaltung gesucht haben sollte, ist unwahrscheinlich. Er hatte<lb/> wohl genug von ihm. In De Cakes Tagebuch findet sich schon unterm 9. No¬<lb/> vember 1758 der Eintrag: ()n pgr!-t as OottKeliscl ü. I^MiZ-, <mi sse un<lb/> xvämrt, un iAnorlmr et «M sM «zus ig, Krammairo, und als der König<lb/> kurz vor seiner letzten Anwesenheit in Leipzig am Gothaer Hofe war (den Z.<lb/> und 4. Dezember 1762), erzählte er der Herzogin „in einem überaus aufge¬<lb/> räumten Tone," er habe zu Leipzig mit Gottsched davon gesprochen, daß die<lb/> französische Sprache doch noch viele Vorzüge vor der deutschen habe, unter<lb/> anderen, daß ein Wort oft in vielerlei Verstände gebraucht werden könne, wofür<lb/> man im Deutschen oft mehrere Ausdrücke zusammensuchen müsse. Darauf habe<lb/> Gottsched geantwortet: Das wollen wir noch machen. „Diese Worte wieder¬<lb/> holte der König etlichemal mit solchem Nachdruck, daß man wohl merkte, wie<lb/> auffallend ihm die Anmaßung des Mannes, was er noch machen wolle, vor¬<lb/> gekommen sei.""") Nach der Unterredung mit Gellert aber sagte der König zu<lb/> dem Obersten Guichard (Quintus Icilius): (ü'sse Wut g-rckrö ora»s «me; 6ott-<lb/> sollkä, und tags darauf bei Tische: (ZMvrt sse 1k xlns rtÜ8onng,1>1s Ah tous Jos</p><lb/> <note xml:id="FID_50" place="foot"> *) So oft auch diese Unterredung abgedruckt worden ist, so wird wohl den wenigsten<lb/> Lesern ihre eigentliche Quelle bekannt sein. In unsern Lesebüchern heißt es gewöhnlich:<lb/> Nach Förster, d. i. nach Friedrich Försters Biographie Friedrichs des Großen. Aber wo<lb/> halte sie Förster her? Sie stammt aus einem Briefe Gellerts r>on 27. Januar 1761 (an<lb/> eine unbekannte Adresse), der schon im Laufe des Jahres 1761, ebenso wie der berühmte<lb/> Husarcnbrief Gellerts, in zahlreichen, zum Teil abscheulich schlechten Drucken verbreitet wurde.<lb/> In der Einleitung dieser Drucke heißt es, die Unterredung habe am 18. Dezember 1760<lb/> stattgefunden. Gellert hat jedoch gleich am Tage nach der tknterrednng einen in vielen Ein¬<lb/> zelheiten abweichenden Bericht an die junge Gräfin Erdmuth vou Schönfeld gesandt, und<lb/> dieser ist datirt: Leipzig, den 12. Dezember 1760; die Unterredung fand also bereits am<lb/> II. Dezember statt. (Gellerts Briefe an Fräulein Erdmuth von Schönfeld. Leipzig, 1761.<lb/> S. 151.) Unsere Lesebücher sollten in Zukunft lieber wörtlich den Brief an das Friinlein<lb/> von Schönfeld abdrucken, als die zurechtgemachte Darstellung aus Förster.</note><lb/> <note xml:id="FID_51" place="foot"> "") So berichtet der Göttinger Geschichtsprofessor Pütter, der damals in Gotha mit zu¬<lb/> gegen war, in seiner Selbstbiographie.</note><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0536]
Friedrich der Große und Gotischcd.
Ringe----Gott wolle nicht, daß unser Gleim seinen Patriotismum mich so weit
treibt, daß ihm Gottsched durch diese Bekanntschaft respektabler wird. Jetzt ist
es vielmehr die rechte Zeit, neue und blutigere Satiren wider ihn zu machen,
als man je gemacht hat."
Friedrich der Große ist noch zweimal während des siebenjährigen Krieges
in Leipzig gewesen, beidemal auf längere Zeit: zuerst vom 8. Dezember 1760
bis zum 17. Mürz 1761, sodann vom 5. Dezember 1762 bis nach der Ver¬
kündigung des Hubertusburger Friedens, bis zum 17. Februar 1763. Bei dem
erster» dieser beiden Leipziger Aufenthalte, in den die Unterredung mit Gellert
fällt (Donnerstag den 11. Dezember"), traf der König auch wieder mit Gottsched
zusammen; doch ist über diese letzte Begegnung nichts bekannt geworden, wahr¬
scheinlich fiel sie gegen die frühern sehr ab. Daß der König 1762 nochmals
Gottscheds Unterhaltung gesucht haben sollte, ist unwahrscheinlich. Er hatte
wohl genug von ihm. In De Cakes Tagebuch findet sich schon unterm 9. No¬
vember 1758 der Eintrag: ()n pgr!-t as OottKeliscl ü. I^MiZ-, <mi sse un
xvämrt, un iAnorlmr et «M sM «zus ig, Krammairo, und als der König
kurz vor seiner letzten Anwesenheit in Leipzig am Gothaer Hofe war (den Z.
und 4. Dezember 1762), erzählte er der Herzogin „in einem überaus aufge¬
räumten Tone," er habe zu Leipzig mit Gottsched davon gesprochen, daß die
französische Sprache doch noch viele Vorzüge vor der deutschen habe, unter
anderen, daß ein Wort oft in vielerlei Verstände gebraucht werden könne, wofür
man im Deutschen oft mehrere Ausdrücke zusammensuchen müsse. Darauf habe
Gottsched geantwortet: Das wollen wir noch machen. „Diese Worte wieder¬
holte der König etlichemal mit solchem Nachdruck, daß man wohl merkte, wie
auffallend ihm die Anmaßung des Mannes, was er noch machen wolle, vor¬
gekommen sei.""") Nach der Unterredung mit Gellert aber sagte der König zu
dem Obersten Guichard (Quintus Icilius): (ü'sse Wut g-rckrö ora»s «me; 6ott-
sollkä, und tags darauf bei Tische: (ZMvrt sse 1k xlns rtÜ8onng,1>1s Ah tous Jos
*) So oft auch diese Unterredung abgedruckt worden ist, so wird wohl den wenigsten
Lesern ihre eigentliche Quelle bekannt sein. In unsern Lesebüchern heißt es gewöhnlich:
Nach Förster, d. i. nach Friedrich Försters Biographie Friedrichs des Großen. Aber wo
halte sie Förster her? Sie stammt aus einem Briefe Gellerts r>on 27. Januar 1761 (an
eine unbekannte Adresse), der schon im Laufe des Jahres 1761, ebenso wie der berühmte
Husarcnbrief Gellerts, in zahlreichen, zum Teil abscheulich schlechten Drucken verbreitet wurde.
In der Einleitung dieser Drucke heißt es, die Unterredung habe am 18. Dezember 1760
stattgefunden. Gellert hat jedoch gleich am Tage nach der tknterrednng einen in vielen Ein¬
zelheiten abweichenden Bericht an die junge Gräfin Erdmuth vou Schönfeld gesandt, und
dieser ist datirt: Leipzig, den 12. Dezember 1760; die Unterredung fand also bereits am
II. Dezember statt. (Gellerts Briefe an Fräulein Erdmuth von Schönfeld. Leipzig, 1761.
S. 151.) Unsere Lesebücher sollten in Zukunft lieber wörtlich den Brief an das Friinlein
von Schönfeld abdrucken, als die zurechtgemachte Darstellung aus Förster.
"") So berichtet der Göttinger Geschichtsprofessor Pütter, der damals in Gotha mit zu¬
gegen war, in seiner Selbstbiographie.
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |