Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Viertes Quartal.Berlin, wie es wächst und verschlingt. ort hat Charlottenburg eine große Zukunft, aber nur um desto schneller mit Fast alle diese Vororte schwellen von Jahr zu Jahr mächtig an. Steglitz Berlin, wie es wächst und verschlingt. ort hat Charlottenburg eine große Zukunft, aber nur um desto schneller mit Fast alle diese Vororte schwellen von Jahr zu Jahr mächtig an. Steglitz <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0428" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/197162"/> <fw type="header" place="top"> Berlin, wie es wächst und verschlingt.</fw><lb/> <p xml:id="ID_1393" prev="#ID_1392"> ort hat Charlottenburg eine große Zukunft, aber nur um desto schneller mit<lb/> Berlin zusammenzuwachsen und ihn ihm aufzugehen. An Charlottenburg<lb/> reiht sich Westend; sehr schon, sehr entwicklungsfähig, aber — sehr entlegen.<lb/> Trotzdem findet gerade dort, dicht am Rande des Gruncwaldes, eine großartige<lb/> Spckulatiousthätigkeit statt. Was zwischen Charlottenburg und der Pots¬<lb/> damer Bahn noch die Orte Wilmersdorf nud Schmargendorf, sowie die Domäne<lb/> Dahlem betrifft, so wiegen hier zur Zeit noch bäuerliche Verhältnisse vor; in<lb/> zehn Jahren wird jedoch Wilmersdorf sein, was jetzt Schöneberg ist, und bei<lb/> Schmargendorf wird dieselbe Entwicklung nicht mehr lange auf sich warten<lb/> lassen. Zum Schlüsse wäre nun noch des verunglückten Vorortes Südeud<lb/> zu gedenken, welcher sich zwischen Tempelhof und Steglitz in ein reizendes<lb/> Thälchen gebettet findet. Lage — allerliebst; Verbindungen >— bequem genug<lb/> (mittels der nahen Station der AnHalter Bahn); Entwicklungsfähigkeit ist aber<lb/> für das nächste halbe Menschenalter noch nicht vorhanden, lind demnach auch<lb/> das Wohnen dort ein tristes und unbehagliches. Auch für Südend wird die<lb/> Zeit kommen, aber — erst später. Noch mehr als Westend ist Südend seiner<lb/> Zeit vorausgeeilt.</p><lb/> <p xml:id="ID_1394" next="#ID_1395"> Fast alle diese Vororte schwellen von Jahr zu Jahr mächtig an. Steglitz<lb/> kann heute auf 10000, Friedenau auf 3- bis 4000 Einwohner angeschlagen<lb/> werden, und noch vor Ende dieses Jahrhunderts werden beide ihre Einwohner¬<lb/> zahl verdoppelt haben. Umso rascher vollzieht sich ihr Zusammenwachsen<lb/> mit Berlin, und zwar nicht uur dadurch, daß überall Straßen hergestellt<lb/> werden, sondern namentlich durch die immer bequemer und großartiger sich<lb/> gestaltenden Verbindungen. Schon die Potsdamer, die Anhalter, die Gör-<lb/> litzer, die Niederschlesisch-Märkische Bahn hatten in dieser Hinsicht sehr aner¬<lb/> kennenswertes geleistet; billige Abounementsbillets (für Friedenau z. B. kostet<lb/> ein solches Billet 2. Klasse für das ganze Jahr 64 Mark 80 Pfennige und<lb/> sodann für jedes weitere Glied der Familie die Hälfte dieses Betrages, wobei<lb/> aber nicht nur die Potsdamer, sondern auch die Stadtbahn sowohl für den<lb/> Potsdamer wie für den AnHalter Bahnhof benutzt werden kann; für Steglitz<lb/> und Lichterfelde stellt sich der gleiche Abonnementsbetrag auf etwa 100 Mark),<lb/> außerdem noch außerordentliche Vergünstigungen für Schülerbillets u. dergl., er¬<lb/> leichterten den Verkehr ungemein, und die Lvkcilzüge (bei der Görlitzer Bahn<lb/> „Omnibuszügc" genannt) verkehrten in einer Reichlichkeit, die in der That jedem<lb/> Bedürfnis genügte und selbst weitgehenden Nachtschwärmereien Rechnung trug.<lb/> Auch die Dampfschifffahrt auf der obern Spree kam in dieser Hinsicht zu statten,<lb/> wiewohl weniger zu regelmäßigen Verkehrs- als zu Verguügungszwecken; viel<lb/> wichtiger, und zwar gerade in geschäftlichem Sinne, wird sich die projektirte Aus¬<lb/> bildung des Berliner Wasserstrnßeunetzes (Anlage von Kanälen zur direkten Ver¬<lb/> bindung der Havelseen mit der obern Spree, sowie eines besondern „Nvrdkauals")<lb/> erweisen, und dies wird wiederum in erster Linie dem Südwesten zu gute</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0428]
Berlin, wie es wächst und verschlingt.
ort hat Charlottenburg eine große Zukunft, aber nur um desto schneller mit
Berlin zusammenzuwachsen und ihn ihm aufzugehen. An Charlottenburg
reiht sich Westend; sehr schon, sehr entwicklungsfähig, aber — sehr entlegen.
Trotzdem findet gerade dort, dicht am Rande des Gruncwaldes, eine großartige
Spckulatiousthätigkeit statt. Was zwischen Charlottenburg und der Pots¬
damer Bahn noch die Orte Wilmersdorf nud Schmargendorf, sowie die Domäne
Dahlem betrifft, so wiegen hier zur Zeit noch bäuerliche Verhältnisse vor; in
zehn Jahren wird jedoch Wilmersdorf sein, was jetzt Schöneberg ist, und bei
Schmargendorf wird dieselbe Entwicklung nicht mehr lange auf sich warten
lassen. Zum Schlüsse wäre nun noch des verunglückten Vorortes Südeud
zu gedenken, welcher sich zwischen Tempelhof und Steglitz in ein reizendes
Thälchen gebettet findet. Lage — allerliebst; Verbindungen >— bequem genug
(mittels der nahen Station der AnHalter Bahn); Entwicklungsfähigkeit ist aber
für das nächste halbe Menschenalter noch nicht vorhanden, lind demnach auch
das Wohnen dort ein tristes und unbehagliches. Auch für Südend wird die
Zeit kommen, aber — erst später. Noch mehr als Westend ist Südend seiner
Zeit vorausgeeilt.
Fast alle diese Vororte schwellen von Jahr zu Jahr mächtig an. Steglitz
kann heute auf 10000, Friedenau auf 3- bis 4000 Einwohner angeschlagen
werden, und noch vor Ende dieses Jahrhunderts werden beide ihre Einwohner¬
zahl verdoppelt haben. Umso rascher vollzieht sich ihr Zusammenwachsen
mit Berlin, und zwar nicht uur dadurch, daß überall Straßen hergestellt
werden, sondern namentlich durch die immer bequemer und großartiger sich
gestaltenden Verbindungen. Schon die Potsdamer, die Anhalter, die Gör-
litzer, die Niederschlesisch-Märkische Bahn hatten in dieser Hinsicht sehr aner¬
kennenswertes geleistet; billige Abounementsbillets (für Friedenau z. B. kostet
ein solches Billet 2. Klasse für das ganze Jahr 64 Mark 80 Pfennige und
sodann für jedes weitere Glied der Familie die Hälfte dieses Betrages, wobei
aber nicht nur die Potsdamer, sondern auch die Stadtbahn sowohl für den
Potsdamer wie für den AnHalter Bahnhof benutzt werden kann; für Steglitz
und Lichterfelde stellt sich der gleiche Abonnementsbetrag auf etwa 100 Mark),
außerdem noch außerordentliche Vergünstigungen für Schülerbillets u. dergl., er¬
leichterten den Verkehr ungemein, und die Lvkcilzüge (bei der Görlitzer Bahn
„Omnibuszügc" genannt) verkehrten in einer Reichlichkeit, die in der That jedem
Bedürfnis genügte und selbst weitgehenden Nachtschwärmereien Rechnung trug.
Auch die Dampfschifffahrt auf der obern Spree kam in dieser Hinsicht zu statten,
wiewohl weniger zu regelmäßigen Verkehrs- als zu Verguügungszwecken; viel
wichtiger, und zwar gerade in geschäftlichem Sinne, wird sich die projektirte Aus¬
bildung des Berliner Wasserstrnßeunetzes (Anlage von Kanälen zur direkten Ver¬
bindung der Havelseen mit der obern Spree, sowie eines besondern „Nvrdkauals")
erweisen, und dies wird wiederum in erster Linie dem Südwesten zu gute
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