Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Viertes Quartal.Auf dem Stilfser Joch. Kunstwerken zuwendet und nicht auch der Künstler selbst dabei einen persönlichen Nein, sonst würde mir meine Tochter ans ihren Empfindungen kein Hehl Diese Zuversicht freut mich umsomehr, als auch ich Fräulein Vroni keiner Das wäre wohl möglich, wenn sie nach eurer Art erzogen wäre; aber Dann hat Vroni auch mit Ihnen darüber gesprochen, wie sie von mir Gewiß, mein lieber Freund, sie schätzt Sie hoch, und ich glaube mich nicht Mich beglückt es, teuerster Herr, aus Ihren Reden zu entnehmen, daß Sie Wozu der Worte, mein Freund, ich schätze diesen Wunsch meiner Tochter Ich habe mich ja auch mit Geduld gewappnet und ich würde wie Jakob Diese Vorliebe meiner Tochter für die Schauspielkunst ist mir ebenfalls Auf dem Stilfser Joch. Kunstwerken zuwendet und nicht auch der Künstler selbst dabei einen persönlichen Nein, sonst würde mir meine Tochter ans ihren Empfindungen kein Hehl Diese Zuversicht freut mich umsomehr, als auch ich Fräulein Vroni keiner Das wäre wohl möglich, wenn sie nach eurer Art erzogen wäre; aber Dann hat Vroni auch mit Ihnen darüber gesprochen, wie sie von mir Gewiß, mein lieber Freund, sie schätzt Sie hoch, und ich glaube mich nicht Mich beglückt es, teuerster Herr, aus Ihren Reden zu entnehmen, daß Sie Wozu der Worte, mein Freund, ich schätze diesen Wunsch meiner Tochter Ich habe mich ja auch mit Geduld gewappnet und ich würde wie Jakob Diese Vorliebe meiner Tochter für die Schauspielkunst ist mir ebenfalls <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0403" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/197137"/> <fw type="header" place="top"> Auf dem Stilfser Joch.</fw><lb/> <p xml:id="ID_1293" prev="#ID_1292"> Kunstwerken zuwendet und nicht auch der Künstler selbst dabei einen persönlichen<lb/> Anteil hat?</p><lb/> <p xml:id="ID_1294"> Nein, sonst würde mir meine Tochter ans ihren Empfindungen kein Hehl<lb/> machen; sie ist eine zu wahre und unverfälschte Natur und kann bei ihrer Er¬<lb/> ziehung und unsrer Lebensweise auch nicht anders sein. Eben deshalb darf<lb/> ich getrost — wenn ich nicht selbst meinem System untreu werden soll — meine<lb/> Tochter sich selbst überlassen; sie wird einer unlautern Leidenschaft niemals zum<lb/> Opfer fallen. .</p><lb/> <p xml:id="ID_1295"> Diese Zuversicht freut mich umsomehr, als auch ich Fräulein Vroni keiner<lb/> Handlung für fähig halte, vor der sie sich zu scheuen brauchte. Dennoch fürchte<lb/> ich, daß dieses jugendliche, enthusiastische Gemüt in einer plötzlichen Aufwallung<lb/> zu Dingen hingerissen werden könnte, die sie später sicherlich bereuen würde.</p><lb/> <p xml:id="ID_1296"> Das wäre wohl möglich, wenn sie nach eurer Art erzogen wäre; aber<lb/> hier ist meine Methode eingetreten, und für deren Wirkung stehe ich ein. Es<lb/> ist bei unsrer Lebensweise geradezu unmöglich, daß die Wallung des Blutes<lb/> auf die regelmäßigen Entschließungen des Willens einen Einfluß übe.</p><lb/> <p xml:id="ID_1297"> Dann hat Vroni auch mit Ihnen darüber gesprochen, wie sie von mir<lb/> denkt und wie sie mich vergangnes Jahr vor ihrer Abreise auf das Landgut<lb/> hier verabschiedet hat?</p><lb/> <p xml:id="ID_1298"> Gewiß, mein lieber Freund, sie schätzt Sie hoch, und ich glaube mich nicht<lb/> zu irren, wenn ich annehme, daß meine Tochter Sie liebt. Jener Kuß — erröten<lb/> Sie nicht, denn ich achte jedes Gefühl einer freien, edeln Neigung — mußte<lb/> Ihnen ja ihr Herz entdecken.</p><lb/> <p xml:id="ID_1299"> Mich beglückt es, teuerster Herr, aus Ihren Reden zu entnehmen, daß Sie<lb/> die Neigung Ihrer Tochter billigen; haben Sie innigen, herzlichen Dank und<lb/> die Versicherung —</p><lb/> <p xml:id="ID_1300"> Wozu der Worte, mein Freund, ich schätze diesen Wunsch meiner Tochter<lb/> und sehne mich nach seiner Verwirklichung, aber ich will sie auch nicht beein¬<lb/> flussen, denn nur derjenige Entschluß, der aus sich selbst herauswächst, ist das<lb/> Erzeugnis des freien Willens.</p><lb/> <p xml:id="ID_1301"> Ich habe mich ja auch mit Geduld gewappnet und ich würde wie Jakob<lb/> um Rahel auch um Vroni sieben Jahre werben, aber ich fürchte immer den<lb/> Einfluß der Schauspieler und bin eben deshalb jetzt in größerer Aufregung<lb/> als sonst.</p><lb/> <p xml:id="ID_1302" next="#ID_1303"> Diese Vorliebe meiner Tochter für die Schauspielkunst ist mir ebenfalls<lb/> unangenehm, weil ich vor allen Dingen der Ansicht bin, daß diese Kunst auf<lb/> den Charakter des Menschen unwahr wirkt. Wer seine ganze geistige Kraft auf<lb/> das Maskiren, auf das Darstellen fremder Persönlichkeiten wenden muß, der<lb/> verliert allmählich die innere Wahrheit und wird sich selbst fremd. Aber mir<lb/> widerstrebt es, meine Tochter zu zwingen; sie wird und muß dies von selbst<lb/> einsehen, und die Liebe zu Ihnen wird Sie auf den richtigen Weg zurückbringen.</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0403]
Auf dem Stilfser Joch.
Kunstwerken zuwendet und nicht auch der Künstler selbst dabei einen persönlichen
Anteil hat?
Nein, sonst würde mir meine Tochter ans ihren Empfindungen kein Hehl
machen; sie ist eine zu wahre und unverfälschte Natur und kann bei ihrer Er¬
ziehung und unsrer Lebensweise auch nicht anders sein. Eben deshalb darf
ich getrost — wenn ich nicht selbst meinem System untreu werden soll — meine
Tochter sich selbst überlassen; sie wird einer unlautern Leidenschaft niemals zum
Opfer fallen. .
Diese Zuversicht freut mich umsomehr, als auch ich Fräulein Vroni keiner
Handlung für fähig halte, vor der sie sich zu scheuen brauchte. Dennoch fürchte
ich, daß dieses jugendliche, enthusiastische Gemüt in einer plötzlichen Aufwallung
zu Dingen hingerissen werden könnte, die sie später sicherlich bereuen würde.
Das wäre wohl möglich, wenn sie nach eurer Art erzogen wäre; aber
hier ist meine Methode eingetreten, und für deren Wirkung stehe ich ein. Es
ist bei unsrer Lebensweise geradezu unmöglich, daß die Wallung des Blutes
auf die regelmäßigen Entschließungen des Willens einen Einfluß übe.
Dann hat Vroni auch mit Ihnen darüber gesprochen, wie sie von mir
denkt und wie sie mich vergangnes Jahr vor ihrer Abreise auf das Landgut
hier verabschiedet hat?
Gewiß, mein lieber Freund, sie schätzt Sie hoch, und ich glaube mich nicht
zu irren, wenn ich annehme, daß meine Tochter Sie liebt. Jener Kuß — erröten
Sie nicht, denn ich achte jedes Gefühl einer freien, edeln Neigung — mußte
Ihnen ja ihr Herz entdecken.
Mich beglückt es, teuerster Herr, aus Ihren Reden zu entnehmen, daß Sie
die Neigung Ihrer Tochter billigen; haben Sie innigen, herzlichen Dank und
die Versicherung —
Wozu der Worte, mein Freund, ich schätze diesen Wunsch meiner Tochter
und sehne mich nach seiner Verwirklichung, aber ich will sie auch nicht beein¬
flussen, denn nur derjenige Entschluß, der aus sich selbst herauswächst, ist das
Erzeugnis des freien Willens.
Ich habe mich ja auch mit Geduld gewappnet und ich würde wie Jakob
um Rahel auch um Vroni sieben Jahre werben, aber ich fürchte immer den
Einfluß der Schauspieler und bin eben deshalb jetzt in größerer Aufregung
als sonst.
Diese Vorliebe meiner Tochter für die Schauspielkunst ist mir ebenfalls
unangenehm, weil ich vor allen Dingen der Ansicht bin, daß diese Kunst auf
den Charakter des Menschen unwahr wirkt. Wer seine ganze geistige Kraft auf
das Maskiren, auf das Darstellen fremder Persönlichkeiten wenden muß, der
verliert allmählich die innere Wahrheit und wird sich selbst fremd. Aber mir
widerstrebt es, meine Tochter zu zwingen; sie wird und muß dies von selbst
einsehen, und die Liebe zu Ihnen wird Sie auf den richtigen Weg zurückbringen.
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