Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Viertes Quartal.Birma und die Birmanen. Mannschaft, über die er bis jetzt verfügt, bereits nach Meria gesandt habe. Von Birma und die Birmanen. Mannschaft, über die er bis jetzt verfügt, bereits nach Meria gesandt habe. Von <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0395" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/197129"/> <fw type="header" place="top"> Birma und die Birmanen.</fw><lb/> <p xml:id="ID_1269" prev="#ID_1268" next="#ID_1270"> Mannschaft, über die er bis jetzt verfügt, bereits nach Meria gesandt habe. Von<lb/> hier aus bis nach Mcmdalay werden die Engländer kaum noch ernsten<lb/> Schwierigkeiten begegnen, d. h. wenn man von den Untiefen und dem vielge-<lb/> wundneu Laufe des Jrrawaddy absieht, der sich mit einiger Sicherheit nur bei<lb/> Tageslicht und auch da nur mit dem Beistande erfahrener Lootsen befahren<lb/> läßt. Im gegenwärtigen Augenblicke hat die birmanische Regierung diese gründ¬<lb/> lichen Kenner des Fahrwassers genötigt, sich ins Jnnere zu flüchten, aber man<lb/> hofft, nach der Einnahme von Meria einige davon zu bekommen, und zunächst<lb/> werden die Lootsen von Tschittagong genügen, welche ebenfalls den größten<lb/> Teil ihres Lebens auf dem Strome zubringe». Für gewöhnlich bedarf ein<lb/> Dampfer zehn Tage, um von der Grenze Oberbirmas bis zu dessen Hauptstadt<lb/> zu gelangen, und so dürfen wir annehmen, daß die Truppen und Fahrzeuge<lb/> General Prendergcists noch vor Anfang des Dezember Mcmdalay erreichen<lb/> werden. Das stehende Heer Thibcms soll etwa 12000 Mann zählen, indes<lb/> sind Mittel vorhanden, die Stärke dieser Streitkraft bedeutend durch irreguläre<lb/> Truppen zu erhöhen. Zu Schlachten auf festem Lande wird es in diesem Kriege<lb/> kaum kommen. Die Virmanen haben wenig Kavallerie und so gut wie gar<lb/> keine Feldartillerie. Ihre starke Seite war bisher immer nur ihre Geschicklich-<lb/> keit im Kampfe auf dem Wasser. Die Eingebornen wissen sehr wohl, daß die<lb/> Hauptstadt ihres Reiches sich lediglich auf dem Jrawaddy wirksam und mit Aus¬<lb/> sicht auf Erfolg verteidigen läßt. An diesem Strome liegen zahlreiche große<lb/> und kleine Städte, und diese stellten in frühern Kriegen ihrer Regierung Hun¬<lb/> derte von großen Booten, die, jedes mit 60 bis 80 Mann besetzt, recht gute<lb/> Dienste gegen die Feinde leisteten, auch zum Teil als Brander, angefüllt mit<lb/> leicht entzündlichen Stoffen, den englischen Schiffen vielfach Schaden zufügten.<lb/> Endlich verteidigten die Birmanen auch die verpalissadirten Schanzen, die an<lb/> vorteilhaft gelegnen Punkten am Ufer angelegt waren, mit großer Hartnäckig¬<lb/> keit. Ob dies jetzt der Fall sein wird, ist fraglich; denn bei dem tyrannischen<lb/> Charakter des Königs darf man bezweifeln, daß er über viele Leute zu ver¬<lb/> fügen hat, die für ihn mit Gefahr ihres Lebens dem Feuer der englischen Ar¬<lb/> tillerie standhalten, auch ist die letztere seit dem Kriege von 1852 verbessert<lb/> worden und gegenwärtig weit stärker als damals. Noch ist in diesem Zusammen¬<lb/> hange der beiden Eisenbahnlinien zu gedenken, die von Rangun aus auf der<lb/> linken Seite des Jrawaddy bis nahe an die Grenze des unabhängigen Birma<lb/> führen. Die eine, welche in größerer Nähe des Stromes hinläuft, hat die<lb/> große Stadt Prome zum Endpunkte. Die andre geht jetzt bis TUngo und sollte<lb/> schon seit geraumer Zeit zunächst bis Nyengyan, einer Stadt in den großen<lb/> Teakholzwäldern, wo sich der Streit mit der Holzhändlergesellschaft entspann,<lb/> welcher Anlaß zu dem jetzigen Kriege bot, weitergebaut und später bis Mcmdalay<lb/> fortgesetzt werden. Diese beiden Schienenstraßen, welche vor etwa acht Jahren<lb/> vollendet wurden, haben bis jetzt nur dem Handel beträchtlichen Nutzen und</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0395]
Birma und die Birmanen.
Mannschaft, über die er bis jetzt verfügt, bereits nach Meria gesandt habe. Von
hier aus bis nach Mcmdalay werden die Engländer kaum noch ernsten
Schwierigkeiten begegnen, d. h. wenn man von den Untiefen und dem vielge-
wundneu Laufe des Jrrawaddy absieht, der sich mit einiger Sicherheit nur bei
Tageslicht und auch da nur mit dem Beistande erfahrener Lootsen befahren
läßt. Im gegenwärtigen Augenblicke hat die birmanische Regierung diese gründ¬
lichen Kenner des Fahrwassers genötigt, sich ins Jnnere zu flüchten, aber man
hofft, nach der Einnahme von Meria einige davon zu bekommen, und zunächst
werden die Lootsen von Tschittagong genügen, welche ebenfalls den größten
Teil ihres Lebens auf dem Strome zubringe». Für gewöhnlich bedarf ein
Dampfer zehn Tage, um von der Grenze Oberbirmas bis zu dessen Hauptstadt
zu gelangen, und so dürfen wir annehmen, daß die Truppen und Fahrzeuge
General Prendergcists noch vor Anfang des Dezember Mcmdalay erreichen
werden. Das stehende Heer Thibcms soll etwa 12000 Mann zählen, indes
sind Mittel vorhanden, die Stärke dieser Streitkraft bedeutend durch irreguläre
Truppen zu erhöhen. Zu Schlachten auf festem Lande wird es in diesem Kriege
kaum kommen. Die Virmanen haben wenig Kavallerie und so gut wie gar
keine Feldartillerie. Ihre starke Seite war bisher immer nur ihre Geschicklich-
keit im Kampfe auf dem Wasser. Die Eingebornen wissen sehr wohl, daß die
Hauptstadt ihres Reiches sich lediglich auf dem Jrawaddy wirksam und mit Aus¬
sicht auf Erfolg verteidigen läßt. An diesem Strome liegen zahlreiche große
und kleine Städte, und diese stellten in frühern Kriegen ihrer Regierung Hun¬
derte von großen Booten, die, jedes mit 60 bis 80 Mann besetzt, recht gute
Dienste gegen die Feinde leisteten, auch zum Teil als Brander, angefüllt mit
leicht entzündlichen Stoffen, den englischen Schiffen vielfach Schaden zufügten.
Endlich verteidigten die Birmanen auch die verpalissadirten Schanzen, die an
vorteilhaft gelegnen Punkten am Ufer angelegt waren, mit großer Hartnäckig¬
keit. Ob dies jetzt der Fall sein wird, ist fraglich; denn bei dem tyrannischen
Charakter des Königs darf man bezweifeln, daß er über viele Leute zu ver¬
fügen hat, die für ihn mit Gefahr ihres Lebens dem Feuer der englischen Ar¬
tillerie standhalten, auch ist die letztere seit dem Kriege von 1852 verbessert
worden und gegenwärtig weit stärker als damals. Noch ist in diesem Zusammen¬
hange der beiden Eisenbahnlinien zu gedenken, die von Rangun aus auf der
linken Seite des Jrawaddy bis nahe an die Grenze des unabhängigen Birma
führen. Die eine, welche in größerer Nähe des Stromes hinläuft, hat die
große Stadt Prome zum Endpunkte. Die andre geht jetzt bis TUngo und sollte
schon seit geraumer Zeit zunächst bis Nyengyan, einer Stadt in den großen
Teakholzwäldern, wo sich der Streit mit der Holzhändlergesellschaft entspann,
welcher Anlaß zu dem jetzigen Kriege bot, weitergebaut und später bis Mcmdalay
fortgesetzt werden. Diese beiden Schienenstraßen, welche vor etwa acht Jahren
vollendet wurden, haben bis jetzt nur dem Handel beträchtlichen Nutzen und
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