Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Viertes Quartal.gerühmt worden. Die Bemalung der plastischen Formen wird den Reiz solcher Eine andre wichtige Frage betrifft die Behandlung des Anges in der *) Wie es sich bei anderm Material mit der farbigen Behandlung verhalte, ist eine
Frage, deren Erörterung hier zu weit führen würde. gerühmt worden. Die Bemalung der plastischen Formen wird den Reiz solcher Eine andre wichtige Frage betrifft die Behandlung des Anges in der *) Wie es sich bei anderm Material mit der farbigen Behandlung verhalte, ist eine
Frage, deren Erörterung hier zu weit führen würde. <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0341" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/197075"/> <fw type="header" place="top"/><lb/> <p xml:id="ID_1081" prev="#ID_1080"> gerühmt worden. Die Bemalung der plastischen Formen wird den Reiz solcher<lb/> Behandlung durch Angabe des Lokaltvnes erhöhen können, aber, was hier das<lb/> Malerische zu nennen ist, muß sie in der That der Arbeit des Bildhauers über¬<lb/> lassen, deren Absicht freilich nicht sein kann, die Vorzüge zu erreichen, die in<lb/> dieser Beziehung der Malerei in der unmittelbaren künstlerischen Verbindung<lb/> des Farbentous mit dem Reiz der Lichtwirkuug eigentümlich sind. Wenn die<lb/> Feinde der Polychromie behaupten, daß die Wirkung der kunstvollen Bear¬<lb/> beitung der Marmoroberfläche, vor allem die lebendige Wirkung der Behand-<lb/> lung des Nackten durch die Vemalung mir leiden könne, so ist dem natürlich<lb/> entgegenzuhalten, daß die Bemalung doch keineswegs notwendig in einem Farben¬<lb/> überzug bestehen müsse, der den lebendigen Schimmer des marmornen Fleisches<lb/> zudeckt und seine Epidermis in eine tote Flache verwandelt. An den polychromen<lb/> Marin orwerkcn der Griechen waren die nackten Teile ohne Zweifel der Art mit<lb/> durchsichtiger Lasurfarbe übergangen, daß das feine Korn der Oberflüche des<lb/> Marmors seine Wirkung nicht einbüßte.")</p><lb/> <p xml:id="ID_1082" next="#ID_1083"> Eine andre wichtige Frage betrifft die Behandlung des Anges in der<lb/> Polychromen Skulptur. In der Hauckscheu Abhandlung wird mit besonderm<lb/> Hinweis ans die Feinfühligkeit, mit welcher die Griechen die Grenzen der Plastik<lb/> inne hielten, weiter unten bemerkt: „Die Griechen haben es nie versucht, den<lb/> Glanz des Augensternes durch ein plastisches Kunststück wiederzugeben. In der<lb/> farbigen Plastik haben sie es der Malerei überlassen." Leider ist unsre Kenntnis<lb/> der griechischen Polychromie gerade in diesem Punkte sehr mangelhaft; von der<lb/> farbigen Behandlung des Auges haben sich an Marmorwerken der alten Kunst<lb/> nur äußerst schwache Spuren erhalten, so geringe, daß wir uns von dem Wie<lb/> dieser Behandlung nicht leicht eine ganz befriedigende Vorstellung machen können.<lb/> Die Ansicht aber, daß der Malerei bei griechischen Skulpturwerken mit Recht<lb/> die Aufgabe zufiel, deu Glanz des Augensternes, den Schimmer des lebendigen<lb/> Blickes wiederzugeben — also doch durch Hervorbringung einer gewissen Licht-<lb/> wirknng —, steht diese Meinung nicht in Widerspruch mit jenem Fundamental¬<lb/> satz, daß die Rücksicht auf bestimmte Lichteffekte bei der Bemalung plastischer<lb/> Forme» notwendig ausgeschlossen sei? In der That ist es schwer denkbar,<lb/> daß ans der Wölbung des plastisch dargestellten Anges das Glanzlicht der<lb/> Iris mit Hilfe der Farbe auch nur angedeutet werden könne, da es mit<lb/> den an der plastischen Form sich erzeugenden natürlichen Lichtwirkungen doch<lb/> nicht in wirklichen Einklang zu bringen wäre. Vielmehr wird sich auch die<lb/> Bemalung des plastischen Auges mit der Angabe bloßer Lokaltöne begnügen<lb/> müssen; vielleicht kann man dem farbigen Augenstern einen leichten, spiegelnden<lb/> Firnis geben, aber die erforderliche Lichtwirknng selbst wird auch hier wesentlich</p><lb/> <note xml:id="FID_24" place="foot"> *) Wie es sich bei anderm Material mit der farbigen Behandlung verhalte, ist eine<lb/> Frage, deren Erörterung hier zu weit führen würde.</note><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0341]
gerühmt worden. Die Bemalung der plastischen Formen wird den Reiz solcher
Behandlung durch Angabe des Lokaltvnes erhöhen können, aber, was hier das
Malerische zu nennen ist, muß sie in der That der Arbeit des Bildhauers über¬
lassen, deren Absicht freilich nicht sein kann, die Vorzüge zu erreichen, die in
dieser Beziehung der Malerei in der unmittelbaren künstlerischen Verbindung
des Farbentous mit dem Reiz der Lichtwirkuug eigentümlich sind. Wenn die
Feinde der Polychromie behaupten, daß die Wirkung der kunstvollen Bear¬
beitung der Marmoroberfläche, vor allem die lebendige Wirkung der Behand-
lung des Nackten durch die Vemalung mir leiden könne, so ist dem natürlich
entgegenzuhalten, daß die Bemalung doch keineswegs notwendig in einem Farben¬
überzug bestehen müsse, der den lebendigen Schimmer des marmornen Fleisches
zudeckt und seine Epidermis in eine tote Flache verwandelt. An den polychromen
Marin orwerkcn der Griechen waren die nackten Teile ohne Zweifel der Art mit
durchsichtiger Lasurfarbe übergangen, daß das feine Korn der Oberflüche des
Marmors seine Wirkung nicht einbüßte.")
Eine andre wichtige Frage betrifft die Behandlung des Anges in der
Polychromen Skulptur. In der Hauckscheu Abhandlung wird mit besonderm
Hinweis ans die Feinfühligkeit, mit welcher die Griechen die Grenzen der Plastik
inne hielten, weiter unten bemerkt: „Die Griechen haben es nie versucht, den
Glanz des Augensternes durch ein plastisches Kunststück wiederzugeben. In der
farbigen Plastik haben sie es der Malerei überlassen." Leider ist unsre Kenntnis
der griechischen Polychromie gerade in diesem Punkte sehr mangelhaft; von der
farbigen Behandlung des Auges haben sich an Marmorwerken der alten Kunst
nur äußerst schwache Spuren erhalten, so geringe, daß wir uns von dem Wie
dieser Behandlung nicht leicht eine ganz befriedigende Vorstellung machen können.
Die Ansicht aber, daß der Malerei bei griechischen Skulpturwerken mit Recht
die Aufgabe zufiel, deu Glanz des Augensternes, den Schimmer des lebendigen
Blickes wiederzugeben — also doch durch Hervorbringung einer gewissen Licht-
wirknng —, steht diese Meinung nicht in Widerspruch mit jenem Fundamental¬
satz, daß die Rücksicht auf bestimmte Lichteffekte bei der Bemalung plastischer
Forme» notwendig ausgeschlossen sei? In der That ist es schwer denkbar,
daß ans der Wölbung des plastisch dargestellten Anges das Glanzlicht der
Iris mit Hilfe der Farbe auch nur angedeutet werden könne, da es mit
den an der plastischen Form sich erzeugenden natürlichen Lichtwirkungen doch
nicht in wirklichen Einklang zu bringen wäre. Vielmehr wird sich auch die
Bemalung des plastischen Auges mit der Angabe bloßer Lokaltöne begnügen
müssen; vielleicht kann man dem farbigen Augenstern einen leichten, spiegelnden
Firnis geben, aber die erforderliche Lichtwirknng selbst wird auch hier wesentlich
*) Wie es sich bei anderm Material mit der farbigen Behandlung verhalte, ist eine
Frage, deren Erörterung hier zu weit führen würde.
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