Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Viertes Quartal.<Lin Jesuit Goethe. Aber wäre auch diese alberne Deutung so wahr, wie sie falsch ist, was hat ein
was doch nur heißen kann, daß die Brüder der Schwester" bedürfen. Vaum- Diese Beispiele mögen zum Beweise der Behauptung genügen, daß Baum¬ <Lin Jesuit Goethe. Aber wäre auch diese alberne Deutung so wahr, wie sie falsch ist, was hat ein
was doch nur heißen kann, daß die Brüder der Schwester» bedürfen. Vaum- Diese Beispiele mögen zum Beweise der Behauptung genügen, daß Baum¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0336" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/197070"/> <fw type="header" place="top"> <Lin Jesuit Goethe.</fw><lb/> <p xml:id="ID_1068" prev="#ID_1067"> Aber wäre auch diese alberne Deutung so wahr, wie sie falsch ist, was hat ein<lb/> französisches Freimaurcrlied in dem damals französischen Köln mit Goethe und<lb/> der längst geschlossenen Weimarischen Loge zu thun? Freilich soll sich in dieser<lb/> Liedersammlung auch „Goethes Name brüderlich neben dem Voltaires finden."<lb/> Welch ein Verbrechen! Ein eigentliches Freimaurerlied Goethes kann nicht<lb/> darin gestanden haben, da dieser damals noch kein solches veröffentlicht hatte;<lb/> wahrscheinlich hatte man sein weitverbreitetes „Buudeslicd" darin aufgenommen.<lb/> Nur deshalb würde dieser Usvusil clss «g-ntieiuss nrÄyoiMquss in der Goethe¬<lb/> literatur Erwähnung verdienen. In der Weimarischen Loge saßen so ernste<lb/> Männer wie Fritsch, Bertuch, Bode, denen mau kein so liederliches Leben auf¬<lb/> bürden darf, wie der Jesuit zu seinem bösen Zwecke es thun möchte. Waren<lb/> etwa auch die Logen zu Erfurt und Gotha Brutstätten der Liederlichkeit? Und<lb/> Goethe, der sich in den achtziger Jahren im innigsten Vertrauen der Frau von<lb/> Stein ganz glücklich fühlte, sollte außerhalb der Loge ein Libertiner gewesen<lb/> sein? Vor solcher Verdächtigung würde „mirs grauen," wäre sie nicht zu albern.<lb/> Aber zum französischen Liede soll „ein sinniges Echo" in Goethes „Gegentoast<lb/> der Schwestern" (vom Jahre 1820) sich finden, wo es heißt:</p><lb/> <quote> <lg xml:id="POEMID_5" type="poem"> <l> Und indem wir eure Lieder<lb/> Denken keineswegs zu stören,<lb/> Fragen alle sich die Brüder,<lb/> Was sie ohne Schwestern waren,</l> </lg> </quote><lb/> <p xml:id="ID_1069"> was doch nur heißen kann, daß die Brüder der Schwester» bedürfen. Vaum-<lb/> gartner muß auch darin etwas Unsittliches wittern. Wie es sich mit diesem<lb/> „Gegentoast" eigentlich verhält, konnte er freilich nicht wissen; es ist das von mir<lb/> zuerst in diesen Blättern kürzlich (Heft 38) mitgeteilt worden. Auch die ^Veran¬<lb/> lassung zu den Liedern „Symbolnm" und „Verschwiegenheit" ist erst in demselben<lb/> Aufsatz angegeben. Aber längst war bekannt, daß keines dieser Logcnliedcr vor<lb/> 1815 fällt, weshalb Baumgartner derselben in seinem ersten Bande garnicht<lb/> gedenken durfte. Wie es sich mit den Schwesternlogeu verhält, war Baumgartner<lb/> offenbar ein Geheimnis. Nur bei besonders festlichen Versammlungen wurden<lb/> auch die Damen nach einem besondern Ritual zugelassen, so am Erinnerungstage<lb/> an die Herzogin-Mutter, bei Wielands und bei Goethes Totenfeier. Auch schon<lb/> im Jahre 1783 wurden die Schwestern zugezogen; denn am 16. März gab der<lb/> Herzog, wie es im Fouricrbuche heißt, „im Saale (des Schlosses) sämtlichen<lb/> Brüdern und Schwestern eine Suppe von 64 Kouverts." Von frühern Frei¬<lb/> maurerliedern Goethes wissen wir nur, daß er im Jahre 1781 mehrere Lieder<lb/> „im Sinne seiner Maurerei" machen wollte, von denen er eines am 20. Juli<lb/> zur Komposition an Freund Kayser sandte. Baumgartner erwähnt das natür¬<lb/> lich nicht.</p><lb/> <p xml:id="ID_1070" next="#ID_1071"> Diese Beispiele mögen zum Beweise der Behauptung genügen, daß Baum¬<lb/> gartner Goethes Sein und Wirken böswillig gefälscht, seine Sittlichkeit verleumdet,</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0336]
<Lin Jesuit Goethe.
Aber wäre auch diese alberne Deutung so wahr, wie sie falsch ist, was hat ein
französisches Freimaurcrlied in dem damals französischen Köln mit Goethe und
der längst geschlossenen Weimarischen Loge zu thun? Freilich soll sich in dieser
Liedersammlung auch „Goethes Name brüderlich neben dem Voltaires finden."
Welch ein Verbrechen! Ein eigentliches Freimaurerlied Goethes kann nicht
darin gestanden haben, da dieser damals noch kein solches veröffentlicht hatte;
wahrscheinlich hatte man sein weitverbreitetes „Buudeslicd" darin aufgenommen.
Nur deshalb würde dieser Usvusil clss «g-ntieiuss nrÄyoiMquss in der Goethe¬
literatur Erwähnung verdienen. In der Weimarischen Loge saßen so ernste
Männer wie Fritsch, Bertuch, Bode, denen mau kein so liederliches Leben auf¬
bürden darf, wie der Jesuit zu seinem bösen Zwecke es thun möchte. Waren
etwa auch die Logen zu Erfurt und Gotha Brutstätten der Liederlichkeit? Und
Goethe, der sich in den achtziger Jahren im innigsten Vertrauen der Frau von
Stein ganz glücklich fühlte, sollte außerhalb der Loge ein Libertiner gewesen
sein? Vor solcher Verdächtigung würde „mirs grauen," wäre sie nicht zu albern.
Aber zum französischen Liede soll „ein sinniges Echo" in Goethes „Gegentoast
der Schwestern" (vom Jahre 1820) sich finden, wo es heißt:
Und indem wir eure Lieder
Denken keineswegs zu stören,
Fragen alle sich die Brüder,
Was sie ohne Schwestern waren,
was doch nur heißen kann, daß die Brüder der Schwester» bedürfen. Vaum-
gartner muß auch darin etwas Unsittliches wittern. Wie es sich mit diesem
„Gegentoast" eigentlich verhält, konnte er freilich nicht wissen; es ist das von mir
zuerst in diesen Blättern kürzlich (Heft 38) mitgeteilt worden. Auch die ^Veran¬
lassung zu den Liedern „Symbolnm" und „Verschwiegenheit" ist erst in demselben
Aufsatz angegeben. Aber längst war bekannt, daß keines dieser Logcnliedcr vor
1815 fällt, weshalb Baumgartner derselben in seinem ersten Bande garnicht
gedenken durfte. Wie es sich mit den Schwesternlogeu verhält, war Baumgartner
offenbar ein Geheimnis. Nur bei besonders festlichen Versammlungen wurden
auch die Damen nach einem besondern Ritual zugelassen, so am Erinnerungstage
an die Herzogin-Mutter, bei Wielands und bei Goethes Totenfeier. Auch schon
im Jahre 1783 wurden die Schwestern zugezogen; denn am 16. März gab der
Herzog, wie es im Fouricrbuche heißt, „im Saale (des Schlosses) sämtlichen
Brüdern und Schwestern eine Suppe von 64 Kouverts." Von frühern Frei¬
maurerliedern Goethes wissen wir nur, daß er im Jahre 1781 mehrere Lieder
„im Sinne seiner Maurerei" machen wollte, von denen er eines am 20. Juli
zur Komposition an Freund Kayser sandte. Baumgartner erwähnt das natür¬
lich nicht.
Diese Beispiele mögen zum Beweise der Behauptung genügen, daß Baum¬
gartner Goethes Sein und Wirken böswillig gefälscht, seine Sittlichkeit verleumdet,
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