Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Viertes Quartal.Auf dem Stilfser Zoch. Stunden die Wirklichkeit vorgaukelt. Die Rolle, welche Sie der Frau in unsrer Das ist eben, was ich leugne, unterbrach ihn Vroni eifrig, das ist die Gewiß nach ihrer Art, nach den Grenzen, die ihr von der Schöpfung Eine schöne Freiheit, welche durch vier Wände eingeschlossen ist; aber auch Wenn ich wüßte, daß diese Forderung nur aus einer augenblicklichen und Sie weichen der Antwort aus, weil Sie eben das Opfer nicht bringen Ein Opfer der Laune gewiß nicht, aber wenn Sie mich fragten, ob ich all Darein will ich auch keinen Zweifel setzen, erwiederte Vroni, welche bei deu Auf dem Stilfser Zoch. Stunden die Wirklichkeit vorgaukelt. Die Rolle, welche Sie der Frau in unsrer Das ist eben, was ich leugne, unterbrach ihn Vroni eifrig, das ist die Gewiß nach ihrer Art, nach den Grenzen, die ihr von der Schöpfung Eine schöne Freiheit, welche durch vier Wände eingeschlossen ist; aber auch Wenn ich wüßte, daß diese Forderung nur aus einer augenblicklichen und Sie weichen der Antwort aus, weil Sie eben das Opfer nicht bringen Ein Opfer der Laune gewiß nicht, aber wenn Sie mich fragten, ob ich all Darein will ich auch keinen Zweifel setzen, erwiederte Vroni, welche bei deu <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0303" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/197037"/> <fw type="header" place="top"> Auf dem Stilfser Zoch.</fw><lb/> <p xml:id="ID_952" prev="#ID_951"> Stunden die Wirklichkeit vorgaukelt. Die Rolle, welche Sie der Frau in unsrer<lb/> Gesellschaft anweisen, ist eine falsche; denn Sie können die Wege der Natur<lb/> nicht ungeschehen machen, Sie müssen es nun einmal als gegeben hinnehmen,<lb/> daß die Frau ihrer ganzen physischen Natur nach dem Manne zurückstehen muß.</p><lb/> <p xml:id="ID_953"> Das ist eben, was ich leugne, unterbrach ihn Vroni eifrig, das ist die<lb/> falsche Prämisse, auf der ihr eure ganze gesellschaftliche Unwahrheit aufbaut.<lb/> Das Weib ist nicht minder das Ebenbild Gottes, als ihr es seid, und hat<lb/> nicht minder die Aufgabe, in gleichem Thun wie ihr diesem Ebenbild ähnlich<lb/> zu werden.</p><lb/> <p xml:id="ID_954"> Gewiß nach ihrer Art, nach den Grenzen, die ihr von der Schöpfung<lb/> gegeben sind, welche die Fran vor allen Dingen zur Ehe und zur Kinder¬<lb/> erziehung bestimmt hat. Innerhalb dieser Grenzen giebt es Raum genug, in<lb/> welchem sich eine Frau entfalten und beglückend wirken kann.</p><lb/> <p xml:id="ID_955"> Eine schöne Freiheit, welche durch vier Wände eingeschlossen ist; aber auch<lb/> in dieser Beschränkung kann sie nicht einmal herrschen, sondern muß sich dem<lb/> Willen und den Launen ihres Gebieters fügen. Würden Sie um Ihrer Frau<lb/> willen den Verkehr mit Ihren Freunden aufgeben, würden Sie ihr das Opfer<lb/> einer naturgemäßen, d. h. vegctariauischen Lebeusweise bringen? Gewiß nicht.</p><lb/> <p xml:id="ID_956"> Wenn ich wüßte, daß diese Forderung nur aus einer augenblicklichen und<lb/> mir unverständig scheinenden Laune entspringe, dann haben Sie recht, wenn Sie<lb/> auch mich eines solchen sogenannten Opfers nicht für fähig halten. Aber ich<lb/> stelle mir vor, daß eine Frau, von der ich so wiedergeliebt werde, wie ich sie<lb/> liebe, nichts fordern wird, was nur launenhaft und thrannisch wäre. Sie wird<lb/> mich dem geliebten Manne die Freiheit seiner Lebensweise lassen, die er als<lb/> richtig anerkannt hat, und ihre Zuneigung nicht nach dem Genuß von Kraut<lb/> und Wurzeln bemessen. Thäte sie es doch, so wäre das nur ein Beweis, daß sie<lb/> nicht zu lieben versteht und sich über ihre Gefühle im Irrtum befindet.</p><lb/> <p xml:id="ID_957"> Sie weichen der Antwort aus, weil Sie eben das Opfer nicht bringen<lb/> würden.</p><lb/> <p xml:id="ID_958"> Ein Opfer der Laune gewiß nicht, aber wenn Sie mich fragten, ob ich all<lb/> mein Sinnen und Trachten darauf richten wollte, um das geliebte Wesen glücklich<lb/> zu machen, ob ich mir bei Tag und Nacht leine Ruhe gönnen würde, um für<lb/> dasselbe zu ringen und zu arbeiten, ob ich mich bestreben wollte, ihr das<lb/> Leben freudig und genußreich zu gestalten, selbst wenn ich es mit dem eignen<lb/> Leben erkaufen sollte, ob ich ihren Frohsinn mit meinem Schmerz, ihr Glück<lb/> mit meinem Herzblut eintauschen wollte — ein solches Opfer zu bringen würde<lb/> ich nicht für außerhalb meiner Macht liegend halten.</p><lb/> <p xml:id="ID_959"> Darein will ich auch keinen Zweifel setzen, erwiederte Vroni, welche bei deu<lb/> Worten Haralds tief errötete, aber Ihre Beteuerung zeigt nur die Richtigkeit<lb/> meiner Behauptung, daß auch für Sie die Frau nur das MiMi wäre, und<lb/> dazu ist ein Mädchen, das sich seiner Würde bewußt ist, in der That zu gut.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0303]
Auf dem Stilfser Zoch.
Stunden die Wirklichkeit vorgaukelt. Die Rolle, welche Sie der Frau in unsrer
Gesellschaft anweisen, ist eine falsche; denn Sie können die Wege der Natur
nicht ungeschehen machen, Sie müssen es nun einmal als gegeben hinnehmen,
daß die Frau ihrer ganzen physischen Natur nach dem Manne zurückstehen muß.
Das ist eben, was ich leugne, unterbrach ihn Vroni eifrig, das ist die
falsche Prämisse, auf der ihr eure ganze gesellschaftliche Unwahrheit aufbaut.
Das Weib ist nicht minder das Ebenbild Gottes, als ihr es seid, und hat
nicht minder die Aufgabe, in gleichem Thun wie ihr diesem Ebenbild ähnlich
zu werden.
Gewiß nach ihrer Art, nach den Grenzen, die ihr von der Schöpfung
gegeben sind, welche die Fran vor allen Dingen zur Ehe und zur Kinder¬
erziehung bestimmt hat. Innerhalb dieser Grenzen giebt es Raum genug, in
welchem sich eine Frau entfalten und beglückend wirken kann.
Eine schöne Freiheit, welche durch vier Wände eingeschlossen ist; aber auch
in dieser Beschränkung kann sie nicht einmal herrschen, sondern muß sich dem
Willen und den Launen ihres Gebieters fügen. Würden Sie um Ihrer Frau
willen den Verkehr mit Ihren Freunden aufgeben, würden Sie ihr das Opfer
einer naturgemäßen, d. h. vegctariauischen Lebeusweise bringen? Gewiß nicht.
Wenn ich wüßte, daß diese Forderung nur aus einer augenblicklichen und
mir unverständig scheinenden Laune entspringe, dann haben Sie recht, wenn Sie
auch mich eines solchen sogenannten Opfers nicht für fähig halten. Aber ich
stelle mir vor, daß eine Frau, von der ich so wiedergeliebt werde, wie ich sie
liebe, nichts fordern wird, was nur launenhaft und thrannisch wäre. Sie wird
mich dem geliebten Manne die Freiheit seiner Lebensweise lassen, die er als
richtig anerkannt hat, und ihre Zuneigung nicht nach dem Genuß von Kraut
und Wurzeln bemessen. Thäte sie es doch, so wäre das nur ein Beweis, daß sie
nicht zu lieben versteht und sich über ihre Gefühle im Irrtum befindet.
Sie weichen der Antwort aus, weil Sie eben das Opfer nicht bringen
würden.
Ein Opfer der Laune gewiß nicht, aber wenn Sie mich fragten, ob ich all
mein Sinnen und Trachten darauf richten wollte, um das geliebte Wesen glücklich
zu machen, ob ich mir bei Tag und Nacht leine Ruhe gönnen würde, um für
dasselbe zu ringen und zu arbeiten, ob ich mich bestreben wollte, ihr das
Leben freudig und genußreich zu gestalten, selbst wenn ich es mit dem eignen
Leben erkaufen sollte, ob ich ihren Frohsinn mit meinem Schmerz, ihr Glück
mit meinem Herzblut eintauschen wollte — ein solches Opfer zu bringen würde
ich nicht für außerhalb meiner Macht liegend halten.
Darein will ich auch keinen Zweifel setzen, erwiederte Vroni, welche bei deu
Worten Haralds tief errötete, aber Ihre Beteuerung zeigt nur die Richtigkeit
meiner Behauptung, daß auch für Sie die Frau nur das MiMi wäre, und
dazu ist ein Mädchen, das sich seiner Würde bewußt ist, in der That zu gut.
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