Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Viertes Quartal.Zur Geschichte des gelehrten Unterrichts. Unter den von Schulze selbst erlassenen Verordnungen ragt insbesondre So schien von der Negierung ein regelmäßig funktionirendes gelehrtes Ein Angriff endlich, welchen ein preußischer Arzt Lvnnser 1837 gegen die Zur Geschichte des gelehrten Unterrichts. Unter den von Schulze selbst erlassenen Verordnungen ragt insbesondre So schien von der Negierung ein regelmäßig funktionirendes gelehrtes Ein Angriff endlich, welchen ein preußischer Arzt Lvnnser 1837 gegen die <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0282" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/197016"/> <fw type="header" place="top"> Zur Geschichte des gelehrten Unterrichts.</fw><lb/> <p xml:id="ID_885"> Unter den von Schulze selbst erlassenen Verordnungen ragt insbesondre<lb/> der Normalplan vom Jahre 1837 hervor, welcher der bis dahin bestehenden<lb/> Selbständigkeit in der Gestaltung des Lehrplanes ein Ende machte. Das Latein<lb/> ward wieder mehr betont, im Gegensatz zum Nevolutionszcitalter, das doch<lb/> eigentlich nur das Griechentum gekannt hatte; man ging so weit, die juristischen<lb/> und medizinischen Fakultäten wiederholt zu ernähren, im Semester wenigstens<lb/> eine lateinische Vorlesung zu halten und bei der Staatsprüfung auf die Ge¬<lb/> läufigkeit im Latcinsprechen zu achten. Der Unterricht im Griechischen wird<lb/> darüber keineswegs vernachlässigt, künftige Feldmesser oder Bauführer dürften,<lb/> so lauteten Verfügungen von 1834 und 1837, wenn sie ein Ghmnasinm be¬<lb/> suchen, keineswegs vom Griechischen dispensirt worden. Namentlich auf Hegels<lb/> Veranlassung hin wurde der Unterricht in der philosophischen Propädeutik,<lb/> wenn auch nicht bestimmt angeordnet, so doch, wo es ging, zur Aufnahme an¬<lb/> empfohlen. Hegels Philosophie wurde — wenn sie auch nicht ausdrücklich<lb/> genannt wurde — amtlich als die „gründliche Philosophie" empfohlen. Waren<lb/> die Pädagogen der Aufklärung und selbst Wolf noch einmütig für das Fach-<lb/> shstcm eingetreten, so entscheidet sich Schulze für Durchführung des Klasscn-<lb/> shstems, da es besonders eine möglichst gleichmäßige Bildung in allen Lehr¬<lb/> gegenständen gestatte.</p><lb/> <p xml:id="ID_886"> So schien von der Negierung ein regelmäßig funktionirendes gelehrtes<lb/> Schulwesen geschaffen zu sein, als sich zum erstenmale ein Vorwurf gegen das<lb/> neue System erhob; Thiersch erklärte, „der preußische Schulrat ersticke die in¬<lb/> tellektuelle Kraft und Lust der Jugend durch Überbürdung mit Pensenarbeit."<lb/> Die Schuld, wenn irgendwo überspannte Forderungen gestellt worden seien,<lb/> lehnte das preußische Ministerium von sich ab, ermäßigte aber gleichzeitig die<lb/> Nnfordernngcn im Griechischen, Die dreißiger Jahre bringen die gesetzlichen<lb/> Bestimmungen über das Höhere Schulwesen zum Abschluß; für die Lehrer¬<lb/> prüfungen wird eine Instruktion erlassen, wonach jeder Kandidat in drei Haupt¬<lb/> fächern: in den alten Sprachen mit Einschluß des Deutschen, in Mathematik<lb/> und in den Naturwissenschaften und in Geschichte und Geographie zu prüfen<lb/> ist. Ebenso werden die Alnturicntcnprüfnngen neu geregelt; war früher ange¬<lb/> geben, welche Leistungen zur Note I erforderlich waren, so wird jetzt eine<lb/> Minimalfvrdernng gestellt, die Anforderungen im Griechischen sind sehr ermäßigt,<lb/> ein griechisches Skriptum wird nicht mehr verlangt.</p><lb/> <p xml:id="ID_887" next="#ID_888"> Ein Angriff endlich, welchen ein preußischer Arzt Lvnnser 1837 gegen die<lb/> Gymnasien erhob und in welchem, den Schulen Schuld gegeben wurde, durch<lb/> Überspannung ihrer Anforderungen die geistige und leibliche Gesundheit der<lb/> Jngend zu gefährden, veranlaßte zunächst eine Flut von Zeitungsartikeln und<lb/> Broschüren und schließlich ein Zirknlarreskript, welches alle Seiten des Gym-<lb/> nasialnnterrichts umfaßte; es kommt zu dem Resultate, daß der bestehende<lb/> Gymnasialuuterricht vernünftig und notwendig sei; von den Lehrgegenständen,</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0282]
Zur Geschichte des gelehrten Unterrichts.
Unter den von Schulze selbst erlassenen Verordnungen ragt insbesondre
der Normalplan vom Jahre 1837 hervor, welcher der bis dahin bestehenden
Selbständigkeit in der Gestaltung des Lehrplanes ein Ende machte. Das Latein
ward wieder mehr betont, im Gegensatz zum Nevolutionszcitalter, das doch
eigentlich nur das Griechentum gekannt hatte; man ging so weit, die juristischen
und medizinischen Fakultäten wiederholt zu ernähren, im Semester wenigstens
eine lateinische Vorlesung zu halten und bei der Staatsprüfung auf die Ge¬
läufigkeit im Latcinsprechen zu achten. Der Unterricht im Griechischen wird
darüber keineswegs vernachlässigt, künftige Feldmesser oder Bauführer dürften,
so lauteten Verfügungen von 1834 und 1837, wenn sie ein Ghmnasinm be¬
suchen, keineswegs vom Griechischen dispensirt worden. Namentlich auf Hegels
Veranlassung hin wurde der Unterricht in der philosophischen Propädeutik,
wenn auch nicht bestimmt angeordnet, so doch, wo es ging, zur Aufnahme an¬
empfohlen. Hegels Philosophie wurde — wenn sie auch nicht ausdrücklich
genannt wurde — amtlich als die „gründliche Philosophie" empfohlen. Waren
die Pädagogen der Aufklärung und selbst Wolf noch einmütig für das Fach-
shstcm eingetreten, so entscheidet sich Schulze für Durchführung des Klasscn-
shstems, da es besonders eine möglichst gleichmäßige Bildung in allen Lehr¬
gegenständen gestatte.
So schien von der Negierung ein regelmäßig funktionirendes gelehrtes
Schulwesen geschaffen zu sein, als sich zum erstenmale ein Vorwurf gegen das
neue System erhob; Thiersch erklärte, „der preußische Schulrat ersticke die in¬
tellektuelle Kraft und Lust der Jugend durch Überbürdung mit Pensenarbeit."
Die Schuld, wenn irgendwo überspannte Forderungen gestellt worden seien,
lehnte das preußische Ministerium von sich ab, ermäßigte aber gleichzeitig die
Nnfordernngcn im Griechischen, Die dreißiger Jahre bringen die gesetzlichen
Bestimmungen über das Höhere Schulwesen zum Abschluß; für die Lehrer¬
prüfungen wird eine Instruktion erlassen, wonach jeder Kandidat in drei Haupt¬
fächern: in den alten Sprachen mit Einschluß des Deutschen, in Mathematik
und in den Naturwissenschaften und in Geschichte und Geographie zu prüfen
ist. Ebenso werden die Alnturicntcnprüfnngen neu geregelt; war früher ange¬
geben, welche Leistungen zur Note I erforderlich waren, so wird jetzt eine
Minimalfvrdernng gestellt, die Anforderungen im Griechischen sind sehr ermäßigt,
ein griechisches Skriptum wird nicht mehr verlangt.
Ein Angriff endlich, welchen ein preußischer Arzt Lvnnser 1837 gegen die
Gymnasien erhob und in welchem, den Schulen Schuld gegeben wurde, durch
Überspannung ihrer Anforderungen die geistige und leibliche Gesundheit der
Jngend zu gefährden, veranlaßte zunächst eine Flut von Zeitungsartikeln und
Broschüren und schließlich ein Zirknlarreskript, welches alle Seiten des Gym-
nasialnnterrichts umfaßte; es kommt zu dem Resultate, daß der bestehende
Gymnasialuuterricht vernünftig und notwendig sei; von den Lehrgegenständen,
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