Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Viertes Quartal.Zur Frage der Arbeiterwohnungen, Vermietung großer Massenquartiere (Blocks) übrig, deren Einrichtung neuer¬ In kleinern Städten wird sich in den meisten Fällen der Van kleiner Auch den Bestrebungen des Darmstädter Vereins gegen Verarmung, welcher Die Beschränkung der Vereinsthätigkeit kaun aus zwei verschiednen Gründen *) Die auf Einwirkung auf Arbeitgeber, Gesetzgebung u. f. w. gerichtete Thätigkeit darf
allerdings nicht vergessen werden, ist aber doch nicht ausreichend. Zur Frage der Arbeiterwohnungen, Vermietung großer Massenquartiere (Blocks) übrig, deren Einrichtung neuer¬ In kleinern Städten wird sich in den meisten Fällen der Van kleiner Auch den Bestrebungen des Darmstädter Vereins gegen Verarmung, welcher Die Beschränkung der Vereinsthätigkeit kaun aus zwei verschiednen Gründen *) Die auf Einwirkung auf Arbeitgeber, Gesetzgebung u. f. w. gerichtete Thätigkeit darf
allerdings nicht vergessen werden, ist aber doch nicht ausreichend. <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0246" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/196980"/> <fw type="header" place="top"> Zur Frage der Arbeiterwohnungen,</fw><lb/> <p xml:id="ID_774" prev="#ID_773"> Vermietung großer Massenquartiere (Blocks) übrig, deren Einrichtung neuer¬<lb/> dings eine so vorzügliche ist, daß sie wohl des Studiums und der Nachahmung<lb/> wert wäre. Trotz größter Raumersparnis hat jeder Arbeiter seine abgeschlossene<lb/> kleinere oder größere Wohnung. Überall herrscht größte Sauberkeit und Ordnung,<lb/> welche ein wohlwollender, aber strenger Hausmeister oder Hausvater, dessen<lb/> Anstellung sich bei derartigen großen Bauten lohnt, überwacht. Zank und<lb/> Streit wird völlig vermieden, da unruhigen Geistern sofortige Kündigung droht.<lb/> Die Höfe bieten Spielplätze für die Kiuder, und in manchen Häusern sind trotz<lb/> der niedrigen Mieter von den überschüssigen Mitteln Anstalten für gesunde<lb/> Erholung der Erwachsenen hergestellt. Vielfach sind auch die Erdgeschosse als<lb/> Läden vermietet, dadurch große Einnahmen erzielt und die Mieter für die<lb/> Wohnungen noch wohlfeiler geworden, während sich gleichzeitig das aufgewandte<lb/> Kapital schneller amortisirte. Übrigens ist in nicht zu großen Städten auch bei<lb/> der Vermietung großer Häuser nicht ausgeschlossen, daß der Verein die Bewohner<lb/> dnrch Gewährung von Pachtland unterstützt, eine Thätigkeit, welche sich leicht<lb/> mit der andern verbinden läßt.</p><lb/> <p xml:id="ID_775"> In kleinern Städten wird sich in den meisten Fällen der Van kleiner<lb/> Häuser für eine Familie und die Vermietung derselben empfehlen. Letztere wird<lb/> weit hänfiger eintreten als der selbstverständlich zu befördernde Eigentumserlverb.<lb/> Die Zugabe von Gartenland ist dabei höchst wesentlich des wirtschaftlichen und<lb/> sittlichen Erfolges wegen und den Arbeitern sehr erwünscht.</p><lb/> <p xml:id="ID_776"> Auch den Bestrebungen des Darmstädter Vereins gegen Verarmung, welcher<lb/> nach dem Muster der Octavia Hill alte, in schlechtem Zustande befindliche Hänser<lb/> billig aufgekauft und nach und nach mit Hilfe der Bewohner wieder ordentlich<lb/> hergerichtet hat, dabei einen sehr wohlthätigen erreichenden Einfluß besonders<lb/> mit Hilfe von beaufsichtigenden Frauen der höhern Stände ausübt, darf und<lb/> kann sich der Verein „Arbeitcrhcim" nicht verschließe», er muß eben zum<lb/> Mittelpunkt aller auf die Besserung der Wohnungszustände gerichteten Thätigkeit<lb/> werden, sich vor allem der Mittel bedienen, welche sicher und schnell zu einer<lb/> möglichst allgemeinen Besserung der Zustände führen, wenn diese Besserung auch<lb/> nicht das Beste ist.</p><lb/> <p xml:id="ID_777" next="#ID_778"> Die Beschränkung der Vereinsthätigkeit kaun aus zwei verschiednen Gründen<lb/> hervorgegangen sein. Haben die Gründer so gehandelt, weil sie „das Heim auf<lb/> eigner Scholle" als das allein erstrebenswerte Ziel ansehen, so haben sie sich<lb/> von einem unfruchtbaren Idealismus leiten lassen. Das scheint uns nicht der<lb/> Fall zu sein. Es bleibt daher nur die Möglichkeit, daß sie geglaubt haben,<lb/> durch die Beschränkung auf ein bestimmtes, engumgrenztcs Gebiet größeres zu<lb/> leisten. Da der Verein sich jedoch infolgedessen der Bekämpfung der größten<lb/> Not, welche thatsächlich in Deutschland noch weit und breit herrscht, entzieht,*)</p><lb/> <note xml:id="FID_15" place="foot"> *) Die auf Einwirkung auf Arbeitgeber, Gesetzgebung u. f. w. gerichtete Thätigkeit darf<lb/> allerdings nicht vergessen werden, ist aber doch nicht ausreichend.</note><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0246]
Zur Frage der Arbeiterwohnungen,
Vermietung großer Massenquartiere (Blocks) übrig, deren Einrichtung neuer¬
dings eine so vorzügliche ist, daß sie wohl des Studiums und der Nachahmung
wert wäre. Trotz größter Raumersparnis hat jeder Arbeiter seine abgeschlossene
kleinere oder größere Wohnung. Überall herrscht größte Sauberkeit und Ordnung,
welche ein wohlwollender, aber strenger Hausmeister oder Hausvater, dessen
Anstellung sich bei derartigen großen Bauten lohnt, überwacht. Zank und
Streit wird völlig vermieden, da unruhigen Geistern sofortige Kündigung droht.
Die Höfe bieten Spielplätze für die Kiuder, und in manchen Häusern sind trotz
der niedrigen Mieter von den überschüssigen Mitteln Anstalten für gesunde
Erholung der Erwachsenen hergestellt. Vielfach sind auch die Erdgeschosse als
Läden vermietet, dadurch große Einnahmen erzielt und die Mieter für die
Wohnungen noch wohlfeiler geworden, während sich gleichzeitig das aufgewandte
Kapital schneller amortisirte. Übrigens ist in nicht zu großen Städten auch bei
der Vermietung großer Häuser nicht ausgeschlossen, daß der Verein die Bewohner
dnrch Gewährung von Pachtland unterstützt, eine Thätigkeit, welche sich leicht
mit der andern verbinden läßt.
In kleinern Städten wird sich in den meisten Fällen der Van kleiner
Häuser für eine Familie und die Vermietung derselben empfehlen. Letztere wird
weit hänfiger eintreten als der selbstverständlich zu befördernde Eigentumserlverb.
Die Zugabe von Gartenland ist dabei höchst wesentlich des wirtschaftlichen und
sittlichen Erfolges wegen und den Arbeitern sehr erwünscht.
Auch den Bestrebungen des Darmstädter Vereins gegen Verarmung, welcher
nach dem Muster der Octavia Hill alte, in schlechtem Zustande befindliche Hänser
billig aufgekauft und nach und nach mit Hilfe der Bewohner wieder ordentlich
hergerichtet hat, dabei einen sehr wohlthätigen erreichenden Einfluß besonders
mit Hilfe von beaufsichtigenden Frauen der höhern Stände ausübt, darf und
kann sich der Verein „Arbeitcrhcim" nicht verschließe», er muß eben zum
Mittelpunkt aller auf die Besserung der Wohnungszustände gerichteten Thätigkeit
werden, sich vor allem der Mittel bedienen, welche sicher und schnell zu einer
möglichst allgemeinen Besserung der Zustände führen, wenn diese Besserung auch
nicht das Beste ist.
Die Beschränkung der Vereinsthätigkeit kaun aus zwei verschiednen Gründen
hervorgegangen sein. Haben die Gründer so gehandelt, weil sie „das Heim auf
eigner Scholle" als das allein erstrebenswerte Ziel ansehen, so haben sie sich
von einem unfruchtbaren Idealismus leiten lassen. Das scheint uns nicht der
Fall zu sein. Es bleibt daher nur die Möglichkeit, daß sie geglaubt haben,
durch die Beschränkung auf ein bestimmtes, engumgrenztcs Gebiet größeres zu
leisten. Da der Verein sich jedoch infolgedessen der Bekämpfung der größten
Not, welche thatsächlich in Deutschland noch weit und breit herrscht, entzieht,*)
*) Die auf Einwirkung auf Arbeitgeber, Gesetzgebung u. f. w. gerichtete Thätigkeit darf
allerdings nicht vergessen werden, ist aber doch nicht ausreichend.
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