Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Viertes Quartal.Das ehrengerichtliche Verfahren gegen Rechtsanwälte. ihr Recht gebracht hat, wird vielleicht mit einem Verweis bestraft, die Partei In nahem Zusammenhang mit dieser Betrachtung steht anch noch eine Auch in dieser Beziehung haben die Reichsgesetze den Anwalt günstiger gestellt.
Nach dem Mnßischcn Gesetze bekam ein Anwalt, der fiir sich selbst einen Prozeß geführt hatte, nur die halben Gebühren. Jetzt bekommt er die ganzen. Das ehrengerichtliche Verfahren gegen Rechtsanwälte. ihr Recht gebracht hat, wird vielleicht mit einem Verweis bestraft, die Partei In nahem Zusammenhang mit dieser Betrachtung steht anch noch eine Auch in dieser Beziehung haben die Reichsgesetze den Anwalt günstiger gestellt.
Nach dem Mnßischcn Gesetze bekam ein Anwalt, der fiir sich selbst einen Prozeß geführt hatte, nur die halben Gebühren. Jetzt bekommt er die ganzen. <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0238" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/196972"/> <fw type="header" place="top"> Das ehrengerichtliche Verfahren gegen Rechtsanwälte.</fw><lb/> <p xml:id="ID_745" prev="#ID_744"> ihr Recht gebracht hat, wird vielleicht mit einem Verweis bestraft, die Partei<lb/> aber hat das leere Nachsehen, Der Anwalt, der nutzlos die Partei in Kosten<lb/> gestürzt hat, wird vielleicht mit einer geringen Geldstrafe belegt, behält aber<lb/> die ungebührlich bezogenen Kosten in der Tasche, Nun wird man wohl sagen,<lb/> die geschädigte Partei könne ja im Wege des Zivilprozesses Ersatz ihres<lb/> Schadens verlangen. Das kann sie, theoretisch betrachtet, vielleicht. Man weiß<lb/> aber auch sehr gut: ein gebranntes Kind scheut das Feuer. Soll eine Partei,<lb/> die soeben erst bei dem Versuche, ihr Recht zu verfolgen, so schlechte Geschäfte<lb/> gemacht hat, sich in einen neuen Prozeß stürzen, um den Schaden wieder ein¬<lb/> zuholen? Soll sie es wagen, gegen einen Anwalt vorzugehen, der mit allen<lb/> Winkelzügen des Rechts so wohl vertraut ist? Kann sie überhaupt nur einiger¬<lb/> maßen darauf rechnen, einen neuen Anwalt zu finden, der mit Eifer gegen seinen<lb/> eignen Kollegen wegen eines Dienstfehlers vorgeht? Und wie, wenn sie den<lb/> Prozeß verlöre und dann dein Anwalt, der sie geschädigt, auch noch ein neues<lb/> Opfer von schweren kosten für den für sich selbst geführten Prozeß in den<lb/> Schoß werfen mußte?^) Man kann zehn gegen eins wetten, daß die von ihrem<lb/> Anwalt geschädigte Partei es nicht wagen wird, den halsbrecherischen Pfad eines<lb/> neuen Prozesses zu beschreiten, U»d dann geht der Anwalt mit seiner wenig be¬<lb/> deutenden ehrengerichtlichen Strafe cztmsi rs dans g'ELtg, aus dem Handel hervor.</p><lb/> <p xml:id="ID_746" next="#ID_747"> In nahem Zusammenhang mit dieser Betrachtung steht anch noch eine<lb/> andre Änderung, die in den Rechten der Partei ihrem Anwälte gegenüber durch<lb/> die neuen Jnstizgcsetze eingetreten ist. Früher stand — in Preußen und wohl<lb/> auch in den meisten andern deutschen Ländern — der Partei, welche von ihrem<lb/> Anwälte eine Rechnung über seine Gebühren zur Bezahlung empfing, das Recht<lb/> zu, zunächst eine Festsetzung dieser Rechnung durch den Richter zu verlangen.<lb/> Durch diese gewann die Partei ohne große Weiterungen die Sicherheit, daß sie<lb/> an Gebühren nicht übernommen werde. Diese ganze Einrichtung ist weggefallen.<lb/> Eine Kvstenfestsetzung findet nur noch in dem Verhältnis zwischen Partei und<lb/> Partei statt, wo man sie, vielleicht zum Bedanecn unsrer Gesetzgcbungsfaktoren,<lb/> nicht ganz wegschaffen konnte. Ihrem eignen Anwalt gegenüber hat aber keine<lb/> Partei mehr ein Recht ans Festsetzung der Kosten, und dadurch gestaltet sich<lb/> für sie die Sache folgendermaßen. Erhält die Partei von ihrem Anwalt die<lb/> Rechnung zugestellt, so ist sie völlig außer stände, die Nichtigkeit derselben zu<lb/> prüfen, ans den, doppelten Grunde, weil sie (wenn sie nicht zufällig juristisch<lb/> gebildet ist) die Gebührcngesetze nicht kennt und auch nicht verstehen kann, und<lb/> weil sie die Akten nicht kennt. Wegen dieses letztem Mangels kann es ihr auch<lb/> nichts helfen, wenn sie einen Juristen zu Rate zieht. Die Akten bei Gericht<lb/> einzusehen, ist zu umständlich. Die Handnkten aber besitzt der Anwalt, und er</p><lb/> <note xml:id="FID_13" place="foot"> Auch in dieser Beziehung haben die Reichsgesetze den Anwalt günstiger gestellt.<lb/> Nach dem Mnßischcn Gesetze bekam ein Anwalt, der fiir sich selbst einen Prozeß geführt<lb/> hatte, nur die halben Gebühren. Jetzt bekommt er die ganzen.</note><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0238]
Das ehrengerichtliche Verfahren gegen Rechtsanwälte.
ihr Recht gebracht hat, wird vielleicht mit einem Verweis bestraft, die Partei
aber hat das leere Nachsehen, Der Anwalt, der nutzlos die Partei in Kosten
gestürzt hat, wird vielleicht mit einer geringen Geldstrafe belegt, behält aber
die ungebührlich bezogenen Kosten in der Tasche, Nun wird man wohl sagen,
die geschädigte Partei könne ja im Wege des Zivilprozesses Ersatz ihres
Schadens verlangen. Das kann sie, theoretisch betrachtet, vielleicht. Man weiß
aber auch sehr gut: ein gebranntes Kind scheut das Feuer. Soll eine Partei,
die soeben erst bei dem Versuche, ihr Recht zu verfolgen, so schlechte Geschäfte
gemacht hat, sich in einen neuen Prozeß stürzen, um den Schaden wieder ein¬
zuholen? Soll sie es wagen, gegen einen Anwalt vorzugehen, der mit allen
Winkelzügen des Rechts so wohl vertraut ist? Kann sie überhaupt nur einiger¬
maßen darauf rechnen, einen neuen Anwalt zu finden, der mit Eifer gegen seinen
eignen Kollegen wegen eines Dienstfehlers vorgeht? Und wie, wenn sie den
Prozeß verlöre und dann dein Anwalt, der sie geschädigt, auch noch ein neues
Opfer von schweren kosten für den für sich selbst geführten Prozeß in den
Schoß werfen mußte?^) Man kann zehn gegen eins wetten, daß die von ihrem
Anwalt geschädigte Partei es nicht wagen wird, den halsbrecherischen Pfad eines
neuen Prozesses zu beschreiten, U»d dann geht der Anwalt mit seiner wenig be¬
deutenden ehrengerichtlichen Strafe cztmsi rs dans g'ELtg, aus dem Handel hervor.
In nahem Zusammenhang mit dieser Betrachtung steht anch noch eine
andre Änderung, die in den Rechten der Partei ihrem Anwälte gegenüber durch
die neuen Jnstizgcsetze eingetreten ist. Früher stand — in Preußen und wohl
auch in den meisten andern deutschen Ländern — der Partei, welche von ihrem
Anwälte eine Rechnung über seine Gebühren zur Bezahlung empfing, das Recht
zu, zunächst eine Festsetzung dieser Rechnung durch den Richter zu verlangen.
Durch diese gewann die Partei ohne große Weiterungen die Sicherheit, daß sie
an Gebühren nicht übernommen werde. Diese ganze Einrichtung ist weggefallen.
Eine Kvstenfestsetzung findet nur noch in dem Verhältnis zwischen Partei und
Partei statt, wo man sie, vielleicht zum Bedanecn unsrer Gesetzgcbungsfaktoren,
nicht ganz wegschaffen konnte. Ihrem eignen Anwalt gegenüber hat aber keine
Partei mehr ein Recht ans Festsetzung der Kosten, und dadurch gestaltet sich
für sie die Sache folgendermaßen. Erhält die Partei von ihrem Anwalt die
Rechnung zugestellt, so ist sie völlig außer stände, die Nichtigkeit derselben zu
prüfen, ans den, doppelten Grunde, weil sie (wenn sie nicht zufällig juristisch
gebildet ist) die Gebührcngesetze nicht kennt und auch nicht verstehen kann, und
weil sie die Akten nicht kennt. Wegen dieses letztem Mangels kann es ihr auch
nichts helfen, wenn sie einen Juristen zu Rate zieht. Die Akten bei Gericht
einzusehen, ist zu umständlich. Die Handnkten aber besitzt der Anwalt, und er
Auch in dieser Beziehung haben die Reichsgesetze den Anwalt günstiger gestellt.
Nach dem Mnßischcn Gesetze bekam ein Anwalt, der fiir sich selbst einen Prozeß geführt
hatte, nur die halben Gebühren. Jetzt bekommt er die ganzen.
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