Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Viertes Quartal.T>cis Ergebnis der französischen Wahlen. selbst. Der Prinz Napoleon ist, wie von Anfang seines Auftretens als solcher, Wenn nun Frankreich berechtigt war, die Politik der Opportunisten durch T>cis Ergebnis der französischen Wahlen. selbst. Der Prinz Napoleon ist, wie von Anfang seines Auftretens als solcher, Wenn nun Frankreich berechtigt war, die Politik der Opportunisten durch <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0228" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/196962"/> <fw type="header" place="top"> T>cis Ergebnis der französischen Wahlen.</fw><lb/> <p xml:id="ID_723" prev="#ID_722"> selbst. Der Prinz Napoleon ist, wie von Anfang seines Auftretens als solcher,<lb/> so mich jetzt und für die Zukunft unmöglich. Prinz Viktor hat infolge seines<lb/> schwächlichen und schwankenden, durchaus unzuverlässigen Wesens ebensowenig<lb/> Aussicht, sich einmal den Bienenmantel um die Schultern legen und sich die<lb/> Krone des ersten und des dritten Napoleon aufs Haupt setzen zu dürfen. Der<lb/> Graf von Paris, ein Ludwig Philipp ohne dessen Gewandtheit in Ränken, ohne<lb/> dessen ehrgeizigen Mut, ohne irgendwelche königliche Eigenschaften, ist fast so<lb/> gut wie unbekannt und würde, wenn er mit Ansprüche» hervortreten wollte,<lb/> niemand Begeisterung einflößen. Es waren Konservative oder richtiger Reaktionäre,<lb/> nicht Bonapartisten oder Orleanisten, welche am 4. Oktober bewirkten, daß zwei¬<lb/> hundert antimiuisterielle Kandidaten mit monarchischer Färbung als Abgeordnete<lb/> aus der Zahlung der Stimmen hervorgingen. In der That, ihre Wähler hatten<lb/> ihre dynastischen Fahnen ins Futteral zu stecken, um ihre Streitkräfte vereinigen<lb/> und die Mehrheit gewinnen zu können.</p><lb/> <p xml:id="ID_724" next="#ID_725"> Wenn nun Frankreich berechtigt war, die Politik der Opportunisten durch<lb/> die Wahlen zu mißbilligen, so konnte man ihm zu diesem vorläufigen Ausgange<lb/> des Wahlfcldzuges doch nicht gerade Glück wünschen. Man sagte sich: Was sich<lb/> auch an jener Politik tadeln läßt, die Träger derselben sind im Vergleiche mit<lb/> den Anhängern Clcmcnceaus und nun gar mit den Extremen von der Farbe<lb/> Rvchefvrts, dieses Irrlichts über dem tiefsten Sumpfe der Pöbelherrschaft,<lb/> achtungswerte und maßvolle Männer. Ihre Partei, welche die Mitte einnimmt<lb/> und sich ebenso entschlossen gegen die Sozialdemvkrcitie und die politischen Roten<lb/> als gegen den RvhaliSmus und die Reaktion wendet, hat schwere Verluste er¬<lb/> litten und wird wahrscheinlich in der nächsten Abgeordnetenkammer wenig mehr<lb/> als ein Drittel der Sitze einnehmen. Die Radikalen werden nicht ganz ein<lb/> Drittel der Versammlung bilden. Die Royalisten der verschiednen Schattirungen<lb/> werden wahrscheinlich die stärkste Gruppe sein. Einige Wählerschaften haben die<lb/> Fahne der Mittelpartei verlassen, um sich der monarchischen Rechten anzu¬<lb/> schließen, andre, um sich zur äußersten Linken, zu den Roten zu schlagen. Das<lb/> ist kein gutes Omen für Frankreich. Es wird, wenn die Stichwahlen die Mittel¬<lb/> partei weiter schwächen sollten, entweder ein Ministerium annehmen müssen, das<lb/> sich auf ein gefährliches radikales Progromm verpflichtet hat, oder Reaktionäre<lb/> am Ruder zu dulden haben, die wie die Genossen Mac-Masons im Jahre 1873<lb/> sür eine Restauration wirken. Entwickeln die zur Linken und die zur Rechten<lb/> ihre Kräfte weiter auf Kosten des Zentrums, so wird das Land nach einiger<lb/> Zeit entweder die rothe Fahne oder eine monarchische über sich wehen sehen.<lb/> Welche dann zuerst aufgepflanzt wird, hat nicht allzuviel zu bedeuten, denn der<lb/> Sieg der einen extremen Partei muß über kurz oder lang den der andern zur<lb/> Folge haben, d. h. eine Monarchie muß bei den Franzosen schließlich zu einer<lb/> Revolution führen, da sie bei diesen keine andre als eine parlamentarische Partei-<lb/> rcgierung sein kann, und eine rote Republik würde die Mehrheit in Frankreich</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0228]
T>cis Ergebnis der französischen Wahlen.
selbst. Der Prinz Napoleon ist, wie von Anfang seines Auftretens als solcher,
so mich jetzt und für die Zukunft unmöglich. Prinz Viktor hat infolge seines
schwächlichen und schwankenden, durchaus unzuverlässigen Wesens ebensowenig
Aussicht, sich einmal den Bienenmantel um die Schultern legen und sich die
Krone des ersten und des dritten Napoleon aufs Haupt setzen zu dürfen. Der
Graf von Paris, ein Ludwig Philipp ohne dessen Gewandtheit in Ränken, ohne
dessen ehrgeizigen Mut, ohne irgendwelche königliche Eigenschaften, ist fast so
gut wie unbekannt und würde, wenn er mit Ansprüche» hervortreten wollte,
niemand Begeisterung einflößen. Es waren Konservative oder richtiger Reaktionäre,
nicht Bonapartisten oder Orleanisten, welche am 4. Oktober bewirkten, daß zwei¬
hundert antimiuisterielle Kandidaten mit monarchischer Färbung als Abgeordnete
aus der Zahlung der Stimmen hervorgingen. In der That, ihre Wähler hatten
ihre dynastischen Fahnen ins Futteral zu stecken, um ihre Streitkräfte vereinigen
und die Mehrheit gewinnen zu können.
Wenn nun Frankreich berechtigt war, die Politik der Opportunisten durch
die Wahlen zu mißbilligen, so konnte man ihm zu diesem vorläufigen Ausgange
des Wahlfcldzuges doch nicht gerade Glück wünschen. Man sagte sich: Was sich
auch an jener Politik tadeln läßt, die Träger derselben sind im Vergleiche mit
den Anhängern Clcmcnceaus und nun gar mit den Extremen von der Farbe
Rvchefvrts, dieses Irrlichts über dem tiefsten Sumpfe der Pöbelherrschaft,
achtungswerte und maßvolle Männer. Ihre Partei, welche die Mitte einnimmt
und sich ebenso entschlossen gegen die Sozialdemvkrcitie und die politischen Roten
als gegen den RvhaliSmus und die Reaktion wendet, hat schwere Verluste er¬
litten und wird wahrscheinlich in der nächsten Abgeordnetenkammer wenig mehr
als ein Drittel der Sitze einnehmen. Die Radikalen werden nicht ganz ein
Drittel der Versammlung bilden. Die Royalisten der verschiednen Schattirungen
werden wahrscheinlich die stärkste Gruppe sein. Einige Wählerschaften haben die
Fahne der Mittelpartei verlassen, um sich der monarchischen Rechten anzu¬
schließen, andre, um sich zur äußersten Linken, zu den Roten zu schlagen. Das
ist kein gutes Omen für Frankreich. Es wird, wenn die Stichwahlen die Mittel¬
partei weiter schwächen sollten, entweder ein Ministerium annehmen müssen, das
sich auf ein gefährliches radikales Progromm verpflichtet hat, oder Reaktionäre
am Ruder zu dulden haben, die wie die Genossen Mac-Masons im Jahre 1873
sür eine Restauration wirken. Entwickeln die zur Linken und die zur Rechten
ihre Kräfte weiter auf Kosten des Zentrums, so wird das Land nach einiger
Zeit entweder die rothe Fahne oder eine monarchische über sich wehen sehen.
Welche dann zuerst aufgepflanzt wird, hat nicht allzuviel zu bedeuten, denn der
Sieg der einen extremen Partei muß über kurz oder lang den der andern zur
Folge haben, d. h. eine Monarchie muß bei den Franzosen schließlich zu einer
Revolution führen, da sie bei diesen keine andre als eine parlamentarische Partei-
rcgierung sein kann, und eine rote Republik würde die Mehrheit in Frankreich
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