Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Viertes Quartal.Das ehrengerichtliche vorfahren gegen Rechtscmmcilto berührte." Gegen einen Anwalt, der für eine in Amerika wohnende Witwe eine Endlich find noch die Entscheidungen anzuführen, welche die Gebühren- Das ehrengerichtliche vorfahren gegen Rechtscmmcilto berührte." Gegen einen Anwalt, der für eine in Amerika wohnende Witwe eine Endlich find noch die Entscheidungen anzuführen, welche die Gebühren- <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0194" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/196928"/> <fw type="header" place="top"> Das ehrengerichtliche vorfahren gegen Rechtscmmcilto</fw><lb/> <p xml:id="ID_618" prev="#ID_617"> berührte." Gegen einen Anwalt, der für eine in Amerika wohnende Witwe eine<lb/> Nachlaßregulirung übernommen, die Erfüllung dieses Auftrages aber „auffallend<lb/> lange Zeit" vernachlässigt und dadurch seine Mandantin in Schaden gebracht<lb/> hatte, wurde in erster Instanz auf Verweis erkannt, welchem jedoch der Ehren-<lb/> gcrichtshof noch 300 Mark Geldstrafe hinzufügte. Ein Anwalt, welcher die ihm<lb/> aufgetragene Nachsuchung von Restitution über unsichere Verhandlungen mit der<lb/> Gegenpartei versäumt und dann monatelang seinem Mandanten keine Auskunft<lb/> gegeben hatte, wurde in eine Geldstrafe von 50 Mark genommen. Dagegen<lb/> wurde ein Anwalt in zweiter Instanz freigesprochen, welcher am 16. Juni acht<lb/> am folgenden Tage in verschiednen Prozcßsachen auslesende Termine, worin er<lb/> zu handeln hatte, mittels Zustimmung des Gegners hatte verlegen lassen, um<lb/> an diesem Tage einer auswärtigen politischen Wahlversammlung beizuwohnen.<lb/> (Der Thatbestand ergiebt nicht, ob die neuen Termine schon in Kürze oder etwa<lb/> erst nach den Ferien angesetzt werden konnten; wodurch also die Prozesse um<lb/> ein volles Vierteljahr hinausgeschoben sein würden. Was würde man wohl<lb/> von einem Richter sagen, der, um eine Wahlversammlung zu besuchen, acht<lb/> Termine, bei welchen er Berichterstatter wäre, Tags zuvor aufkündigte?)</p><lb/> <p xml:id="ID_619" next="#ID_620"> Endlich find noch die Entscheidungen anzuführen, welche die Gebühren-<lb/> Verhältnisse betreffen. Auch auf diesem Gebiete wurden mehrfach Strafen er¬<lb/> kannt. Ein Anwalt, welcher einer Armenpartei beigeordnet war, von dieser<lb/> aber einen Geldvorschuß gefordert und dieselbe durch die Drohung der von ihm<lb/> herbeizuführenden Entziehung des Armenrechtes zur Zahlung zu nötigen versucht<lb/> hatte, wurde mit einem Verweise und einer Geldstrafe von 200 Mark bestraft.<lb/> Ein bei einem Amtsgericht zugelassener Anwalt hatte, um seine Praxis und<lb/> seine Gebührenemnnhme zu vergrößern, in 63 Fällen — in 27 Fällen sogar<lb/> ohne Vorverständiguug mit seinen Auftraggebern — Forderungen von mehr<lb/> als 300 Mark in geteilten Beträgen bei dem Amtsgerichte eingeklagt und da¬<lb/> durch erhebliche Mehrkosten für die Parteien veranlaßt. Der Ehrengerichtshof<lb/> nahm jedoch, „weil er nicht die Überzeugung gewonnen, daß der Angeklagte sich<lb/> der Unzulässigkeit seiner Verfahrungsweise bewußt gewesen," von der in erster<lb/> Instanz erkannten Geldbuße Umgang und erkannte mir auf einen Verweis. In einem<lb/> Ehescheidungsprozesse hatte der Anwalt seine in bedrängter Vermögenslage be¬<lb/> findliche Mandantin in den an einem entfernten Orte abgehaltenen Sühnetermin<lb/> begleitet, ohne sie über das Nutzlose seiner Mitwirkung zu belehren, ihr viel¬<lb/> mehr über die Kosten beruhigende Zusicherungen gegeben, dann aber gleichwohl<lb/> die sehr erheblichem Reisekosten ihr berechnet. Es ward auf Verweis und eine<lb/> Geldstrafe von 20 Mark erkannt. In einer Rechtssache über 684 Mark hatte<lb/> sich ein Anwalt von seinen Mandanten, den Klägern, ein Extrahoiwrnr von<lb/> 300 Mark versprechen lassen. Der Prozeß war auch infolge eines Eides der<lb/> Mitklägerin gewonnen worden; dann aber war diese des Meineids angeklagt<lb/> und zu Zuchthaus verurteilt worden. Gleichwohl berechnete sich der Anwalt</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0194]
Das ehrengerichtliche vorfahren gegen Rechtscmmcilto
berührte." Gegen einen Anwalt, der für eine in Amerika wohnende Witwe eine
Nachlaßregulirung übernommen, die Erfüllung dieses Auftrages aber „auffallend
lange Zeit" vernachlässigt und dadurch seine Mandantin in Schaden gebracht
hatte, wurde in erster Instanz auf Verweis erkannt, welchem jedoch der Ehren-
gcrichtshof noch 300 Mark Geldstrafe hinzufügte. Ein Anwalt, welcher die ihm
aufgetragene Nachsuchung von Restitution über unsichere Verhandlungen mit der
Gegenpartei versäumt und dann monatelang seinem Mandanten keine Auskunft
gegeben hatte, wurde in eine Geldstrafe von 50 Mark genommen. Dagegen
wurde ein Anwalt in zweiter Instanz freigesprochen, welcher am 16. Juni acht
am folgenden Tage in verschiednen Prozcßsachen auslesende Termine, worin er
zu handeln hatte, mittels Zustimmung des Gegners hatte verlegen lassen, um
an diesem Tage einer auswärtigen politischen Wahlversammlung beizuwohnen.
(Der Thatbestand ergiebt nicht, ob die neuen Termine schon in Kürze oder etwa
erst nach den Ferien angesetzt werden konnten; wodurch also die Prozesse um
ein volles Vierteljahr hinausgeschoben sein würden. Was würde man wohl
von einem Richter sagen, der, um eine Wahlversammlung zu besuchen, acht
Termine, bei welchen er Berichterstatter wäre, Tags zuvor aufkündigte?)
Endlich find noch die Entscheidungen anzuführen, welche die Gebühren-
Verhältnisse betreffen. Auch auf diesem Gebiete wurden mehrfach Strafen er¬
kannt. Ein Anwalt, welcher einer Armenpartei beigeordnet war, von dieser
aber einen Geldvorschuß gefordert und dieselbe durch die Drohung der von ihm
herbeizuführenden Entziehung des Armenrechtes zur Zahlung zu nötigen versucht
hatte, wurde mit einem Verweise und einer Geldstrafe von 200 Mark bestraft.
Ein bei einem Amtsgericht zugelassener Anwalt hatte, um seine Praxis und
seine Gebührenemnnhme zu vergrößern, in 63 Fällen — in 27 Fällen sogar
ohne Vorverständiguug mit seinen Auftraggebern — Forderungen von mehr
als 300 Mark in geteilten Beträgen bei dem Amtsgerichte eingeklagt und da¬
durch erhebliche Mehrkosten für die Parteien veranlaßt. Der Ehrengerichtshof
nahm jedoch, „weil er nicht die Überzeugung gewonnen, daß der Angeklagte sich
der Unzulässigkeit seiner Verfahrungsweise bewußt gewesen," von der in erster
Instanz erkannten Geldbuße Umgang und erkannte mir auf einen Verweis. In einem
Ehescheidungsprozesse hatte der Anwalt seine in bedrängter Vermögenslage be¬
findliche Mandantin in den an einem entfernten Orte abgehaltenen Sühnetermin
begleitet, ohne sie über das Nutzlose seiner Mitwirkung zu belehren, ihr viel¬
mehr über die Kosten beruhigende Zusicherungen gegeben, dann aber gleichwohl
die sehr erheblichem Reisekosten ihr berechnet. Es ward auf Verweis und eine
Geldstrafe von 20 Mark erkannt. In einer Rechtssache über 684 Mark hatte
sich ein Anwalt von seinen Mandanten, den Klägern, ein Extrahoiwrnr von
300 Mark versprechen lassen. Der Prozeß war auch infolge eines Eides der
Mitklägerin gewonnen worden; dann aber war diese des Meineids angeklagt
und zu Zuchthaus verurteilt worden. Gleichwohl berechnete sich der Anwalt
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