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Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Viertes Quartal.

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Die evangelische Allianz vom Icchre 1^635.

ernstliche oWoüs keineswegs ermangeln lassen, anch Unsere evangelischen Mit¬
stände bei verschiedenen Oceasionen zu einem gleichmäßigen Eifer aufgemuntert.
Wir wären auch nochmalen der gänzlichen Meinung, daß Wir und andere
evangelische Puissancen es dermaleinst vor dem Allerhöchsten schwer zu verant¬
worten haben würden, wann Wir diese intendirte Ausrottung des reinen
Evcmgelii gleichsam mit gebundenen Händen noch ferner ansehen sollten, da
hingegen die Papisten an Ausbreitung ihrer Idolatrie und Aberglaubens großer
Applikation und Fleiß von Tage zu Tagen immermehr avaneiren. Wir wären
auch bereit mit dem Staat und anderen Unsern Glaubensverwandten hierüber
in ein besonderes Konzert zu treten, verlangten uun darüber ihre Gedanken zu
vernehmen und sollte Uns nichts lieber sein, als wenn bei seiner, Unseres
Gcheimrates, Anwesenheit im Haag wenigstens ein gewisser Plan formirt
werden könnte, welchergestalt hierunter mit den sämtlichen evangelischen Puissancen
in Europa zu einer gemeinsamen Restitution zu kommen, weil leichtsam zu er¬
achten, daß die Sache darauf weit größere Reflexion würde genommen werden,
als wann ein oder anderen dieswegen etwas einzeln geschehen oder vorgenommen
werden sollte."

Als nun Fuchs im Haag eintraf, waren, wie er selbst berichtet, "aller
Angen und Ohren auf ihn gerichtet." Man sagte sich mit Recht, daß Friedrich
Wilhelm wohl schwerlich einen seiner befähigtsten Minister um so geringer Ur¬
sachen willen auf die Reise geschickt habe, hier müsse etwas Bedeutsameres vorgehen
sollen. Mit Spannung sah man daher dem Moment entgegen, in dein Fuchs
vor die versammelten Generalstaaten treten und die Ursache seines Kommens
darlegen würde. Inzwischen hatte sich die nach Neuigkeiten haschende Menge
in mehr als einer Beziehung mit Fressens Mission beschäftigt. "Es wäre zu
verwundern -- sagte der Prinz von Oranien, als er Fuchs empfing --, was vor
unerhörte Lügen man von seiner Kommission aussprcngete." Dieselben gingen
nicht zum wenigsten von der Partei aus, welche den Erfolg dieser Mission
hintertreiben wollte. Der englische Gesandte Scheltoe hatte sich gegen den
Oranier dahin ausgesprochen, daß Fuchs unter anderen instruirt wäre, "eine
Neligionsallianz Wider die Papisten zu Proponiren." Nun sahen die in den
Generalstaaten maßgebenden Persönlichkeiten höchst ungern, daß bereits der
geheimste Punkt dieser Sendung aus Licht gezogen und von der Menge erörtert
war. Es schien deshalb das geratenste, daß Fuchs in seiner Audienz bei den
Generalstaaten und anch in den folgenden Konferenzen bis auf weiteres das
wegließ, was in der Instruktion "wegen des Puukts der Religion" gesagt war.
Gleichzeitig bezeugten ihm jedoch der Natspensionarius Fagel und andre ihre
Geneigtheit, mit ihm über diesen Punkt zu disputiren. In den Vordergrund
der Verhandlung wurde die Frage der rückständigen Subsidiengelder geschoben.

"Ob ich es werde dahin bringen können -- schreibt Fuchs Mitte Juni an
Friedrich Wilhelm --, daß man gleich jetzo die Allianz erneuere, weiß ich garnicht,


Die evangelische Allianz vom Icchre 1^635.

ernstliche oWoüs keineswegs ermangeln lassen, anch Unsere evangelischen Mit¬
stände bei verschiedenen Oceasionen zu einem gleichmäßigen Eifer aufgemuntert.
Wir wären auch nochmalen der gänzlichen Meinung, daß Wir und andere
evangelische Puissancen es dermaleinst vor dem Allerhöchsten schwer zu verant¬
worten haben würden, wann Wir diese intendirte Ausrottung des reinen
Evcmgelii gleichsam mit gebundenen Händen noch ferner ansehen sollten, da
hingegen die Papisten an Ausbreitung ihrer Idolatrie und Aberglaubens großer
Applikation und Fleiß von Tage zu Tagen immermehr avaneiren. Wir wären
auch bereit mit dem Staat und anderen Unsern Glaubensverwandten hierüber
in ein besonderes Konzert zu treten, verlangten uun darüber ihre Gedanken zu
vernehmen und sollte Uns nichts lieber sein, als wenn bei seiner, Unseres
Gcheimrates, Anwesenheit im Haag wenigstens ein gewisser Plan formirt
werden könnte, welchergestalt hierunter mit den sämtlichen evangelischen Puissancen
in Europa zu einer gemeinsamen Restitution zu kommen, weil leichtsam zu er¬
achten, daß die Sache darauf weit größere Reflexion würde genommen werden,
als wann ein oder anderen dieswegen etwas einzeln geschehen oder vorgenommen
werden sollte."

Als nun Fuchs im Haag eintraf, waren, wie er selbst berichtet, „aller
Angen und Ohren auf ihn gerichtet." Man sagte sich mit Recht, daß Friedrich
Wilhelm wohl schwerlich einen seiner befähigtsten Minister um so geringer Ur¬
sachen willen auf die Reise geschickt habe, hier müsse etwas Bedeutsameres vorgehen
sollen. Mit Spannung sah man daher dem Moment entgegen, in dein Fuchs
vor die versammelten Generalstaaten treten und die Ursache seines Kommens
darlegen würde. Inzwischen hatte sich die nach Neuigkeiten haschende Menge
in mehr als einer Beziehung mit Fressens Mission beschäftigt. „Es wäre zu
verwundern — sagte der Prinz von Oranien, als er Fuchs empfing —, was vor
unerhörte Lügen man von seiner Kommission aussprcngete." Dieselben gingen
nicht zum wenigsten von der Partei aus, welche den Erfolg dieser Mission
hintertreiben wollte. Der englische Gesandte Scheltoe hatte sich gegen den
Oranier dahin ausgesprochen, daß Fuchs unter anderen instruirt wäre, „eine
Neligionsallianz Wider die Papisten zu Proponiren." Nun sahen die in den
Generalstaaten maßgebenden Persönlichkeiten höchst ungern, daß bereits der
geheimste Punkt dieser Sendung aus Licht gezogen und von der Menge erörtert
war. Es schien deshalb das geratenste, daß Fuchs in seiner Audienz bei den
Generalstaaten und anch in den folgenden Konferenzen bis auf weiteres das
wegließ, was in der Instruktion „wegen des Puukts der Religion" gesagt war.
Gleichzeitig bezeugten ihm jedoch der Natspensionarius Fagel und andre ihre
Geneigtheit, mit ihm über diesen Punkt zu disputiren. In den Vordergrund
der Verhandlung wurde die Frage der rückständigen Subsidiengelder geschoben.

„Ob ich es werde dahin bringen können — schreibt Fuchs Mitte Juni an
Friedrich Wilhelm —, daß man gleich jetzo die Allianz erneuere, weiß ich garnicht,


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[0146] Die evangelische Allianz vom Icchre 1^635. ernstliche oWoüs keineswegs ermangeln lassen, anch Unsere evangelischen Mit¬ stände bei verschiedenen Oceasionen zu einem gleichmäßigen Eifer aufgemuntert. Wir wären auch nochmalen der gänzlichen Meinung, daß Wir und andere evangelische Puissancen es dermaleinst vor dem Allerhöchsten schwer zu verant¬ worten haben würden, wann Wir diese intendirte Ausrottung des reinen Evcmgelii gleichsam mit gebundenen Händen noch ferner ansehen sollten, da hingegen die Papisten an Ausbreitung ihrer Idolatrie und Aberglaubens großer Applikation und Fleiß von Tage zu Tagen immermehr avaneiren. Wir wären auch bereit mit dem Staat und anderen Unsern Glaubensverwandten hierüber in ein besonderes Konzert zu treten, verlangten uun darüber ihre Gedanken zu vernehmen und sollte Uns nichts lieber sein, als wenn bei seiner, Unseres Gcheimrates, Anwesenheit im Haag wenigstens ein gewisser Plan formirt werden könnte, welchergestalt hierunter mit den sämtlichen evangelischen Puissancen in Europa zu einer gemeinsamen Restitution zu kommen, weil leichtsam zu er¬ achten, daß die Sache darauf weit größere Reflexion würde genommen werden, als wann ein oder anderen dieswegen etwas einzeln geschehen oder vorgenommen werden sollte." Als nun Fuchs im Haag eintraf, waren, wie er selbst berichtet, „aller Angen und Ohren auf ihn gerichtet." Man sagte sich mit Recht, daß Friedrich Wilhelm wohl schwerlich einen seiner befähigtsten Minister um so geringer Ur¬ sachen willen auf die Reise geschickt habe, hier müsse etwas Bedeutsameres vorgehen sollen. Mit Spannung sah man daher dem Moment entgegen, in dein Fuchs vor die versammelten Generalstaaten treten und die Ursache seines Kommens darlegen würde. Inzwischen hatte sich die nach Neuigkeiten haschende Menge in mehr als einer Beziehung mit Fressens Mission beschäftigt. „Es wäre zu verwundern — sagte der Prinz von Oranien, als er Fuchs empfing —, was vor unerhörte Lügen man von seiner Kommission aussprcngete." Dieselben gingen nicht zum wenigsten von der Partei aus, welche den Erfolg dieser Mission hintertreiben wollte. Der englische Gesandte Scheltoe hatte sich gegen den Oranier dahin ausgesprochen, daß Fuchs unter anderen instruirt wäre, „eine Neligionsallianz Wider die Papisten zu Proponiren." Nun sahen die in den Generalstaaten maßgebenden Persönlichkeiten höchst ungern, daß bereits der geheimste Punkt dieser Sendung aus Licht gezogen und von der Menge erörtert war. Es schien deshalb das geratenste, daß Fuchs in seiner Audienz bei den Generalstaaten und anch in den folgenden Konferenzen bis auf weiteres das wegließ, was in der Instruktion „wegen des Puukts der Religion" gesagt war. Gleichzeitig bezeugten ihm jedoch der Natspensionarius Fagel und andre ihre Geneigtheit, mit ihm über diesen Punkt zu disputiren. In den Vordergrund der Verhandlung wurde die Frage der rückständigen Subsidiengelder geschoben. „Ob ich es werde dahin bringen können — schreibt Fuchs Mitte Juni an Friedrich Wilhelm —, daß man gleich jetzo die Allianz erneuere, weiß ich garnicht,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Viertes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341841_196733/146>, abgerufen am 15.01.2025.