Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Viertes Quartal.Frankreich sich auf Grund wenig legitimirter Erbansprüche uuter die Zahl der Das einzige Mittel, dem überall siegreich vordringenden Papismus, mit dem Schon im Frühjahre 1634 hatte der brandenburgische Resident im Haag, Vvnseiten der Herren Staaten ging keine offizielle Antwort auf jeues Frankreich sich auf Grund wenig legitimirter Erbansprüche uuter die Zahl der Das einzige Mittel, dem überall siegreich vordringenden Papismus, mit dem Schon im Frühjahre 1634 hatte der brandenburgische Resident im Haag, Vvnseiten der Herren Staaten ging keine offizielle Antwort auf jeues <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0143" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/196877"/> <fw type="header" place="top"/><lb/> <p xml:id="ID_402" prev="#ID_401"> Frankreich sich auf Grund wenig legitimirter Erbansprüche uuter die Zahl der<lb/> Reichsfürsten zu drängen suchte, „Es seind gewißlich, schreibt derselbe Zeit¬<lb/> genosse, zwei schwere Fälle, womit Gott in diesem Jahre seine Kirchen heimsuchet,<lb/> sonder Zweifel weil bei denen meisten mehr Religion im Munde als im Herzen<lb/> gefunden wird,"</p><lb/> <p xml:id="ID_403"> Das einzige Mittel, dem überall siegreich vordringenden Papismus, mit dem<lb/> sich der monarchische Absolutismus Frankreichs gepaart hatte, entgegenzutreten,<lb/> schien eine Vereinigung aller hierbei Jnteressirteu zu sein. Die gegenwärtig<lb/> drohende Gefahr hatte aber neben ihrer kirchlichen noch eine eminent politische<lb/> Bedeutung, Es gute daher einerseits, eine Allianz der evangelischen Mächte zu<lb/> schaffen, deren Kern die beiden reformirten Staaten, Brandenburg und Holland,<lb/> bilden mußten, anderseits eine Allianz aller bedrohten politischen Existenzen in<lb/> und außer dem Reiche, deren Kern nur die beiden deutschen „Potenzen," der<lb/> Kaiser und Kurbrandcnburg, sein konnten.</p><lb/> <p xml:id="ID_404"> Schon im Frühjahre 1634 hatte der brandenburgische Resident im Haag,<lb/> von Diese, in einer Konferenz bei den Staaten auf das gemeinsame Interesse<lb/> der Religion hingedeutet. Er riet ihnen dabei ub, Ludwig den Vierzehnten zu<lb/> reizen, denn dadurch „hazardirten sie nicht nur ihrer Provinzen Religion und<lb/> Freiheit, sondern die von ganz Europa." Allerdings war das Verhältnis<lb/> Friedrich Wilhelms zu den Staaten damals kein besonders intimes, aber die<lb/> Spannung, welche zwischen beiden eingetreten war, beruhte doch nicht auf nnaus-<lb/> gleichbaren, sachlich tiefgehenden Differenzen, sondern hatte vielmehr ihren Grund<lb/> in den Parteiungen, in welche die Staaten zerrissen waren. Frankreichs Einfluß<lb/> war dabei nicht gering und vermochte es sogar dahin zu bringen, daß der<lb/> holländische Gesandte Amerongen Ende 1684 aus Berlin abberufen wurde.<lb/> Seine Reise in die Heimat benutzte nun Friedrich Wilhelm, um ihn zum Über¬<lb/> bringer des dringlichsten Wunsches zu machen, daß die Staaten ihre Truppen<lb/> nicht reduziren möchten. Ferner sollte er in Privatgesprächen mit den ausschlag¬<lb/> gebenden Persönlichkeiten des Haags andeuten, daß der Kurfürst sich mit dem<lb/> Gedanken eines Bundes der evangelischen Mächte trage. Friedrich Wilhelm<lb/> wühlte diesen Weg, weil er so sich gesichert glaubte, daß nicht die nächste Post<lb/> seine Pläne vom Haag nach Paris trug.</p><lb/> <p xml:id="ID_405" next="#ID_406"> Vvnseiten der Herren Staaten ging keine offizielle Antwort auf jeues<lb/> Projekt ein, wohl aber zeigte der Prinz von Oranien sich geneigt, darauf ein¬<lb/> zugehen. Denn er wußte sehr wohl, daß Frankreich in erster Linie den Zwist<lb/> zwischen ihm und Amsterdam schürte, und daß jedes Vorgehen gegen diese Macht<lb/> zur Beilegung des innern Zwistes beitragen konnte. Mit Beginn des Jahres<lb/> 1685 sandte daher Wilhelm im tiefsten Geheimnis den französischen Prediger<lb/> Gauttier nach Berlin, um sein Einverständnis mit der Schöpfung eines evan¬<lb/> gelischen Bundes zu erkennen zu geben. Der Kurfürst, ließ er sagen, müsse sich<lb/> an die Spitze stellen, er aber werde ihm in allem folgen, ihn mit allen seinen</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0143]
Frankreich sich auf Grund wenig legitimirter Erbansprüche uuter die Zahl der
Reichsfürsten zu drängen suchte, „Es seind gewißlich, schreibt derselbe Zeit¬
genosse, zwei schwere Fälle, womit Gott in diesem Jahre seine Kirchen heimsuchet,
sonder Zweifel weil bei denen meisten mehr Religion im Munde als im Herzen
gefunden wird,"
Das einzige Mittel, dem überall siegreich vordringenden Papismus, mit dem
sich der monarchische Absolutismus Frankreichs gepaart hatte, entgegenzutreten,
schien eine Vereinigung aller hierbei Jnteressirteu zu sein. Die gegenwärtig
drohende Gefahr hatte aber neben ihrer kirchlichen noch eine eminent politische
Bedeutung, Es gute daher einerseits, eine Allianz der evangelischen Mächte zu
schaffen, deren Kern die beiden reformirten Staaten, Brandenburg und Holland,
bilden mußten, anderseits eine Allianz aller bedrohten politischen Existenzen in
und außer dem Reiche, deren Kern nur die beiden deutschen „Potenzen," der
Kaiser und Kurbrandcnburg, sein konnten.
Schon im Frühjahre 1634 hatte der brandenburgische Resident im Haag,
von Diese, in einer Konferenz bei den Staaten auf das gemeinsame Interesse
der Religion hingedeutet. Er riet ihnen dabei ub, Ludwig den Vierzehnten zu
reizen, denn dadurch „hazardirten sie nicht nur ihrer Provinzen Religion und
Freiheit, sondern die von ganz Europa." Allerdings war das Verhältnis
Friedrich Wilhelms zu den Staaten damals kein besonders intimes, aber die
Spannung, welche zwischen beiden eingetreten war, beruhte doch nicht auf nnaus-
gleichbaren, sachlich tiefgehenden Differenzen, sondern hatte vielmehr ihren Grund
in den Parteiungen, in welche die Staaten zerrissen waren. Frankreichs Einfluß
war dabei nicht gering und vermochte es sogar dahin zu bringen, daß der
holländische Gesandte Amerongen Ende 1684 aus Berlin abberufen wurde.
Seine Reise in die Heimat benutzte nun Friedrich Wilhelm, um ihn zum Über¬
bringer des dringlichsten Wunsches zu machen, daß die Staaten ihre Truppen
nicht reduziren möchten. Ferner sollte er in Privatgesprächen mit den ausschlag¬
gebenden Persönlichkeiten des Haags andeuten, daß der Kurfürst sich mit dem
Gedanken eines Bundes der evangelischen Mächte trage. Friedrich Wilhelm
wühlte diesen Weg, weil er so sich gesichert glaubte, daß nicht die nächste Post
seine Pläne vom Haag nach Paris trug.
Vvnseiten der Herren Staaten ging keine offizielle Antwort auf jeues
Projekt ein, wohl aber zeigte der Prinz von Oranien sich geneigt, darauf ein¬
zugehen. Denn er wußte sehr wohl, daß Frankreich in erster Linie den Zwist
zwischen ihm und Amsterdam schürte, und daß jedes Vorgehen gegen diese Macht
zur Beilegung des innern Zwistes beitragen konnte. Mit Beginn des Jahres
1685 sandte daher Wilhelm im tiefsten Geheimnis den französischen Prediger
Gauttier nach Berlin, um sein Einverständnis mit der Schöpfung eines evan¬
gelischen Bundes zu erkennen zu geben. Der Kurfürst, ließ er sagen, müsse sich
an die Spitze stellen, er aber werde ihm in allem folgen, ihn mit allen seinen
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