Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Viertes Quartal.banden und den Wahlquotienten nicht erreichenden isolirten Kandidaten zuer¬ ü. Proklainirung der Abgeordneten. Nachdem die Verteilung der Mandate unter die Parteiverbände der sechs Die Vorstände der einzelnen Wahlvereine werden also, wie schon oben an¬ banden und den Wahlquotienten nicht erreichenden isolirten Kandidaten zuer¬ ü. Proklainirung der Abgeordneten. Nachdem die Verteilung der Mandate unter die Parteiverbände der sechs Die Vorstände der einzelnen Wahlvereine werden also, wie schon oben an¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0132" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/196866"/> <fw type="header" place="top"/><lb/> <p xml:id="ID_360" prev="#ID_359"> banden und den Wahlquotienten nicht erreichenden isolirten Kandidaten zuer¬<lb/> kannt, welche die relativ höchsten Bruchteile aufzuweisen haben. In der obigen<lb/> Tabelle ist dem Fabrikbesitzer Müller in Elberfeld durch die 19423 Stimmen der<lb/> Sitz im Reichstage gesichert; die den Wahlquotienten überschießenden 4968<lb/> Stimmen gehen verloren. Die Erfahrung wird also voraussichtlich dahin<lb/> führen, daß isolirte Kandidaten immer seltener aufgestellt werden. Der Wagen¬<lb/> bauer Wende in Hannover reicht mit seinen 3632 Stimmen nicht an den niedrigsten<lb/> Überschuß der sechs Parteien heran, welche ein Znsatzmandat erhalten. Auch<lb/> diese Stimmen sind also nutzlos abgegeben, während sie bei Einfügung in einen<lb/> Parteiverbaud im günstigen Falle zu einer Vermehrung der Mandate mitwirken<lb/> würden, im ungünstigen doch den Votanten die Genugthuung bliebe, sich als<lb/> Parteigenossen durch die gewählten Abgeordneten als mitvertreten anzusehen.<lb/> Diese zweite Wahrnehmung müßte mit der Zeit gleichfalls der Vorliebe für<lb/> isvirte Kandidaten entgegenwirken.</p><lb/> </div> <div n="3"> <head> ü. Proklainirung der Abgeordneten.</head><lb/> <p xml:id="ID_361"> Nachdem die Verteilung der Mandate unter die Parteiverbände der sechs<lb/> Berufsklassen rechnungsmäßig festgestellt ist, schreitet die Reichswahlkommission<lb/> zur Ermittelung der Kandidaten, welche Anspruch auf einen Sitz haben. Hier<lb/> entscheidet die einfache, relative Stimmenmehrheit. Wer innerhalb eines Partei¬<lb/> verbandes die größte Anzahl Stimmen vereinigt hat, nimmt die erste Stelle auf<lb/> der Liste seiner Kollegen ein, ihm folgt der nunmehr Meistbegünstigte n. s. f.,<lb/> bis die Zahl der Mandate erschöpft ist. Im Fall sich die Wähler verschiedner<lb/> Berufsklassen, aber ein und desselben Parteiverbandes in der Wahl einer vielleicht<lb/> besonders populären Persönlichkeit vereinigt haben, so muß sich der Kandidat<lb/> entscheiden, welche Bernfsklcisse er vertreten will. Die Stimmen, auf welche er<lb/> verzichtet, bleiben dann dem Parteiverbande, dem sie angehören, erhalten und<lb/> kommen einem Ersatzkandidaten zu gute. Findet es sich, daß dem von einem<lb/> Parteiverbaude aufgestellten Kandidaten auch isolirte Stimmen zugefallen siud<lb/> (Stimmzettel ohne Parteiangabe), und entscheidet sich jener für das Verbleiben<lb/> im Verbände, so gehen die isolirten Stimmen, da kein Ersatzmann vorhanden<lb/> ist, unter allen Umständen verloren, ein Umstand, der zur Vorsicht bei der An¬<lb/> wendung rein persönlicher Begünstigung mahnen wird.</p><lb/> <p xml:id="ID_362" next="#ID_363"> Die Vorstände der einzelnen Wahlvereine werden also, wie schon oben an¬<lb/> gedeutet, Sorge tragen müssen, daß ihre Kandidatenliste nur die Namen solcher<lb/> Personen enthält, die nicht schon anderweitig aufgestellt wurden. Dies wird<lb/> sich durch vorherige Verabredung mit den Wcchlvercinen der andern Berufs¬<lb/> klassen ohne Schwierigkeit bewerkstelligen lassen. Das neue Verfahren bietet<lb/> in dieser Hinsicht eine Handhabe zur Eindämmung ehrgeiziger Gelüste poli¬<lb/> tischer Streber, welche etwa darauf bedacht wären, eine möglichst große Stimmen¬<lb/> zahl für ihre Person anzuwerben, um sich dadurch in den Augen der Masse</p><lb/> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0132]
banden und den Wahlquotienten nicht erreichenden isolirten Kandidaten zuer¬
kannt, welche die relativ höchsten Bruchteile aufzuweisen haben. In der obigen
Tabelle ist dem Fabrikbesitzer Müller in Elberfeld durch die 19423 Stimmen der
Sitz im Reichstage gesichert; die den Wahlquotienten überschießenden 4968
Stimmen gehen verloren. Die Erfahrung wird also voraussichtlich dahin
führen, daß isolirte Kandidaten immer seltener aufgestellt werden. Der Wagen¬
bauer Wende in Hannover reicht mit seinen 3632 Stimmen nicht an den niedrigsten
Überschuß der sechs Parteien heran, welche ein Znsatzmandat erhalten. Auch
diese Stimmen sind also nutzlos abgegeben, während sie bei Einfügung in einen
Parteiverbaud im günstigen Falle zu einer Vermehrung der Mandate mitwirken
würden, im ungünstigen doch den Votanten die Genugthuung bliebe, sich als
Parteigenossen durch die gewählten Abgeordneten als mitvertreten anzusehen.
Diese zweite Wahrnehmung müßte mit der Zeit gleichfalls der Vorliebe für
isvirte Kandidaten entgegenwirken.
ü. Proklainirung der Abgeordneten.
Nachdem die Verteilung der Mandate unter die Parteiverbände der sechs
Berufsklassen rechnungsmäßig festgestellt ist, schreitet die Reichswahlkommission
zur Ermittelung der Kandidaten, welche Anspruch auf einen Sitz haben. Hier
entscheidet die einfache, relative Stimmenmehrheit. Wer innerhalb eines Partei¬
verbandes die größte Anzahl Stimmen vereinigt hat, nimmt die erste Stelle auf
der Liste seiner Kollegen ein, ihm folgt der nunmehr Meistbegünstigte n. s. f.,
bis die Zahl der Mandate erschöpft ist. Im Fall sich die Wähler verschiedner
Berufsklassen, aber ein und desselben Parteiverbandes in der Wahl einer vielleicht
besonders populären Persönlichkeit vereinigt haben, so muß sich der Kandidat
entscheiden, welche Bernfsklcisse er vertreten will. Die Stimmen, auf welche er
verzichtet, bleiben dann dem Parteiverbande, dem sie angehören, erhalten und
kommen einem Ersatzkandidaten zu gute. Findet es sich, daß dem von einem
Parteiverbaude aufgestellten Kandidaten auch isolirte Stimmen zugefallen siud
(Stimmzettel ohne Parteiangabe), und entscheidet sich jener für das Verbleiben
im Verbände, so gehen die isolirten Stimmen, da kein Ersatzmann vorhanden
ist, unter allen Umständen verloren, ein Umstand, der zur Vorsicht bei der An¬
wendung rein persönlicher Begünstigung mahnen wird.
Die Vorstände der einzelnen Wahlvereine werden also, wie schon oben an¬
gedeutet, Sorge tragen müssen, daß ihre Kandidatenliste nur die Namen solcher
Personen enthält, die nicht schon anderweitig aufgestellt wurden. Dies wird
sich durch vorherige Verabredung mit den Wcchlvercinen der andern Berufs¬
klassen ohne Schwierigkeit bewerkstelligen lassen. Das neue Verfahren bietet
in dieser Hinsicht eine Handhabe zur Eindämmung ehrgeiziger Gelüste poli¬
tischer Streber, welche etwa darauf bedacht wären, eine möglichst große Stimmen¬
zahl für ihre Person anzuwerben, um sich dadurch in den Augen der Masse
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