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Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Drittes Quartal.

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Ostpreußische Skizzen.

einmal, daß die Gewinnung Ostpreußens einen ganz andern Charakter trage
als z. B. diejenige Kurlands und Lieflands, indem doch das Land der großen
Hauptsache nach bleibend mit Deutschen besiedelt oder die Bevölkerung in das
Deutschtum übergeführt worden sei; sodann, daß der Verkehr mit Russisch-
Polen und den südöstlich an dasselbe anstoßenden Teilen Rußlands nicht
etwa, wie man aus der erwähnten Darlegung schließen könnte, ein geringer,
sondern ein gewaltiger sei -- flutet doch der ganze Strom von Produkten
dieser Landstriche, durch ein Netz altbegründeter, hie und da fast zu Fak¬
toreien sich erhebender Verbindungen begünstigt, nach den Hafenplätzen der
Ostsee. Auf S. 76 und 77 ist vielleicht nicht genug hervorgehoben, daß
an Spalieren sowie unter sonstigen besondern Veranstaltungen auch in den
rauschte" Teilen der Provinz, so z. B. im Kreise Ragnit, noch das vorzüg¬
lichste Obst erzielt werden kann. Allerdings sollte sich das von selbst ver¬
stehen. S. 81 giebt vielleicht von dem Masuren, da hier mit wenigen und
im allgemeinen nicht lobenden Worten über ihn hinweggegangen wird, ein
zu ungünstiges Bild. Der Masure hat aber in der That vortreffliche Eigen¬
schaften; er ist ein fleißiger, genügsamer, im allgemeinen auch geistig geweckter
Mensch, der seiner vielfach so dürren Scholle immer noch etwas abzuringen
vermag. Sein schlimmster Feind ist allerdings der Schnaps.

Endlich hat man dem Verfasser auch versichert, in einigen Punkten seien
seine Darstellungen übertrieben und ungenau, oder fänden nur auf ganz be¬
stimmte Einzelvcrhältnisfe Anwendung. So treffe es doch im allgemeinen nur
in der Nähe der Seen zu, daß (S. 76) die wasserführende Schicht so nahe
nnter der Oberfläche ist, um dem Aufkommen hochstämmiger Bäume Schwierig¬
keiten in den Weg z" legen. Wenn man das "in der Nähe der Seen" gelegene
Gebiet abrechnet, so bleibt allerdings in manchen Teilen Ostpreußens uicht
viel übrig -- aber die Berichtigung soll doch ihre Stelle finden. Was die
Hntweiden (S. 76) betrifft, so sei doch nicht zu vergesse", daß auch diese von
zahlreichen Besitzern für ihren Betrieb nutzbar gemacht worden seien. Daß
Stoppelrnbcn und dergleichen (ebenda) nicht mehr gebaut werden konnten, sei
nur sehr teilweise richtig; es genüge zu sagen, daß dieser Anbau allerdings
geringer sei als in Mittel- und Westdeutschland. Daß (S. 77) in den Land¬
strichen des nördlicheren und östlicheren Lithauens Weizen und Ölfrüchte nicht
mehr viel gebaut wurden, sei richtig, habe aber seinen Grund viel mehr in der
Beschaffenheit des dortigen Bodens als im Klima. Wenn eben ein Boden nur
Noggeuboden sei, so könne man doch nicht sagen, der Weizen komme nicht mehr
fort. Daß der "schwarze" und der "rote Lehm" die S. 77. angegebenen
Eigenschaften habe, sei gleichfalls richtig, aber doch in dein Maße nur dann,
wenn der Boden nicht in hoher, gleichmäßig unterhaltener Kultur stehe. End¬
lich versichert man dem Verfasser, und er kann dies einigermaßen aus eigner
Anschauung bestätigen, daß die S. 81 erwähnten Unsitten, so des Schlafens


Grenzlwten III. 1885. 8
Ostpreußische Skizzen.

einmal, daß die Gewinnung Ostpreußens einen ganz andern Charakter trage
als z. B. diejenige Kurlands und Lieflands, indem doch das Land der großen
Hauptsache nach bleibend mit Deutschen besiedelt oder die Bevölkerung in das
Deutschtum übergeführt worden sei; sodann, daß der Verkehr mit Russisch-
Polen und den südöstlich an dasselbe anstoßenden Teilen Rußlands nicht
etwa, wie man aus der erwähnten Darlegung schließen könnte, ein geringer,
sondern ein gewaltiger sei — flutet doch der ganze Strom von Produkten
dieser Landstriche, durch ein Netz altbegründeter, hie und da fast zu Fak¬
toreien sich erhebender Verbindungen begünstigt, nach den Hafenplätzen der
Ostsee. Auf S. 76 und 77 ist vielleicht nicht genug hervorgehoben, daß
an Spalieren sowie unter sonstigen besondern Veranstaltungen auch in den
rauschte» Teilen der Provinz, so z. B. im Kreise Ragnit, noch das vorzüg¬
lichste Obst erzielt werden kann. Allerdings sollte sich das von selbst ver¬
stehen. S. 81 giebt vielleicht von dem Masuren, da hier mit wenigen und
im allgemeinen nicht lobenden Worten über ihn hinweggegangen wird, ein
zu ungünstiges Bild. Der Masure hat aber in der That vortreffliche Eigen¬
schaften; er ist ein fleißiger, genügsamer, im allgemeinen auch geistig geweckter
Mensch, der seiner vielfach so dürren Scholle immer noch etwas abzuringen
vermag. Sein schlimmster Feind ist allerdings der Schnaps.

Endlich hat man dem Verfasser auch versichert, in einigen Punkten seien
seine Darstellungen übertrieben und ungenau, oder fänden nur auf ganz be¬
stimmte Einzelvcrhältnisfe Anwendung. So treffe es doch im allgemeinen nur
in der Nähe der Seen zu, daß (S. 76) die wasserführende Schicht so nahe
nnter der Oberfläche ist, um dem Aufkommen hochstämmiger Bäume Schwierig¬
keiten in den Weg z» legen. Wenn man das „in der Nähe der Seen" gelegene
Gebiet abrechnet, so bleibt allerdings in manchen Teilen Ostpreußens uicht
viel übrig — aber die Berichtigung soll doch ihre Stelle finden. Was die
Hntweiden (S. 76) betrifft, so sei doch nicht zu vergesse», daß auch diese von
zahlreichen Besitzern für ihren Betrieb nutzbar gemacht worden seien. Daß
Stoppelrnbcn und dergleichen (ebenda) nicht mehr gebaut werden konnten, sei
nur sehr teilweise richtig; es genüge zu sagen, daß dieser Anbau allerdings
geringer sei als in Mittel- und Westdeutschland. Daß (S. 77) in den Land¬
strichen des nördlicheren und östlicheren Lithauens Weizen und Ölfrüchte nicht
mehr viel gebaut wurden, sei richtig, habe aber seinen Grund viel mehr in der
Beschaffenheit des dortigen Bodens als im Klima. Wenn eben ein Boden nur
Noggeuboden sei, so könne man doch nicht sagen, der Weizen komme nicht mehr
fort. Daß der „schwarze" und der „rote Lehm" die S. 77. angegebenen
Eigenschaften habe, sei gleichfalls richtig, aber doch in dein Maße nur dann,
wenn der Boden nicht in hoher, gleichmäßig unterhaltener Kultur stehe. End¬
lich versichert man dem Verfasser, und er kann dies einigermaßen aus eigner
Anschauung bestätigen, daß die S. 81 erwähnten Unsitten, so des Schlafens


Grenzlwten III. 1885. 8
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341841_196099/65>, abgerufen am 25.11.2024.