Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Drittes Quartal.neue, auf welchem die Wirtschaft mittels der Arbeit sich aufbaut, und welcher Man würde mich indessen aufs ärgste mißverstehen, wenn man glauben wollte, Wenn Kapital eine Frucht, ein Erzeugnis der Arbeit ist und wenn es Die Lohnstatistik des Vereins deutscher Eisen- und Stnhlindustriellen z. B. ton-
stcuirt, daß gegen 1879 die Zahl der Arbeiter in 20g Werken wu 40,S Prozent, der durch¬ schnittliche Lohn um 56,S Prozent zugenvnnueu hat, während gleichzeitig die Dividende der unter den 206 Werken befindlichen 3!) Aktiengesellschaften von 2,57 Prozent aus ö,78 Prozent gestiegen ist. neue, auf welchem die Wirtschaft mittels der Arbeit sich aufbaut, und welcher Man würde mich indessen aufs ärgste mißverstehen, wenn man glauben wollte, Wenn Kapital eine Frucht, ein Erzeugnis der Arbeit ist und wenn es Die Lohnstatistik des Vereins deutscher Eisen- und Stnhlindustriellen z. B. ton-
stcuirt, daß gegen 1879 die Zahl der Arbeiter in 20g Werken wu 40,S Prozent, der durch¬ schnittliche Lohn um 56,S Prozent zugenvnnueu hat, während gleichzeitig die Dividende der unter den 206 Werken befindlichen 3!) Aktiengesellschaften von 2,57 Prozent aus ö,78 Prozent gestiegen ist. <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0555" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/196655"/> <fw type="header" place="top"/><lb/> <p xml:id="ID_2099" prev="#ID_2098"> neue, auf welchem die Wirtschaft mittels der Arbeit sich aufbaut, und welcher<lb/> Zwist auch zwischen Arbeit und Kapital, zwischen Vergangenheit und Gegen¬<lb/> wart bestehen mag, es ist, wie gesagt, ein Zwist innerhalb der Familie, sie sind<lb/> lind bleiben anf einander angewiesen, und wenn sie sich ernstlich einander be¬<lb/> kriegen, so wüten sie gegen ihr eignes Fleisch und Blut,</p><lb/> <p xml:id="ID_2100"> Man würde mich indessen aufs ärgste mißverstehen, wenn man glauben wollte,<lb/> ich fände alles in schönster Ordnung, ich meinte, die Verteilung des Prvdultions-<lb/> gewinnes zwischen Arbeit und Kapital, oder genauer zwischen Arbeit und Unter¬<lb/> nehmer, sei keiner Änderung fähig, es gäbe keine Arbeiterfrage und dergleichen<lb/> mehr. Im Gegenteil, ich bin von der Überzeugung durchdrungen, daß in sehr<lb/> vielen Fällen der Anteil der eigentlichen Arbeit am Produktivnsgewiuue einer<lb/> demi Arbeiter günstigeren Regelung bedürftig und auch fähig sei, daß der Begriff<lb/> der Produktionskosten insofern einer Erweiterung bedürfe, als ebenso wie die<lb/> Abnutzung der Werkzeuge auch die Abnutzung der menschlichen Arbeitskraft ein-<lb/> zubeziehen sei. Davon zu sprechen, behalte ich mir für einen spätern Aufsatz<lb/> vor. Im vorliegenden Aufsatz will ich nichts weiter als auch einmal das Ka¬<lb/> pital zum Worte kommeu lassen, das, wenn auch allgemein und stürmisch be¬<lb/> gehrt, gleichwohl in der öffentlichen Erörterung als Stiefkind behandelt und<lb/> mißgünstig betrachtet wird.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <p xml:id="ID_2101" next="#ID_2102"> Wenn Kapital eine Frucht, ein Erzeugnis der Arbeit ist und wenn es<lb/> durch Arbeit seine Nutzung findet, so ist es schon aus diesem Grnnde sehr<lb/> wahrscheinlich, daß die Arbeit und das Kapital an und für sich keine feindlichen<lb/> Interessen haben. Auch sehen wir in der That, wenn wir sorgfältig und<lb/> ohne Voreingenommenheit die Dinge untersuchen, daß die Beschwerde der Arbeiter,<lb/> man verkürze ihren natürlichen Anteil an dem Werte der durch ihre Hände er¬<lb/> zeugten Gitter, uicht gegen das Kapital gerichtet sein kann. Denn nicht das<lb/> Kapital ist es, welches anf Kosten der Arbeiter gewönne, sonst wäre es nicht<lb/> möglich, daß Kapital und Arbeit gleichzeitig unter niedrigem Preise litten,<lb/> d. h. daß Zins und Lohn zur selben Zeit gedrückt wären oder daß beide gleich¬<lb/> zeitig steigen könnten. Und doch ist dies nicht selten der Fall.*) Die gemeine<lb/> Lehre lautet freilich anders. Indem sie von dem Vordersatze ausgeht, daß<lb/> Kapital und Arbeit die alleinigen Elemente der Produktion seien, kann sie es<lb/> nur dem Egoismus des „mächtigen" Kapitals Anschreiben, wenn der Arbeiter<lb/> Not leidet. Allein jener Vordersatz ist falsch! Kapital und Arbeit sind zwar<lb/> Elemente der Gütererzeugung, aber für sich allein vermögen sie nichts, es muß</p><lb/> <note xml:id="FID_34" place="foot"> Die Lohnstatistik des Vereins deutscher Eisen- und Stnhlindustriellen z. B. ton-<lb/> stcuirt, daß gegen 1879 die Zahl der Arbeiter in 20g Werken wu 40,S Prozent, der durch¬<lb/> schnittliche Lohn um 56,S Prozent zugenvnnueu hat, während gleichzeitig die Dividende der<lb/> unter den 206 Werken befindlichen 3!) Aktiengesellschaften von 2,57 Prozent aus ö,78 Prozent<lb/> gestiegen ist.</note><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0555]
neue, auf welchem die Wirtschaft mittels der Arbeit sich aufbaut, und welcher
Zwist auch zwischen Arbeit und Kapital, zwischen Vergangenheit und Gegen¬
wart bestehen mag, es ist, wie gesagt, ein Zwist innerhalb der Familie, sie sind
lind bleiben anf einander angewiesen, und wenn sie sich ernstlich einander be¬
kriegen, so wüten sie gegen ihr eignes Fleisch und Blut,
Man würde mich indessen aufs ärgste mißverstehen, wenn man glauben wollte,
ich fände alles in schönster Ordnung, ich meinte, die Verteilung des Prvdultions-
gewinnes zwischen Arbeit und Kapital, oder genauer zwischen Arbeit und Unter¬
nehmer, sei keiner Änderung fähig, es gäbe keine Arbeiterfrage und dergleichen
mehr. Im Gegenteil, ich bin von der Überzeugung durchdrungen, daß in sehr
vielen Fällen der Anteil der eigentlichen Arbeit am Produktivnsgewiuue einer
demi Arbeiter günstigeren Regelung bedürftig und auch fähig sei, daß der Begriff
der Produktionskosten insofern einer Erweiterung bedürfe, als ebenso wie die
Abnutzung der Werkzeuge auch die Abnutzung der menschlichen Arbeitskraft ein-
zubeziehen sei. Davon zu sprechen, behalte ich mir für einen spätern Aufsatz
vor. Im vorliegenden Aufsatz will ich nichts weiter als auch einmal das Ka¬
pital zum Worte kommeu lassen, das, wenn auch allgemein und stürmisch be¬
gehrt, gleichwohl in der öffentlichen Erörterung als Stiefkind behandelt und
mißgünstig betrachtet wird.
Wenn Kapital eine Frucht, ein Erzeugnis der Arbeit ist und wenn es
durch Arbeit seine Nutzung findet, so ist es schon aus diesem Grnnde sehr
wahrscheinlich, daß die Arbeit und das Kapital an und für sich keine feindlichen
Interessen haben. Auch sehen wir in der That, wenn wir sorgfältig und
ohne Voreingenommenheit die Dinge untersuchen, daß die Beschwerde der Arbeiter,
man verkürze ihren natürlichen Anteil an dem Werte der durch ihre Hände er¬
zeugten Gitter, uicht gegen das Kapital gerichtet sein kann. Denn nicht das
Kapital ist es, welches anf Kosten der Arbeiter gewönne, sonst wäre es nicht
möglich, daß Kapital und Arbeit gleichzeitig unter niedrigem Preise litten,
d. h. daß Zins und Lohn zur selben Zeit gedrückt wären oder daß beide gleich¬
zeitig steigen könnten. Und doch ist dies nicht selten der Fall.*) Die gemeine
Lehre lautet freilich anders. Indem sie von dem Vordersatze ausgeht, daß
Kapital und Arbeit die alleinigen Elemente der Produktion seien, kann sie es
nur dem Egoismus des „mächtigen" Kapitals Anschreiben, wenn der Arbeiter
Not leidet. Allein jener Vordersatz ist falsch! Kapital und Arbeit sind zwar
Elemente der Gütererzeugung, aber für sich allein vermögen sie nichts, es muß
Die Lohnstatistik des Vereins deutscher Eisen- und Stnhlindustriellen z. B. ton-
stcuirt, daß gegen 1879 die Zahl der Arbeiter in 20g Werken wu 40,S Prozent, der durch¬
schnittliche Lohn um 56,S Prozent zugenvnnueu hat, während gleichzeitig die Dividende der
unter den 206 Werken befindlichen 3!) Aktiengesellschaften von 2,57 Prozent aus ö,78 Prozent
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