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Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Drittes Quartal.

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Notiz.

zumal diejenigen männlichen Geschlechts, einer Kirche überlassen, die in den Zeiten
der Gefahr für das Vaterland in vielen ihrer Diener und Gesinnungsgenossen eine
höchst bedenkliche und zweifelhafte Haltung offen dokumentirt hat. Der Staat kann
bei feinen Dienern in Herdorragenden Stellungen und bei denen, welche die Ehre
haben, seine Schutzmauern unter Waffen in schwierigen Zeiten zu bilden, keine
schwachen, zum Widerstande unfähigen Charaktere brauchen. Seine Stützen müssen
dielmehr durchaus feste, zuverlässige, charakterstarke Männer sein, die es mit Ent¬
rüstung von sich weifen, einer Gesinnung Unterthan zu sein, wie sie die Frau eines
höhern Offiziers vor einiger Zeit aussprach: Ich habe doch natürlich von der Liebe
meines Mannes erwarten dürfen, daß er mir (der Katholikin) zu Gefallen seine
(vier oder fünf) Söhne im römisch-katholischen Bekenntnis erziehen ließ. Daß der
Betreffende auch seinerseits, nachdem er die Tochter willig der Konfession der Mutter
hatte folgen lassen, ein Opfer seiner Frau, der Mutter seiner Söhne, erwarten
durfte, daß schien dem von Rom gegängelten Weibe schier unbegreiflich. Freilich
ist dies im Grunde die Stellung der römischen Kirche selber, sie ist es zum mindesten
bisher gewesen. Von eurer Friedensliebe und Gerechtigkeit erwarten wir mit
Bestimmtheit, daß ihr uns zehn Schritte entgegenthut; alsdann werden wir uns
darüber zu besinnen anfangen, ob dann auch wir einen halben Schritt nähertreten
sollen oder nicht.

Hat vor kurzem noch ein sehr urteilsfähiger und Wohl unterrichteter
Manu erklärt: Die evangelische Kirche hat nicht nur mit Worten, sondern mit
der That zu behaupten und festzuhalten, daß, wer das Versprechen katholischer
Erziehung seiner sämtlichen Kinder giebt, ebendamit aus der evangelischen Kirche
nnstritt, so lassen wir das bezüglich protestantischer, ihrer kirchlichen Verpflichtung
uneingedenk handelnder, oftmals durch Hoffnung auf materiellen Nutzen und Deckung
fühlbarer Defizits angelockter Männer gelten, und den evangelischen Frauen gegen¬
über vergessen wir nicht, daß nicht nur manche evangelische Rechtsgelehrte, sondern
auch Theologen ausdrücklich bis heute für den Satz eintreten: das Weib steht in
der Ehe unter Leitung und Gewalt ihres Mannes, und darum bestimmt dieser
allein Kirche und Konfession seiner sämtlichen Kinder. Wir möchten unsrerseits
dem Weibe, als denk "schwächern Teile," alle Ehre erzeigen und ihm unter Hin¬
weis ans den bekannten Grundsatz: Luna euiqns in gemischter Ehe die Kinder
seines Geschlechtes überlassen. Insofern wir aber die römische Kirche nicht für
die wahre, also Eine halten, außer der es kein Heil gebe, sagen und behaupten
wir mit größter Entschiedenheit: Wer irgendwie evangelische Ueberzeugungen hat,
kaun nicht seine Kinder anhalten, einem Priester zu beichten und dessen Absolution
als göttliche anzunehmen, die geweihte Hostie anzubeten, an die Wirkung der
Sakramente ex oxors oxsrsrlo, auch ohne innere Beteiligung, zu glauben, nu Maria
und die Heiligen ihre Gebete zu richten, im Abbeten des Rosenkranzes eine gottes¬
dienstliche Handlung zu scheu. Er kann seine Kinder weder zum römischen Gottes¬
dienst, noch auf Wallfahrten und Prozessionen begleiten. Er kann nicht mit ihnen
um Ausrottung der Ketzerei beten. Der Protestant weiß, daß auch er dem
römischen non xossuwus sein: Ich kann nicht anders, Gott helfe mir! entgegen¬
stellen muß; und dies umsomehr, als bei evangelischer Trauung das katholische
Gewissen nicht geknechtet ist. Den frommen Katholiken ehren und achten wir;
ultra, months zu gehen verbieten uns Pflicht und Gewissen.




Für die Redaktion verantwortlich: Johannes Grunow in Leipzig.
Verlag von Fr. Wilh. Grunow in Leipzig, - Druck von Carl Marquart in Leipzig.
Notiz.

zumal diejenigen männlichen Geschlechts, einer Kirche überlassen, die in den Zeiten
der Gefahr für das Vaterland in vielen ihrer Diener und Gesinnungsgenossen eine
höchst bedenkliche und zweifelhafte Haltung offen dokumentirt hat. Der Staat kann
bei feinen Dienern in Herdorragenden Stellungen und bei denen, welche die Ehre
haben, seine Schutzmauern unter Waffen in schwierigen Zeiten zu bilden, keine
schwachen, zum Widerstande unfähigen Charaktere brauchen. Seine Stützen müssen
dielmehr durchaus feste, zuverlässige, charakterstarke Männer sein, die es mit Ent¬
rüstung von sich weifen, einer Gesinnung Unterthan zu sein, wie sie die Frau eines
höhern Offiziers vor einiger Zeit aussprach: Ich habe doch natürlich von der Liebe
meines Mannes erwarten dürfen, daß er mir (der Katholikin) zu Gefallen seine
(vier oder fünf) Söhne im römisch-katholischen Bekenntnis erziehen ließ. Daß der
Betreffende auch seinerseits, nachdem er die Tochter willig der Konfession der Mutter
hatte folgen lassen, ein Opfer seiner Frau, der Mutter seiner Söhne, erwarten
durfte, daß schien dem von Rom gegängelten Weibe schier unbegreiflich. Freilich
ist dies im Grunde die Stellung der römischen Kirche selber, sie ist es zum mindesten
bisher gewesen. Von eurer Friedensliebe und Gerechtigkeit erwarten wir mit
Bestimmtheit, daß ihr uns zehn Schritte entgegenthut; alsdann werden wir uns
darüber zu besinnen anfangen, ob dann auch wir einen halben Schritt nähertreten
sollen oder nicht.

Hat vor kurzem noch ein sehr urteilsfähiger und Wohl unterrichteter
Manu erklärt: Die evangelische Kirche hat nicht nur mit Worten, sondern mit
der That zu behaupten und festzuhalten, daß, wer das Versprechen katholischer
Erziehung seiner sämtlichen Kinder giebt, ebendamit aus der evangelischen Kirche
nnstritt, so lassen wir das bezüglich protestantischer, ihrer kirchlichen Verpflichtung
uneingedenk handelnder, oftmals durch Hoffnung auf materiellen Nutzen und Deckung
fühlbarer Defizits angelockter Männer gelten, und den evangelischen Frauen gegen¬
über vergessen wir nicht, daß nicht nur manche evangelische Rechtsgelehrte, sondern
auch Theologen ausdrücklich bis heute für den Satz eintreten: das Weib steht in
der Ehe unter Leitung und Gewalt ihres Mannes, und darum bestimmt dieser
allein Kirche und Konfession seiner sämtlichen Kinder. Wir möchten unsrerseits
dem Weibe, als denk „schwächern Teile," alle Ehre erzeigen und ihm unter Hin¬
weis ans den bekannten Grundsatz: Luna euiqns in gemischter Ehe die Kinder
seines Geschlechtes überlassen. Insofern wir aber die römische Kirche nicht für
die wahre, also Eine halten, außer der es kein Heil gebe, sagen und behaupten
wir mit größter Entschiedenheit: Wer irgendwie evangelische Ueberzeugungen hat,
kaun nicht seine Kinder anhalten, einem Priester zu beichten und dessen Absolution
als göttliche anzunehmen, die geweihte Hostie anzubeten, an die Wirkung der
Sakramente ex oxors oxsrsrlo, auch ohne innere Beteiligung, zu glauben, nu Maria
und die Heiligen ihre Gebete zu richten, im Abbeten des Rosenkranzes eine gottes¬
dienstliche Handlung zu scheu. Er kann seine Kinder weder zum römischen Gottes¬
dienst, noch auf Wallfahrten und Prozessionen begleiten. Er kann nicht mit ihnen
um Ausrottung der Ketzerei beten. Der Protestant weiß, daß auch er dem
römischen non xossuwus sein: Ich kann nicht anders, Gott helfe mir! entgegen¬
stellen muß; und dies umsomehr, als bei evangelischer Trauung das katholische
Gewissen nicht geknechtet ist. Den frommen Katholiken ehren und achten wir;
ultra, months zu gehen verbieten uns Pflicht und Gewissen.




Für die Redaktion verantwortlich: Johannes Grunow in Leipzig.
Verlag von Fr. Wilh. Grunow in Leipzig, - Druck von Carl Marquart in Leipzig.
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341841_196099/488>, abgerufen am 25.11.2024.