Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Drittes Quartal.Joel fürstliche Frauen des achtzehnten Jahrhunderts. Eingang führte zu einer Gruft, in welche durch eine kleine Öffnung von sechs Die Trauer um die dahingeschiedne Fürstin war eine allgemeine und tiefe. Die Urne von weißem Marmor, welche seitdem den von Gebüsch und Fragt man, worin eigentlich die von den Zeitgenossen mit so beredten Joel fürstliche Frauen des achtzehnten Jahrhunderts. Eingang führte zu einer Gruft, in welche durch eine kleine Öffnung von sechs Die Trauer um die dahingeschiedne Fürstin war eine allgemeine und tiefe. Die Urne von weißem Marmor, welche seitdem den von Gebüsch und Fragt man, worin eigentlich die von den Zeitgenossen mit so beredten <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0466" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/196566"/> <fw type="header" place="top"> Joel fürstliche Frauen des achtzehnten Jahrhunderts.</fw><lb/> <p xml:id="ID_1814" prev="#ID_1813"> Eingang führte zu einer Gruft, in welche durch eine kleine Öffnung von sechs<lb/> Zoll, die man von innen mit einem eingepaßten Stein verschließen konnte, so<lb/> viel Licht fiel, als zum Lesen notwendig war. Unter dieser Öffnung stand ein<lb/> Ruhebett, und daneben war das Grab vorbereitet. Zwischen Steinen lagen<lb/> Andachtsbücher, u. a. Squire, Von der Gleichgiltigkeit gegen die Religion, und<lb/> Gellerts geistliche Oden.</p><lb/> <p xml:id="ID_1815"> Die Trauer um die dahingeschiedne Fürstin war eine allgemeine und tiefe.<lb/> Es ist uns ein Schreiben Friedrichs des Großen erhalten, in welchem derselbe<lb/> gegen einen der vertrautesten Freunde der Landgräfin, den Oberjügermeister<lb/> von Riedesel, seinen schmerzlichen Empfindungen über den Verlust der Freundin<lb/> Ausdruck giebt. Ich teile ihn mit, weil er auch über die Entstehung des ein¬<lb/> fachen Grabdenkmals Aufschluß giebt, das sich noch heute als Zeugnis des<lb/> edeln Bandes, das jene beiden seltnen Menschen aneinander gekettet hielt, in<lb/> dem schönen englischen Garten zu Darmstadt, der im wesentlichen eine Schöpfung<lb/> Karolinens ist, befindet. „Mein Herr Oberst Baron Riedesel! Die Veran¬<lb/> lassung zu Gegenwärtigen! erinnert mich an ein gar trauriges Ereignis. Es<lb/> ist der Verlust, den wir durch deu Tod der Frau Landgräfin von Hessen-Darm¬<lb/> stadt erlitten haben, dieser vortrefflichen Fürstin, welche die Zierde und Be¬<lb/> wunderung unsers Jahrhunderts bildete. Sie wissen, wie ich sie stets wegen<lb/> ihres Verdienstes hoch verehrte und wie ihr frühzeitiger Tod mich lebhaft er¬<lb/> griffen hat. Sie wissen auch, daß ich, sobald ich ihr Ableben erfahren, den Ent¬<lb/> schluß gefaßt hatte, ihren Grabhügel mit einer Urne zu schmücken, welche künftigen<lb/> Jahrhunderten meine Gefühle der Verehrung für ihre großen Geistesgaben und<lb/> reichen Tugenden verkünden sollte. Diese Urne ist nun fertig, und ich werde sie<lb/> dnrch den Fuhrmann Charles Ihnen zukommen lassen, da ich nicht weiß, an<lb/> wen ich sie besser adressiren könnte als an Sie, mein lieber Oberst, der Sie<lb/> am besten wissen, wie wohl die hohe Verstorbene ihre Aufstellung am liebsten<lb/> haben könnte. So traurig die Aufgabe ist, um die ich Sie ersuche, so werde<lb/> ich Ihnen dankbar sein, wenn Sie dieselbe im Sinne der Verstorbenen zur<lb/> Ausführung bringen. Der liebe Gott nehme Sie in seinen heiligen Schutz!"</p><lb/> <p xml:id="ID_1816"> Die Urne von weißem Marmor, welche seitdem den von Gebüsch und<lb/> Bäumen umschatteten, von Epheu umrankten Grabhügel schmückt, trägt den<lb/> Namen der zum ewigen Frieden Eingegangenen mit dem bedeutungsvollen<lb/> Beisatz: I<'o!ulla ssxu, wgvnio vir. Am Fuße der Urne steht der Name des<lb/> großen Mannes, welcher der großen Frau dieses Denkmal der Seelenfrennd-<lb/> schaft setzte.</p><lb/> <p xml:id="ID_1817" next="#ID_1818"> Fragt man, worin eigentlich die von den Zeitgenossen mit so beredten<lb/> Worten gepriesene Größe dieser Fran bestand, so darf man, wie schon im Ein¬<lb/> gänge hervorgehoben worden ist, nicht bei der einen oder andern ihrer Eigen¬<lb/> schaften bleiben. Man muß das ganze Bild ius Auge fassen, wenn man sich<lb/> über ihre Wirkung anf ihre Zeitgenossen Aufklärung verschaffen will. Karoline</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0466]
Joel fürstliche Frauen des achtzehnten Jahrhunderts.
Eingang führte zu einer Gruft, in welche durch eine kleine Öffnung von sechs
Zoll, die man von innen mit einem eingepaßten Stein verschließen konnte, so
viel Licht fiel, als zum Lesen notwendig war. Unter dieser Öffnung stand ein
Ruhebett, und daneben war das Grab vorbereitet. Zwischen Steinen lagen
Andachtsbücher, u. a. Squire, Von der Gleichgiltigkeit gegen die Religion, und
Gellerts geistliche Oden.
Die Trauer um die dahingeschiedne Fürstin war eine allgemeine und tiefe.
Es ist uns ein Schreiben Friedrichs des Großen erhalten, in welchem derselbe
gegen einen der vertrautesten Freunde der Landgräfin, den Oberjügermeister
von Riedesel, seinen schmerzlichen Empfindungen über den Verlust der Freundin
Ausdruck giebt. Ich teile ihn mit, weil er auch über die Entstehung des ein¬
fachen Grabdenkmals Aufschluß giebt, das sich noch heute als Zeugnis des
edeln Bandes, das jene beiden seltnen Menschen aneinander gekettet hielt, in
dem schönen englischen Garten zu Darmstadt, der im wesentlichen eine Schöpfung
Karolinens ist, befindet. „Mein Herr Oberst Baron Riedesel! Die Veran¬
lassung zu Gegenwärtigen! erinnert mich an ein gar trauriges Ereignis. Es
ist der Verlust, den wir durch deu Tod der Frau Landgräfin von Hessen-Darm¬
stadt erlitten haben, dieser vortrefflichen Fürstin, welche die Zierde und Be¬
wunderung unsers Jahrhunderts bildete. Sie wissen, wie ich sie stets wegen
ihres Verdienstes hoch verehrte und wie ihr frühzeitiger Tod mich lebhaft er¬
griffen hat. Sie wissen auch, daß ich, sobald ich ihr Ableben erfahren, den Ent¬
schluß gefaßt hatte, ihren Grabhügel mit einer Urne zu schmücken, welche künftigen
Jahrhunderten meine Gefühle der Verehrung für ihre großen Geistesgaben und
reichen Tugenden verkünden sollte. Diese Urne ist nun fertig, und ich werde sie
dnrch den Fuhrmann Charles Ihnen zukommen lassen, da ich nicht weiß, an
wen ich sie besser adressiren könnte als an Sie, mein lieber Oberst, der Sie
am besten wissen, wie wohl die hohe Verstorbene ihre Aufstellung am liebsten
haben könnte. So traurig die Aufgabe ist, um die ich Sie ersuche, so werde
ich Ihnen dankbar sein, wenn Sie dieselbe im Sinne der Verstorbenen zur
Ausführung bringen. Der liebe Gott nehme Sie in seinen heiligen Schutz!"
Die Urne von weißem Marmor, welche seitdem den von Gebüsch und
Bäumen umschatteten, von Epheu umrankten Grabhügel schmückt, trägt den
Namen der zum ewigen Frieden Eingegangenen mit dem bedeutungsvollen
Beisatz: I<'o!ulla ssxu, wgvnio vir. Am Fuße der Urne steht der Name des
großen Mannes, welcher der großen Frau dieses Denkmal der Seelenfrennd-
schaft setzte.
Fragt man, worin eigentlich die von den Zeitgenossen mit so beredten
Worten gepriesene Größe dieser Fran bestand, so darf man, wie schon im Ein¬
gänge hervorgehoben worden ist, nicht bei der einen oder andern ihrer Eigen¬
schaften bleiben. Man muß das ganze Bild ius Auge fassen, wenn man sich
über ihre Wirkung anf ihre Zeitgenossen Aufklärung verschaffen will. Karoline
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |