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Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Drittes Quartal.

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Zwei fürstliche Frauen des achtzehnten Jahrhunderts.

Bild desselben, zumeist aus Anlaß der von ihm gegen den vielgefeierten Friedrich
Karl von Moser in Szene gesetzten Verfolgungen, einen übermäßig düstern
Anstrich erhalten hat. Strenge Rechtlichkeit, gepaart mit seltener Einfachheit,
zeichneten sein ganzes Leben aus. Er ist, so schwerschädigend auch für das
Landeswohl die Soldatcnspielerei war, nach vielen Seiten hin ein Wohlthäter
seiner Unterthanen gewesen. Gleich seine erste Kabinetsordre ließ dem bis dahin
mit Unterdrückung aller andern Einwohnerklassen ausschließlich und einseitig be¬
günstigten Adelsstande keinen Zweifel über den streng rechtlichen Geist aufkommen,
der die Negierung dieses Fürsten kennzeichnet. Durch dieselbe wurde insbesondre
die Parforcejagd aufgehoben, die dem Landbau so unsäglichen Schaden zufügte
und deu Landmann zwang, "die Früchte seines Feldes, den Schweiß seiner
Hände mit wilden Tieren zu teilen," die in der Nähe der Wälder halbe
Wüsteneien schuf, weil keiner das Land zu bauen für der Mühe wert hielt.
In derselben Ordre erscheint ferner die Empfehlung der höchsten Sparsamkeit
im Hofdienste und im Staatshaushalte, die Weiterführung der Landstraßen
das Hereinziehen von Industrie ins Land und die Einräumung leerstehender
herrschaftlicher Gebäude für solche und vieles andre Nützliche mehr. Und seine
weitere Regierung ist durch eine Reihe der trefflichsten Einrichtungen bezeichnet,
die eine spätere Zeit weiter fortzubilden vermochte.

Aber wenden wir uns zur Landgräfin zurück. Schon am 17. Oktober 1766
starb der alte Landgraf. Der Regierungswechsel brachte tiefeingreifende Ände¬
rungen mit sich. "Du weißt, schreibt Karoline an die Schwägerin in Baden,
in welcher Unordnung die Verhältnisse liegen; der Landgraf wird, um sie zu
bessern, in alleu Zweigen der Verwaltung Einschränkungen machen. Die Par¬
forcejagd ist sogleich aufgehoben worden, der Marstall hat nur sechzig Pferde
behalten, die Pferde der Dragoner wurden genommen, um die Gardes du Corps
beritten zu machen und um den Marstall in Pirmasens zu ergänzen. Die
Pagen sind entlassen. Unsre Tafel ist vereinfacht und für gewöhnlich auf
vierzehn Personen beschränkt, viele Diener sind entlassen. Ich beklage aber nur
die, welche lange treu gedient haben, das schmerzt mich, aber ich sehe ein, daß
es sein muß. Es ist nicht die Einschränkung des "Staates," was mich betrübt,
denn aus diesem habe ich mir nie etwas gemacht, aber ich leide, weil ich Un¬
glückliche sehe."

Einen wichtigen Abschnitt in dem Leben der Landgrüfin bildete die Ver¬
heiratung ihrer Töchter. Zwei derselben, Wilhelmine und Friederike, sollten
auf die Throne der beiden mächtigsten Reiche des damaligen Europas kommen.
Die letztere wurde im Jahre 1769 in dem jugendlichen Alter von achtzehn
Jahren mit dem Kronprinzen von Preußen, dem nachmaligen Könige Friedrich
Wilhelm dem Zweiten, vermählt. Die Wahl war eine Herzenssache des großen
Königs gewesen. "Ich gestehe -- schreibt er hocherfreut an die Freundin --, daß
der Eindruck der Trefflichkeit der Mutter einzig und allein veranlaßt hat, daß


Zwei fürstliche Frauen des achtzehnten Jahrhunderts.

Bild desselben, zumeist aus Anlaß der von ihm gegen den vielgefeierten Friedrich
Karl von Moser in Szene gesetzten Verfolgungen, einen übermäßig düstern
Anstrich erhalten hat. Strenge Rechtlichkeit, gepaart mit seltener Einfachheit,
zeichneten sein ganzes Leben aus. Er ist, so schwerschädigend auch für das
Landeswohl die Soldatcnspielerei war, nach vielen Seiten hin ein Wohlthäter
seiner Unterthanen gewesen. Gleich seine erste Kabinetsordre ließ dem bis dahin
mit Unterdrückung aller andern Einwohnerklassen ausschließlich und einseitig be¬
günstigten Adelsstande keinen Zweifel über den streng rechtlichen Geist aufkommen,
der die Negierung dieses Fürsten kennzeichnet. Durch dieselbe wurde insbesondre
die Parforcejagd aufgehoben, die dem Landbau so unsäglichen Schaden zufügte
und deu Landmann zwang, „die Früchte seines Feldes, den Schweiß seiner
Hände mit wilden Tieren zu teilen," die in der Nähe der Wälder halbe
Wüsteneien schuf, weil keiner das Land zu bauen für der Mühe wert hielt.
In derselben Ordre erscheint ferner die Empfehlung der höchsten Sparsamkeit
im Hofdienste und im Staatshaushalte, die Weiterführung der Landstraßen
das Hereinziehen von Industrie ins Land und die Einräumung leerstehender
herrschaftlicher Gebäude für solche und vieles andre Nützliche mehr. Und seine
weitere Regierung ist durch eine Reihe der trefflichsten Einrichtungen bezeichnet,
die eine spätere Zeit weiter fortzubilden vermochte.

Aber wenden wir uns zur Landgräfin zurück. Schon am 17. Oktober 1766
starb der alte Landgraf. Der Regierungswechsel brachte tiefeingreifende Ände¬
rungen mit sich. „Du weißt, schreibt Karoline an die Schwägerin in Baden,
in welcher Unordnung die Verhältnisse liegen; der Landgraf wird, um sie zu
bessern, in alleu Zweigen der Verwaltung Einschränkungen machen. Die Par¬
forcejagd ist sogleich aufgehoben worden, der Marstall hat nur sechzig Pferde
behalten, die Pferde der Dragoner wurden genommen, um die Gardes du Corps
beritten zu machen und um den Marstall in Pirmasens zu ergänzen. Die
Pagen sind entlassen. Unsre Tafel ist vereinfacht und für gewöhnlich auf
vierzehn Personen beschränkt, viele Diener sind entlassen. Ich beklage aber nur
die, welche lange treu gedient haben, das schmerzt mich, aber ich sehe ein, daß
es sein muß. Es ist nicht die Einschränkung des »Staates,« was mich betrübt,
denn aus diesem habe ich mir nie etwas gemacht, aber ich leide, weil ich Un¬
glückliche sehe."

Einen wichtigen Abschnitt in dem Leben der Landgrüfin bildete die Ver¬
heiratung ihrer Töchter. Zwei derselben, Wilhelmine und Friederike, sollten
auf die Throne der beiden mächtigsten Reiche des damaligen Europas kommen.
Die letztere wurde im Jahre 1769 in dem jugendlichen Alter von achtzehn
Jahren mit dem Kronprinzen von Preußen, dem nachmaligen Könige Friedrich
Wilhelm dem Zweiten, vermählt. Die Wahl war eine Herzenssache des großen
Königs gewesen. „Ich gestehe — schreibt er hocherfreut an die Freundin —, daß
der Eindruck der Trefflichkeit der Mutter einzig und allein veranlaßt hat, daß


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[0462] Zwei fürstliche Frauen des achtzehnten Jahrhunderts. Bild desselben, zumeist aus Anlaß der von ihm gegen den vielgefeierten Friedrich Karl von Moser in Szene gesetzten Verfolgungen, einen übermäßig düstern Anstrich erhalten hat. Strenge Rechtlichkeit, gepaart mit seltener Einfachheit, zeichneten sein ganzes Leben aus. Er ist, so schwerschädigend auch für das Landeswohl die Soldatcnspielerei war, nach vielen Seiten hin ein Wohlthäter seiner Unterthanen gewesen. Gleich seine erste Kabinetsordre ließ dem bis dahin mit Unterdrückung aller andern Einwohnerklassen ausschließlich und einseitig be¬ günstigten Adelsstande keinen Zweifel über den streng rechtlichen Geist aufkommen, der die Negierung dieses Fürsten kennzeichnet. Durch dieselbe wurde insbesondre die Parforcejagd aufgehoben, die dem Landbau so unsäglichen Schaden zufügte und deu Landmann zwang, „die Früchte seines Feldes, den Schweiß seiner Hände mit wilden Tieren zu teilen," die in der Nähe der Wälder halbe Wüsteneien schuf, weil keiner das Land zu bauen für der Mühe wert hielt. In derselben Ordre erscheint ferner die Empfehlung der höchsten Sparsamkeit im Hofdienste und im Staatshaushalte, die Weiterführung der Landstraßen das Hereinziehen von Industrie ins Land und die Einräumung leerstehender herrschaftlicher Gebäude für solche und vieles andre Nützliche mehr. Und seine weitere Regierung ist durch eine Reihe der trefflichsten Einrichtungen bezeichnet, die eine spätere Zeit weiter fortzubilden vermochte. Aber wenden wir uns zur Landgräfin zurück. Schon am 17. Oktober 1766 starb der alte Landgraf. Der Regierungswechsel brachte tiefeingreifende Ände¬ rungen mit sich. „Du weißt, schreibt Karoline an die Schwägerin in Baden, in welcher Unordnung die Verhältnisse liegen; der Landgraf wird, um sie zu bessern, in alleu Zweigen der Verwaltung Einschränkungen machen. Die Par¬ forcejagd ist sogleich aufgehoben worden, der Marstall hat nur sechzig Pferde behalten, die Pferde der Dragoner wurden genommen, um die Gardes du Corps beritten zu machen und um den Marstall in Pirmasens zu ergänzen. Die Pagen sind entlassen. Unsre Tafel ist vereinfacht und für gewöhnlich auf vierzehn Personen beschränkt, viele Diener sind entlassen. Ich beklage aber nur die, welche lange treu gedient haben, das schmerzt mich, aber ich sehe ein, daß es sein muß. Es ist nicht die Einschränkung des »Staates,« was mich betrübt, denn aus diesem habe ich mir nie etwas gemacht, aber ich leide, weil ich Un¬ glückliche sehe." Einen wichtigen Abschnitt in dem Leben der Landgrüfin bildete die Ver¬ heiratung ihrer Töchter. Zwei derselben, Wilhelmine und Friederike, sollten auf die Throne der beiden mächtigsten Reiche des damaligen Europas kommen. Die letztere wurde im Jahre 1769 in dem jugendlichen Alter von achtzehn Jahren mit dem Kronprinzen von Preußen, dem nachmaligen Könige Friedrich Wilhelm dem Zweiten, vermählt. Die Wahl war eine Herzenssache des großen Königs gewesen. „Ich gestehe — schreibt er hocherfreut an die Freundin —, daß der Eindruck der Trefflichkeit der Mutter einzig und allein veranlaßt hat, daß

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341841_196099/462>, abgerufen am 28.07.2024.