Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Drittes Quartal.Sansibar. Verträgen mit europäischen Staaten bestimmen lassen. Es geschah auch einiges Sansibar. Verträgen mit europäischen Staaten bestimmen lassen. Es geschah auch einiges <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0348" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/196448"/> <fw type="header" place="top"> Sansibar.</fw><lb/> <p xml:id="ID_1425" prev="#ID_1424" next="#ID_1426"> Verträgen mit europäischen Staaten bestimmen lassen. Es geschah auch einiges<lb/> in dieser Richtung. Aber das Hauptbestreben dieser arabischen Despoten,<lb/> Mehrung ihrer Einkünfte, Füllung ihres Schatzes, fand dabei nur mittelbar<lb/> und nur teilweise Befriedigung und namentlich in einem Punkte ein verdrie߬<lb/> liches Hindernis. Die Einnahmen des Sultans flössen vorzüglich aus hohen<lb/> Ein- und Ausfuhrzöllen und daneben aus dem Verkaufe lebendigen Menschen¬<lb/> fleisches. Er gestattete den Handel mit Sklaven, der ihm erhebliche Abgaben<lb/> zahlte, war selbst ein eifriger Geschäftsmann in dieser Branche, und diese<lb/> Geldquelle wollte er sich von seinen fränkischen Freunden und Ratgebern, unter<lb/> denen die dabei besonders interessirten Engländer die erste Rolle spielten, um<lb/> keinen Preis verschließen lassen. Noch im Jahre 1873 hielt Sahib Bargasch<lb/> in Sansibar einen offnen Markt für Sklaven, von dem aus er Tausende von<lb/> Schwarzen, die ihm aus dem Innern Afrikas zugeführt wurden, auf seinen<lb/> Schiffen nach den Häfen Arabiens, Persiens und Ägyptens versandte. Gelinde<lb/> Vorstellungen gegen diesen Geschäftsbetrieb blieben bei ihm ohne Erfolg,<lb/> Mahnungen waren gleichfalls fruchtlos. Er wich ihnen mit orientalischer<lb/> Diplomatie in allerhand Winkelzügen aus, verschanzte sich hinter Rechte, die<lb/> er mit frühern Verträgen erworben haben wollte, und suchte sich im übrigen<lb/> mit Verschleppen zu helfen, bis endlich der vom Kaplande her bekannte englische<lb/> Diplomat Sir Bartle Frere der Sache ein schleuniges Ende bereitete, indem<lb/> er andre Saiten aufzog, zu unverblümter Drohung überging und dem Sultan<lb/> für den Fall längerer Weigerung das Erscheinen eines britischen Geschwaders<lb/> mit Armstrongkanonen auf der Rhede vor seiner Residenz in Aussicht stellte. Das<lb/> wirkte insofern, als 1874 ein Vertrag zustande kam, in welchem Sahib Bargasch<lb/> für seine Person dem Sklavenhandel entsagte und sich zur Unterdrückung des¬<lb/> selben in seinem Machtbereiche anheischig machte; unter der Hand aber wurden<lb/> in Sansibar bis in die letzten Jahre Sklaven gekauft und verkauft. Immerhin<lb/> jedoch übte England seit 1874 hier bedeutenden Einfluß; nur ging neben der<lb/> Furcht, auf welcher derselbe beruhte, eine stille Abneigung her, und eine Zeit<lb/> lang schien es sogar, als ob der Sultan sich den Deutschen zuzuwenden gewillt<lb/> sei, von deren wachsender maritimer Macht er Kenntnis hatte. Die deutsche<lb/> Regierung beschloß, dieser Neigung entgegenzukommen und in Gestalt eines<lb/> Generalkonsuls einen Vertreter ihrer Interessen an dem Hofe von Sansibar zu<lb/> beglaubigen. Die Aufträge und Verhaltungsmaßregeln, welche der Betreffende<lb/> mitbekam, können wir nicht mitteilen. Sie scheinen aber nicht mit dem erforder¬<lb/> liche» Geschick ausgeführt und beobachtet worden, namentlich nicht mit der nötigen<lb/> Vorsicht bis zu der Zeit, wo sie geltend zu machen waren, vor interessirten fremden<lb/> Ohren bewahrt geblieben zu sein. Jedenfalls mißlang die Mission. Die Engländer<lb/> bekamen Wind von ihr, und ihre Eifersucht beeilte sich, ihren Zweck zu vereiteln.<lb/> Ihr Generalkonsul Kirk verstand es, den Sultan gegen die deutsche Politik<lb/> einzunehmen und die britische ihr gegenüber in ein vertrauenerweckendes Licht</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0348]
Sansibar.
Verträgen mit europäischen Staaten bestimmen lassen. Es geschah auch einiges
in dieser Richtung. Aber das Hauptbestreben dieser arabischen Despoten,
Mehrung ihrer Einkünfte, Füllung ihres Schatzes, fand dabei nur mittelbar
und nur teilweise Befriedigung und namentlich in einem Punkte ein verdrie߬
liches Hindernis. Die Einnahmen des Sultans flössen vorzüglich aus hohen
Ein- und Ausfuhrzöllen und daneben aus dem Verkaufe lebendigen Menschen¬
fleisches. Er gestattete den Handel mit Sklaven, der ihm erhebliche Abgaben
zahlte, war selbst ein eifriger Geschäftsmann in dieser Branche, und diese
Geldquelle wollte er sich von seinen fränkischen Freunden und Ratgebern, unter
denen die dabei besonders interessirten Engländer die erste Rolle spielten, um
keinen Preis verschließen lassen. Noch im Jahre 1873 hielt Sahib Bargasch
in Sansibar einen offnen Markt für Sklaven, von dem aus er Tausende von
Schwarzen, die ihm aus dem Innern Afrikas zugeführt wurden, auf seinen
Schiffen nach den Häfen Arabiens, Persiens und Ägyptens versandte. Gelinde
Vorstellungen gegen diesen Geschäftsbetrieb blieben bei ihm ohne Erfolg,
Mahnungen waren gleichfalls fruchtlos. Er wich ihnen mit orientalischer
Diplomatie in allerhand Winkelzügen aus, verschanzte sich hinter Rechte, die
er mit frühern Verträgen erworben haben wollte, und suchte sich im übrigen
mit Verschleppen zu helfen, bis endlich der vom Kaplande her bekannte englische
Diplomat Sir Bartle Frere der Sache ein schleuniges Ende bereitete, indem
er andre Saiten aufzog, zu unverblümter Drohung überging und dem Sultan
für den Fall längerer Weigerung das Erscheinen eines britischen Geschwaders
mit Armstrongkanonen auf der Rhede vor seiner Residenz in Aussicht stellte. Das
wirkte insofern, als 1874 ein Vertrag zustande kam, in welchem Sahib Bargasch
für seine Person dem Sklavenhandel entsagte und sich zur Unterdrückung des¬
selben in seinem Machtbereiche anheischig machte; unter der Hand aber wurden
in Sansibar bis in die letzten Jahre Sklaven gekauft und verkauft. Immerhin
jedoch übte England seit 1874 hier bedeutenden Einfluß; nur ging neben der
Furcht, auf welcher derselbe beruhte, eine stille Abneigung her, und eine Zeit
lang schien es sogar, als ob der Sultan sich den Deutschen zuzuwenden gewillt
sei, von deren wachsender maritimer Macht er Kenntnis hatte. Die deutsche
Regierung beschloß, dieser Neigung entgegenzukommen und in Gestalt eines
Generalkonsuls einen Vertreter ihrer Interessen an dem Hofe von Sansibar zu
beglaubigen. Die Aufträge und Verhaltungsmaßregeln, welche der Betreffende
mitbekam, können wir nicht mitteilen. Sie scheinen aber nicht mit dem erforder¬
liche» Geschick ausgeführt und beobachtet worden, namentlich nicht mit der nötigen
Vorsicht bis zu der Zeit, wo sie geltend zu machen waren, vor interessirten fremden
Ohren bewahrt geblieben zu sein. Jedenfalls mißlang die Mission. Die Engländer
bekamen Wind von ihr, und ihre Eifersucht beeilte sich, ihren Zweck zu vereiteln.
Ihr Generalkonsul Kirk verstand es, den Sultan gegen die deutsche Politik
einzunehmen und die britische ihr gegenüber in ein vertrauenerweckendes Licht
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