Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Drittes Quartal.

Bild:
<< vorherige Seite


Die Russen in Zentralasien.
i.

er Schauplatz der Ereignisse, die wir in den folgenden Abschnitten
erzählen und beurteilen wollen, umfaßt im wesentlichen das alte
Turan, d. h. das weite Usbeken- und Turkmencnland in den
Stromgebieten des Ann Darja und Syr Darja, südlich vom
Aralsee und nördlich vom Hindukusch, politisch betrachtet im
großen und ganzen, d. h. mit Übergchung der kleinern noch selbständigen Reiche,
das Gebiet zwischen Nordwestchina, dem nordöstlichen Persien und Afghanistan.
Diese Landstrecken, welche sich vom Ostufer des Kaspisces bis zu den westlichen
Ausläufern des Tjanschan, des Alarau und des Altai ausdehnen, bilden am
obern Laufe der beiden Darja, des Oxus und des Jaxartes der alten Geo¬
graphen, ein Hochland mit vielverzweigten, großenteils fruchtbaren Thälern und
Kesseln, am untern Laufe der beiden Ströme dagegen und bis nach dem Kaspi-
see hin flache Steppen und Sandwüsten, welche, mir hie und da von größern
Oasen unterbrochen, die Fortsetzung des ungeheuer" Wüstengürtels sind, der,
am Atlantischen Meere beginnend, sich durch Nordafrika, Syrien lind Arabien,
Persien und die Tcirtarei bis weit in das Mongolenland hinzieht. Das UrVolk
dieser Gegenden spielte in der mythischen Zeit, welche sich in den im Schach
Rauch verarbeiteten iranischen Heldensagen abspiegelt, eine bedeutende Rolle als
böses, kulturfeindliches Element. In der Geschichte lenkte dieses Stück Asiens
bis auf die neueste Zeit nur dreimal die Blicke des Westens der alten Welt
ans sich: während des Eroberungszuges Alexanders des Großen, während des
Vordringens der Feldherren des Islam nach Ost- und Mittelasien und wäh¬
rend des Aufbruchs Timnr Lengs zur Unterwerfung der westlichen Länder.


Grenzboten III. 188S, 25


Die Russen in Zentralasien.
i.

er Schauplatz der Ereignisse, die wir in den folgenden Abschnitten
erzählen und beurteilen wollen, umfaßt im wesentlichen das alte
Turan, d. h. das weite Usbeken- und Turkmencnland in den
Stromgebieten des Ann Darja und Syr Darja, südlich vom
Aralsee und nördlich vom Hindukusch, politisch betrachtet im
großen und ganzen, d. h. mit Übergchung der kleinern noch selbständigen Reiche,
das Gebiet zwischen Nordwestchina, dem nordöstlichen Persien und Afghanistan.
Diese Landstrecken, welche sich vom Ostufer des Kaspisces bis zu den westlichen
Ausläufern des Tjanschan, des Alarau und des Altai ausdehnen, bilden am
obern Laufe der beiden Darja, des Oxus und des Jaxartes der alten Geo¬
graphen, ein Hochland mit vielverzweigten, großenteils fruchtbaren Thälern und
Kesseln, am untern Laufe der beiden Ströme dagegen und bis nach dem Kaspi-
see hin flache Steppen und Sandwüsten, welche, mir hie und da von größern
Oasen unterbrochen, die Fortsetzung des ungeheuer» Wüstengürtels sind, der,
am Atlantischen Meere beginnend, sich durch Nordafrika, Syrien lind Arabien,
Persien und die Tcirtarei bis weit in das Mongolenland hinzieht. Das UrVolk
dieser Gegenden spielte in der mythischen Zeit, welche sich in den im Schach
Rauch verarbeiteten iranischen Heldensagen abspiegelt, eine bedeutende Rolle als
böses, kulturfeindliches Element. In der Geschichte lenkte dieses Stück Asiens
bis auf die neueste Zeit nur dreimal die Blicke des Westens der alten Welt
ans sich: während des Eroberungszuges Alexanders des Großen, während des
Vordringens der Feldherren des Islam nach Ost- und Mittelasien und wäh¬
rend des Aufbruchs Timnr Lengs zur Unterwerfung der westlichen Länder.


Grenzboten III. 188S, 25
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <pb facs="#f0201" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/196301"/>
            <figure facs="http://media.dwds.de/dta/images/grenzboten_341841_196099/figures/grenzboten_341841_196099_196301_000.jpg"/><lb/>
          </div>
        </div>
        <div n="1">
          <head> Die Russen in Zentralasien.<lb/>
i. </head><lb/>
          <p xml:id="ID_782" next="#ID_783"> er Schauplatz der Ereignisse, die wir in den folgenden Abschnitten<lb/>
erzählen und beurteilen wollen, umfaßt im wesentlichen das alte<lb/>
Turan, d. h. das weite Usbeken- und Turkmencnland in den<lb/>
Stromgebieten des Ann Darja und Syr Darja, südlich vom<lb/>
Aralsee und nördlich vom Hindukusch, politisch betrachtet im<lb/>
großen und ganzen, d. h. mit Übergchung der kleinern noch selbständigen Reiche,<lb/>
das Gebiet zwischen Nordwestchina, dem nordöstlichen Persien und Afghanistan.<lb/>
Diese Landstrecken, welche sich vom Ostufer des Kaspisces bis zu den westlichen<lb/>
Ausläufern des Tjanschan, des Alarau und des Altai ausdehnen, bilden am<lb/>
obern Laufe der beiden Darja, des Oxus und des Jaxartes der alten Geo¬<lb/>
graphen, ein Hochland mit vielverzweigten, großenteils fruchtbaren Thälern und<lb/>
Kesseln, am untern Laufe der beiden Ströme dagegen und bis nach dem Kaspi-<lb/>
see hin flache Steppen und Sandwüsten, welche, mir hie und da von größern<lb/>
Oasen unterbrochen, die Fortsetzung des ungeheuer» Wüstengürtels sind, der,<lb/>
am Atlantischen Meere beginnend, sich durch Nordafrika, Syrien lind Arabien,<lb/>
Persien und die Tcirtarei bis weit in das Mongolenland hinzieht. Das UrVolk<lb/>
dieser Gegenden spielte in der mythischen Zeit, welche sich in den im Schach<lb/>
Rauch verarbeiteten iranischen Heldensagen abspiegelt, eine bedeutende Rolle als<lb/>
böses, kulturfeindliches Element. In der Geschichte lenkte dieses Stück Asiens<lb/>
bis auf die neueste Zeit nur dreimal die Blicke des Westens der alten Welt<lb/>
ans sich: während des Eroberungszuges Alexanders des Großen, während des<lb/>
Vordringens der Feldherren des Islam nach Ost- und Mittelasien und wäh¬<lb/>
rend des Aufbruchs Timnr Lengs zur Unterwerfung der westlichen Länder.</p><lb/>
          <fw type="sig" place="bottom"> Grenzboten III. 188S, 25</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0201] [Abbildung] Die Russen in Zentralasien. i. er Schauplatz der Ereignisse, die wir in den folgenden Abschnitten erzählen und beurteilen wollen, umfaßt im wesentlichen das alte Turan, d. h. das weite Usbeken- und Turkmencnland in den Stromgebieten des Ann Darja und Syr Darja, südlich vom Aralsee und nördlich vom Hindukusch, politisch betrachtet im großen und ganzen, d. h. mit Übergchung der kleinern noch selbständigen Reiche, das Gebiet zwischen Nordwestchina, dem nordöstlichen Persien und Afghanistan. Diese Landstrecken, welche sich vom Ostufer des Kaspisces bis zu den westlichen Ausläufern des Tjanschan, des Alarau und des Altai ausdehnen, bilden am obern Laufe der beiden Darja, des Oxus und des Jaxartes der alten Geo¬ graphen, ein Hochland mit vielverzweigten, großenteils fruchtbaren Thälern und Kesseln, am untern Laufe der beiden Ströme dagegen und bis nach dem Kaspi- see hin flache Steppen und Sandwüsten, welche, mir hie und da von größern Oasen unterbrochen, die Fortsetzung des ungeheuer» Wüstengürtels sind, der, am Atlantischen Meere beginnend, sich durch Nordafrika, Syrien lind Arabien, Persien und die Tcirtarei bis weit in das Mongolenland hinzieht. Das UrVolk dieser Gegenden spielte in der mythischen Zeit, welche sich in den im Schach Rauch verarbeiteten iranischen Heldensagen abspiegelt, eine bedeutende Rolle als böses, kulturfeindliches Element. In der Geschichte lenkte dieses Stück Asiens bis auf die neueste Zeit nur dreimal die Blicke des Westens der alten Welt ans sich: während des Eroberungszuges Alexanders des Großen, während des Vordringens der Feldherren des Islam nach Ost- und Mittelasien und wäh¬ rend des Aufbruchs Timnr Lengs zur Unterwerfung der westlichen Länder. Grenzboten III. 188S, 25

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341841_196099
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341841_196099/201
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341841_196099/201>, abgerufen am 25.11.2024.