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Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Zweites Quartal.

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diesem Augenblicke unter dem Einfluß seiner heute nicht zum erstenmale über ihn
gekommenen Furcht vor dem Vergiftetwerden, daß er fast ohnmächtig sich gegen
die Wand lehnen mußte und nicht Kraft genug zu haben glaubte, um vor seinem
und Mcmtuas Schutzpatron niederzutmeen.

Elender! stammelte er, indem er in seiner Aufregung jetzt in dem alten
Anwalt einen jener Fanatiker erblickte, die, um einen politischen Mord auszu¬
führen, ihr eignes Leben wegwerfen; wie er mich sicher machte, der Heuchler,
und mit welchen glatten Worten er das Gebräu der Hölle pries, damit auch
mir der Mund danach wässern sollte! Aber warte nur, Molch!

Die Stimme versagte ihm. Mit krampfhaftem Lachen stieß er eine Menge
unverständlicher Laute heraus, während seine weit aus ihren Höhlen heraus¬
getretenen Augen angstvoll hin und her rollten.

Endlich nahten draußen eilige Schritte. Das Geräusch derselben gab ihm
wieder einige Kraft zurück.

Die Doktoren kommen, rief er; mich werden sie retten, du aber, Nichts¬
würdiger, sollst mit brechendem Auge sehe", daß du dich umsonst für deinen
Popanz Marcello geopfert hast.

Sie kamen nicht. Der Page meldete, beide Leibarzte Seiner Herrlichkeit
seien vor einer Stunde aufs Land gefahren, vermutlich nach einem der Klöster,
mit deren Priors sie Verkehr pflegten.

Auch sie also im Komplot! murmelte der Herzog und griff verzweifelnd
nach dem Rosenkranze an seinem Gürtel.

(Fortsetzung folgt.)




Notizen.
Die Stellung der Polizei im Strafverfahren.

Zu meinem in Ur. 7
und 8 dieser Blätter abgedruckten Aufsatze über diesen Gegenstand bringt Karl
Parey in Ur. 21 eine Besprechung, deren wohlwollenden Ton ich bereitwillig und
dankbar anerkenne, die aber doch einer, wenn mich nur ganz kurzen Entgegnung
bedarf, damit nicht das Schweigen darauf als ein Einräumen der von Parey aus-
gesprochnen Ansichten erscheine. Bei aufmerksamem Lesen meines Aufsatzes wird
man zunächst finden, daß ich keineswegs das "hoheitliche Institut der Polizei" und
die "Handhabung der Polizei durch die dazu berufenen Behörden und Beamten,
namentlich die Polizeicxekutivbeamten " verwechselt habe. Parey bestätigt aber
meine Ausführungen selbst, indem auch er die Handhabung der Polizei dnrch die
Behörden und Beamten als eine solche darstellt, gegen welche besonders strenge
Kontrvlen geschaffen werden müssen, wenn er auch anfangs erklärt, das "Ansehen"
einer Behörde hänge nicht "von der wohlgeregelten Kontrole der amtlichen Hand.


diesem Augenblicke unter dem Einfluß seiner heute nicht zum erstenmale über ihn
gekommenen Furcht vor dem Vergiftetwerden, daß er fast ohnmächtig sich gegen
die Wand lehnen mußte und nicht Kraft genug zu haben glaubte, um vor seinem
und Mcmtuas Schutzpatron niederzutmeen.

Elender! stammelte er, indem er in seiner Aufregung jetzt in dem alten
Anwalt einen jener Fanatiker erblickte, die, um einen politischen Mord auszu¬
führen, ihr eignes Leben wegwerfen; wie er mich sicher machte, der Heuchler,
und mit welchen glatten Worten er das Gebräu der Hölle pries, damit auch
mir der Mund danach wässern sollte! Aber warte nur, Molch!

Die Stimme versagte ihm. Mit krampfhaftem Lachen stieß er eine Menge
unverständlicher Laute heraus, während seine weit aus ihren Höhlen heraus¬
getretenen Augen angstvoll hin und her rollten.

Endlich nahten draußen eilige Schritte. Das Geräusch derselben gab ihm
wieder einige Kraft zurück.

Die Doktoren kommen, rief er; mich werden sie retten, du aber, Nichts¬
würdiger, sollst mit brechendem Auge sehe», daß du dich umsonst für deinen
Popanz Marcello geopfert hast.

Sie kamen nicht. Der Page meldete, beide Leibarzte Seiner Herrlichkeit
seien vor einer Stunde aufs Land gefahren, vermutlich nach einem der Klöster,
mit deren Priors sie Verkehr pflegten.

Auch sie also im Komplot! murmelte der Herzog und griff verzweifelnd
nach dem Rosenkranze an seinem Gürtel.

(Fortsetzung folgt.)




Notizen.
Die Stellung der Polizei im Strafverfahren.

Zu meinem in Ur. 7
und 8 dieser Blätter abgedruckten Aufsatze über diesen Gegenstand bringt Karl
Parey in Ur. 21 eine Besprechung, deren wohlwollenden Ton ich bereitwillig und
dankbar anerkenne, die aber doch einer, wenn mich nur ganz kurzen Entgegnung
bedarf, damit nicht das Schweigen darauf als ein Einräumen der von Parey aus-
gesprochnen Ansichten erscheine. Bei aufmerksamem Lesen meines Aufsatzes wird
man zunächst finden, daß ich keineswegs das „hoheitliche Institut der Polizei" und
die „Handhabung der Polizei durch die dazu berufenen Behörden und Beamten,
namentlich die Polizeicxekutivbeamten " verwechselt habe. Parey bestätigt aber
meine Ausführungen selbst, indem auch er die Handhabung der Polizei dnrch die
Behörden und Beamten als eine solche darstellt, gegen welche besonders strenge
Kontrvlen geschaffen werden müssen, wenn er auch anfangs erklärt, das „Ansehen"
einer Behörde hänge nicht „von der wohlgeregelten Kontrole der amtlichen Hand.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Zweites Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341841_195390/648>, abgerufen am 22.07.2024.