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Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Zweites Quartal.

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nichts gedrungen. Der erste, der zu Bedeutung gelaugte, war der "Freiberger
Altertumsverein," gegrttudet im März 1860, der es sich zur Aufgabe machte,
"durch Forschen und Sammeln, Schrift und Wort die städtischen und vater¬
ländischen Geschichtsquellen zu erschließen, sowie die Zeugen denkwürdiger Ver¬
gangenheit der altehrwürdigen Berghauptstadt Sachsens der Mit- und Nach¬
welt zu erhalten." In der That hätte kaum eine andre Stadt des Gebirges
ein so reiches Arbeitsfeld bieten können wie gerade Freiberg, dessen Gründung
in das gleiche Jahrhundert fällt wie die erste Besiedelung des Gebirges durch
Deutsche überhaupt, nämlich noch in das zwölfte Jahrhundert. Jetzt liegen
22 starke Hefte von Mitteilungen dieses Vereins vor. Natürlich wird hier in
erster Linie von Freiberg selbst gehandelt, von den geschichtlichen Ereignissen,
deren Schauplatz die alte Berghauptstadt gewesen, von seinen Einrichtungen,
vor allem den mit dem Bergbau zusammenhängenden, seinen Bildungsstätten, der
Bergakademie und dem Gymnasium, von Freiberger Patriziergeschlechtern u. s. w.
Doch ziehen sie, von Freiberg als Mittelpunkt ausgehend, auch weitere Kreise,
die nähere und fernere Umgebung der Stadt mit in Betracht und liefern end¬
lich wertvolle Beiträge zur Geschichte des sächsischen Fürstenhauses wie zu der
des Landes überhaupt. Die "Mitteilungen," an denen tüchtige Kräfte arbeiten,
werden auch außerhalb Freibergs geschätzt.

Über ein Jahrzehnt blieb der Freiberger Altertumsverein mit seineu Be¬
strebungen allein. Da konstituirte sich im Dezember 1872 ein "Verein für
Chemnitzer Geschichte," der durch Vortrüge, historische Exkursionen und gleich¬
falls durch Veröffentlichung von "Mitteilungen" Interesse für die Geschichte und
Topographie der Stadt Chemnitz und ihrer Umgegend zu wecken suchte. Die
w zwanglosen Heften herausgegebenen Jahrbücher des Vereins, deren letztes
1884 erschienen ist, bringen manche gediegene Arbeiten, die allgemeines Interesse
in Anspruch nehmen. Hervorgehoben seien hier die zum Teil nur in verkürzter
Form veröffentlichte,, Aufsätze von Dr. A. Schvltze, welche, aus bisher unbenutzt
gebliebenen handschriftlichen Quellen schöpfend, Zustände während des dreißig¬
jährigen und siebenjährige" Krieges behandeln, ferner ein Beitrag zur Geschichte
des deutschen Theaters von demselben, nämlich das Leben des aus Chemnitz
stammenden Mannheimer Schauspielers Johann David Beil, der als vertrauter
Freund Ifflands durch dessen Selbstbiographie (Meine theatralische Laufbahn)
bekannt geworden ist, von C. Kirchner die Lebensgeschichte Johann Theophilus
Lessings, der, ein jüngerer Bruder des Dichters, 1808 als Rektor des Lyceums zu
Chemnitz starb, u. a.

Von einer allgemeiner werdenden Bewegung zu gunsten des ganzen Ge¬
birges kauu jedoch erst vom Jahre 1878 an die Rede sein. Im Mai des
genannten Jahres wurde zu Ane-Zelle ein "Erzgebirgsverein" gegründet, haupt¬
sächlich zu dem Zwecke, auf die Schönheiten des Gebirges die allgemeine Auf¬
merksamkeit zu lenken, sie - - soweit es nötig -- leichter zugänglich zu machen


Gvcnzbole" II. 1885 77

nichts gedrungen. Der erste, der zu Bedeutung gelaugte, war der „Freiberger
Altertumsverein," gegrttudet im März 1860, der es sich zur Aufgabe machte,
„durch Forschen und Sammeln, Schrift und Wort die städtischen und vater¬
ländischen Geschichtsquellen zu erschließen, sowie die Zeugen denkwürdiger Ver¬
gangenheit der altehrwürdigen Berghauptstadt Sachsens der Mit- und Nach¬
welt zu erhalten." In der That hätte kaum eine andre Stadt des Gebirges
ein so reiches Arbeitsfeld bieten können wie gerade Freiberg, dessen Gründung
in das gleiche Jahrhundert fällt wie die erste Besiedelung des Gebirges durch
Deutsche überhaupt, nämlich noch in das zwölfte Jahrhundert. Jetzt liegen
22 starke Hefte von Mitteilungen dieses Vereins vor. Natürlich wird hier in
erster Linie von Freiberg selbst gehandelt, von den geschichtlichen Ereignissen,
deren Schauplatz die alte Berghauptstadt gewesen, von seinen Einrichtungen,
vor allem den mit dem Bergbau zusammenhängenden, seinen Bildungsstätten, der
Bergakademie und dem Gymnasium, von Freiberger Patriziergeschlechtern u. s. w.
Doch ziehen sie, von Freiberg als Mittelpunkt ausgehend, auch weitere Kreise,
die nähere und fernere Umgebung der Stadt mit in Betracht und liefern end¬
lich wertvolle Beiträge zur Geschichte des sächsischen Fürstenhauses wie zu der
des Landes überhaupt. Die „Mitteilungen," an denen tüchtige Kräfte arbeiten,
werden auch außerhalb Freibergs geschätzt.

Über ein Jahrzehnt blieb der Freiberger Altertumsverein mit seineu Be¬
strebungen allein. Da konstituirte sich im Dezember 1872 ein „Verein für
Chemnitzer Geschichte," der durch Vortrüge, historische Exkursionen und gleich¬
falls durch Veröffentlichung von „Mitteilungen" Interesse für die Geschichte und
Topographie der Stadt Chemnitz und ihrer Umgegend zu wecken suchte. Die
w zwanglosen Heften herausgegebenen Jahrbücher des Vereins, deren letztes
1884 erschienen ist, bringen manche gediegene Arbeiten, die allgemeines Interesse
in Anspruch nehmen. Hervorgehoben seien hier die zum Teil nur in verkürzter
Form veröffentlichte,, Aufsätze von Dr. A. Schvltze, welche, aus bisher unbenutzt
gebliebenen handschriftlichen Quellen schöpfend, Zustände während des dreißig¬
jährigen und siebenjährige» Krieges behandeln, ferner ein Beitrag zur Geschichte
des deutschen Theaters von demselben, nämlich das Leben des aus Chemnitz
stammenden Mannheimer Schauspielers Johann David Beil, der als vertrauter
Freund Ifflands durch dessen Selbstbiographie (Meine theatralische Laufbahn)
bekannt geworden ist, von C. Kirchner die Lebensgeschichte Johann Theophilus
Lessings, der, ein jüngerer Bruder des Dichters, 1808 als Rektor des Lyceums zu
Chemnitz starb, u. a.

Von einer allgemeiner werdenden Bewegung zu gunsten des ganzen Ge¬
birges kauu jedoch erst vom Jahre 1878 an die Rede sein. Im Mai des
genannten Jahres wurde zu Ane-Zelle ein „Erzgebirgsverein" gegründet, haupt¬
sächlich zu dem Zwecke, auf die Schönheiten des Gebirges die allgemeine Auf¬
merksamkeit zu lenken, sie - - soweit es nötig — leichter zugänglich zu machen


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Zweites Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341841_195390/614>, abgerufen am 22.07.2024.