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Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Zweites Quartal.

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Um eine Perle.

O ganz gewiß! Aber er legte dabei die Hand fast liebevoll auf Beppos
Achsel und fetzte hinzu: Besser freilich ist's, wie es ist.

Beppo ergriff die Hand seines Herrn und zog sie an seine Lippen. Kehrt
das Glas noch einmal um, Signore, bat er, ich habe Euch noch nicht alles
gestanden.

Nein, geh jetzt, wehrte Giuseppe ab, denn er fühlte sich schon wieder halb
der Gewalt seines Dieners verfallen; da liegt die Börse, nimm sie und reite
mit deinen Grauschimmeln in die weite Welt hinaus.

Beppo wandte sich zur Thür; er hatte schon wieder eine Thräne bei der
Hand.

Hier ist die Börse, drängte Giuseppe sie ihm auf; vertrinke sie also uicht;
ich nehme mein unchristliches Wort zurück; laß sie einen Heckpfeunig für den
Hausstand sein, den du ja gründen wolltest, und solltest du eines schönen Tages
von deiner Herzallerliebsten mit einem kleinen Beppinv oder mit einer kleinen
Beppina beschenkt werden und nach einem Paten Umschau halten, so vergiß
nicht, mir Botschaft zu schicken.

Traurig schob Beppo den Geldbeutel in seine Tasche und griff nach der
Thürklinke.

Und was war's denn, ganz, ganz kurz gesagt, was ich noch erfahren sollte?
rief Giuseppe ihm nach.

Ich habe Eure Verzeihung, sagte Beppo, nicht wahr, gnädiger Herr? Das
ist alles, worauf es mir noch ankam. Er wollte mit einer tiefen Vernetzung
trübselig davongehen.

Dn bist meiner Treu beim Drahtzieher in die Schule gegangen, rief Giu¬
seppe; immer weißt du deinen Vorrat noch zu verlängern. Heraus mit dem
letzten Beichtfetzen.

Erlaßt mir's, bat Beppo; soll es auch mit mir wirklich anders werden,
so muß der alte Sauerteig weit hinter uns liegen. Ihr habt mir verziehen,
das genügt. Ich gehe.

Giuseppes Stirnader schwoll schon wieder zornig an. Wenn ich gesagt
habe: Heraus mit dem letzten Veichtfetzen, so hast du Ordre zu Pariren, don¬
nerte er.

Beppo duckte sich, als fasse ihn sein Herr schon wieder beim Kragen. Ich
hatte, stotterte er, nicht allein, wie ich's bereits bekannte, Euch für den Rest
Eurer Tage mit Gewissensbissen beladen wollen; Ihr solltet, zur Strafe für
Euer Verabschieden des armen Beppo, durch Euer Vergreifen an ihm auch um
eine Neuigkeit komme", die er für Euch ausgekundschaftet hatte und die er da¬
mals für Euch noch für wichtig halten mußte.

O Hallunke, ich durchschaue dich! rief Giuseppe, aber diesmal verrechnest
du dich; das Spiel mit den sibyllinischen Büchern verschlägt bei mir nicht
mehr; verschachere deine Neuigkeit an Leute, deren Kopf, wie vordem der


Um eine Perle.

O ganz gewiß! Aber er legte dabei die Hand fast liebevoll auf Beppos
Achsel und fetzte hinzu: Besser freilich ist's, wie es ist.

Beppo ergriff die Hand seines Herrn und zog sie an seine Lippen. Kehrt
das Glas noch einmal um, Signore, bat er, ich habe Euch noch nicht alles
gestanden.

Nein, geh jetzt, wehrte Giuseppe ab, denn er fühlte sich schon wieder halb
der Gewalt seines Dieners verfallen; da liegt die Börse, nimm sie und reite
mit deinen Grauschimmeln in die weite Welt hinaus.

Beppo wandte sich zur Thür; er hatte schon wieder eine Thräne bei der
Hand.

Hier ist die Börse, drängte Giuseppe sie ihm auf; vertrinke sie also uicht;
ich nehme mein unchristliches Wort zurück; laß sie einen Heckpfeunig für den
Hausstand sein, den du ja gründen wolltest, und solltest du eines schönen Tages
von deiner Herzallerliebsten mit einem kleinen Beppinv oder mit einer kleinen
Beppina beschenkt werden und nach einem Paten Umschau halten, so vergiß
nicht, mir Botschaft zu schicken.

Traurig schob Beppo den Geldbeutel in seine Tasche und griff nach der
Thürklinke.

Und was war's denn, ganz, ganz kurz gesagt, was ich noch erfahren sollte?
rief Giuseppe ihm nach.

Ich habe Eure Verzeihung, sagte Beppo, nicht wahr, gnädiger Herr? Das
ist alles, worauf es mir noch ankam. Er wollte mit einer tiefen Vernetzung
trübselig davongehen.

Dn bist meiner Treu beim Drahtzieher in die Schule gegangen, rief Giu¬
seppe; immer weißt du deinen Vorrat noch zu verlängern. Heraus mit dem
letzten Beichtfetzen.

Erlaßt mir's, bat Beppo; soll es auch mit mir wirklich anders werden,
so muß der alte Sauerteig weit hinter uns liegen. Ihr habt mir verziehen,
das genügt. Ich gehe.

Giuseppes Stirnader schwoll schon wieder zornig an. Wenn ich gesagt
habe: Heraus mit dem letzten Veichtfetzen, so hast du Ordre zu Pariren, don¬
nerte er.

Beppo duckte sich, als fasse ihn sein Herr schon wieder beim Kragen. Ich
hatte, stotterte er, nicht allein, wie ich's bereits bekannte, Euch für den Rest
Eurer Tage mit Gewissensbissen beladen wollen; Ihr solltet, zur Strafe für
Euer Verabschieden des armen Beppo, durch Euer Vergreifen an ihm auch um
eine Neuigkeit komme», die er für Euch ausgekundschaftet hatte und die er da¬
mals für Euch noch für wichtig halten mußte.

O Hallunke, ich durchschaue dich! rief Giuseppe, aber diesmal verrechnest
du dich; das Spiel mit den sibyllinischen Büchern verschlägt bei mir nicht
mehr; verschachere deine Neuigkeit an Leute, deren Kopf, wie vordem der


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Zweites Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341841_195390/56>, abgerufen am 22.07.2024.