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Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Zweites Quartal.

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Um eins perle.

So vertraut ist selbst Lazzaro nicht mit ihm.

Gesetzt aber, Ihr wäret so vertraut mit ihm gewesen, und nach seinem
Tode mutete man Euch zu --

Was Ihr nur redet! Er ist ja, Iclclio sis, loäaw, nicht tot! Was Ihr
nur alles durcheinander redet!

Ihr habt mir übrigens etwas abzubitten, Signora Eufcmia, fuhr Beppo
fort, indem er auf den Versuch verzichtete, sie durch Syllogismen irrezu¬
führen, besinnt Euch -- das war's auch eigentlich, warum mir das Blut
so zum Kopfe schoß; besinnt Euch, Signora Eufemia. Und er zupfte sie am
Schulterband.

Geht, sagte die Friaulerin, mir ist garnicht zu Sinn, mit Euch Narrens-
possen zu treiben.

Das sind keine Narrenspossen. Wenn man jemand auf den Fuß getreten hat,
so sagt man: Um Vergebung. Habt Ihr mir etwa nicht auf den Fuß getreten?

Daß ich nicht wüßte. Laßt mich gehen.

Derb, Signora Eufemia.

Thorheit!

Und zwar zu zweien malen.

Ihr seid ein Narr. Sie gab das Füttern des Eichlntzcheus auf und nahm
ihre Taffetkappe vom Nagel.

Mit dem Narren habt Ihr mir zum drittenmal, ohne Euch zu entschul¬
digen, auf den Fuß getreten, sagte Beppo, und ging nach dem Tische, wo fein
Klapphut lag. Nun, den Narren wie den Hasenfuß nehme ich auf die leichte
Achsel, fuhr er fort, indem er seinen Schnurrbart zwirnte; dergleichen läuft
von mir ab, wie Regen von der Henne. Den Säufer dagegen müßt Ihr aus¬
drücklich zurücknehmen, denn ich habe, seit ich Euch zuliebe die Flasche abschwur,
noch nicht den Schimmer eines Rausches gehabt, und das Wort Säufer ist
mir daher bis auf die Knochen gegangen.

Seid Ihr bereit, mich zu begleiten? sagte Eufemia mit einem halb bei¬
fälligen Lächeln.

Wohin?

Nun, zum Signor Andrea.

Beppo kratzte sich bedenklich hinterm Ohr. Und was wird, wenn man
mich nun wieder mit Daumenschrauben examinirt?

Fragt lieber: Was wird, wenn Signor Marcello nun mit dem Leben
davonkömmt!

Gut, Signora Eufemia, rief Beppo und streckte ihr die Hand entgegen,
wenn also Euer Herr durch mein Verdienst hier mit dem Leben davonkömmt,
was ist dann mein Lohn?

Davon ein andermal, lachte die Friaulerin, ohne einzuschlagen; jetzt gefallt
Ihr mir wieder, und das sei Euch für jetzt genug.


Um eins perle.

So vertraut ist selbst Lazzaro nicht mit ihm.

Gesetzt aber, Ihr wäret so vertraut mit ihm gewesen, und nach seinem
Tode mutete man Euch zu —

Was Ihr nur redet! Er ist ja, Iclclio sis, loäaw, nicht tot! Was Ihr
nur alles durcheinander redet!

Ihr habt mir übrigens etwas abzubitten, Signora Eufcmia, fuhr Beppo
fort, indem er auf den Versuch verzichtete, sie durch Syllogismen irrezu¬
führen, besinnt Euch — das war's auch eigentlich, warum mir das Blut
so zum Kopfe schoß; besinnt Euch, Signora Eufemia. Und er zupfte sie am
Schulterband.

Geht, sagte die Friaulerin, mir ist garnicht zu Sinn, mit Euch Narrens-
possen zu treiben.

Das sind keine Narrenspossen. Wenn man jemand auf den Fuß getreten hat,
so sagt man: Um Vergebung. Habt Ihr mir etwa nicht auf den Fuß getreten?

Daß ich nicht wüßte. Laßt mich gehen.

Derb, Signora Eufemia.

Thorheit!

Und zwar zu zweien malen.

Ihr seid ein Narr. Sie gab das Füttern des Eichlntzcheus auf und nahm
ihre Taffetkappe vom Nagel.

Mit dem Narren habt Ihr mir zum drittenmal, ohne Euch zu entschul¬
digen, auf den Fuß getreten, sagte Beppo, und ging nach dem Tische, wo fein
Klapphut lag. Nun, den Narren wie den Hasenfuß nehme ich auf die leichte
Achsel, fuhr er fort, indem er seinen Schnurrbart zwirnte; dergleichen läuft
von mir ab, wie Regen von der Henne. Den Säufer dagegen müßt Ihr aus¬
drücklich zurücknehmen, denn ich habe, seit ich Euch zuliebe die Flasche abschwur,
noch nicht den Schimmer eines Rausches gehabt, und das Wort Säufer ist
mir daher bis auf die Knochen gegangen.

Seid Ihr bereit, mich zu begleiten? sagte Eufemia mit einem halb bei¬
fälligen Lächeln.

Wohin?

Nun, zum Signor Andrea.

Beppo kratzte sich bedenklich hinterm Ohr. Und was wird, wenn man
mich nun wieder mit Daumenschrauben examinirt?

Fragt lieber: Was wird, wenn Signor Marcello nun mit dem Leben
davonkömmt!

Gut, Signora Eufemia, rief Beppo und streckte ihr die Hand entgegen,
wenn also Euer Herr durch mein Verdienst hier mit dem Leben davonkömmt,
was ist dann mein Lohn?

Davon ein andermal, lachte die Friaulerin, ohne einzuschlagen; jetzt gefallt
Ihr mir wieder, und das sei Euch für jetzt genug.


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[0541] Um eins perle. So vertraut ist selbst Lazzaro nicht mit ihm. Gesetzt aber, Ihr wäret so vertraut mit ihm gewesen, und nach seinem Tode mutete man Euch zu — Was Ihr nur redet! Er ist ja, Iclclio sis, loäaw, nicht tot! Was Ihr nur alles durcheinander redet! Ihr habt mir übrigens etwas abzubitten, Signora Eufcmia, fuhr Beppo fort, indem er auf den Versuch verzichtete, sie durch Syllogismen irrezu¬ führen, besinnt Euch — das war's auch eigentlich, warum mir das Blut so zum Kopfe schoß; besinnt Euch, Signora Eufemia. Und er zupfte sie am Schulterband. Geht, sagte die Friaulerin, mir ist garnicht zu Sinn, mit Euch Narrens- possen zu treiben. Das sind keine Narrenspossen. Wenn man jemand auf den Fuß getreten hat, so sagt man: Um Vergebung. Habt Ihr mir etwa nicht auf den Fuß getreten? Daß ich nicht wüßte. Laßt mich gehen. Derb, Signora Eufemia. Thorheit! Und zwar zu zweien malen. Ihr seid ein Narr. Sie gab das Füttern des Eichlntzcheus auf und nahm ihre Taffetkappe vom Nagel. Mit dem Narren habt Ihr mir zum drittenmal, ohne Euch zu entschul¬ digen, auf den Fuß getreten, sagte Beppo, und ging nach dem Tische, wo fein Klapphut lag. Nun, den Narren wie den Hasenfuß nehme ich auf die leichte Achsel, fuhr er fort, indem er seinen Schnurrbart zwirnte; dergleichen läuft von mir ab, wie Regen von der Henne. Den Säufer dagegen müßt Ihr aus¬ drücklich zurücknehmen, denn ich habe, seit ich Euch zuliebe die Flasche abschwur, noch nicht den Schimmer eines Rausches gehabt, und das Wort Säufer ist mir daher bis auf die Knochen gegangen. Seid Ihr bereit, mich zu begleiten? sagte Eufemia mit einem halb bei¬ fälligen Lächeln. Wohin? Nun, zum Signor Andrea. Beppo kratzte sich bedenklich hinterm Ohr. Und was wird, wenn man mich nun wieder mit Daumenschrauben examinirt? Fragt lieber: Was wird, wenn Signor Marcello nun mit dem Leben davonkömmt! Gut, Signora Eufemia, rief Beppo und streckte ihr die Hand entgegen, wenn also Euer Herr durch mein Verdienst hier mit dem Leben davonkömmt, was ist dann mein Lohn? Davon ein andermal, lachte die Friaulerin, ohne einzuschlagen; jetzt gefallt Ihr mir wieder, und das sei Euch für jetzt genug.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Zweites Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341841_195390/541>, abgerufen am 22.07.2024.