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Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Zweites Quartal.

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Brandenburg-Preußen auf der Westküste Afrikas ^63^ -- ^72^.

tigkeit, besonders für den Gummihandel, bald erkannt. Das Handelsmonopol
der Faktorei, die ans der Insel angelegt wurde, brachte schon um 1460 100 000
Reis Jahrespacht. (Vgl. Peschel, Geschichte der Entdeckungen, S. 67.) 1520
wurde auf der Ostseite der Insel ein Kastell angelegt. Als Portugal im Jahre
1580 an Spanien siel, kam Argnin in den Besitz desselben und erhielt eine
spanische Garnison. Am 29. Januar 1638, während des Unabhäugigkeits-
kampfes der Niederländer gegen Spanien, zwangen drei Schiffe der West¬
indischen Handelsgesellschaft nach einer achttägige" Beschießung die spanische
Besatzung zur Räumung des Kastells. Am 22. August 1678 erschien der fran¬
zösische Kapitän du Caß vor dem Kastell und nahm es nach einer sechstägigen
Belagerung. Im Frieden von Nhmwegcn (12. August 1678) wurde das Kastell
nicht zurückgegeben, sondern verblieb der französischen Handelsgesellschaft am
Senegal. Da diese aber uicht die Mittel hatte, auf die Dauer eine Garnison
daselbst zu halten, so wurde das Kastell zerstört. Hiermit kam Arguin wieder
unter die Herrschaft der eingebornen Herrscher von "Argien," welches einst
einen Teil von "Barbarien" bildete, mit welchem Namen man im siebzehnten
Jahrhundert die gesamten muhamedanischen Staaten von Nordwest-Afrika be¬
zeichnete.

Der Große Kurfürst war nun schon im Jahre 1683 auf den Platz auf¬
merksam geworden und hatte beschlossen, seine afrikanischen Kolonien durch den
Platz zu erweitern. Es wurde dann der "Note Löwe" (20 Geschütze) unter
dem Kommandeur Cornelius Reers abgeschickt, der am 1. Oktober 1685 das
Reich Blanco erreichte. Von hier aus wurde das alte Kastell in Besitz ge¬
nommen, wobei die Brandenburger von Lcuubert de Hort, einem Kapitän der
niederländisch-Westindischen Handelsgesellschaft, beobachtet wurden, ohne jedoch
gestört zu werden. Die Mohren verpflichteten sich nun, ihren Gummi nur an
die Brandenburger abzuliefern.") 1686 schloß Reers mit dem Könige Wii
Heddy einen Vertrag ab, der im folgenden Jahre ratifizirt und 1698 erneuert
wurde. Das Handelsgcbict ging von "Canarien bis an die Küste von Senegal,"
?0 Meilen von Canarien bis Arguin und 80 Meilen von Arguin bis an den
Senegal."") Im Oktober 1687 segelte Cornelius Reers, der inzwischen nach
Europa zurückgekehrt war, um Bericht zu erstatten, mit den beiden Fregatten
"Dragoner" (24 Geschütze) und "Berlin" (14 Geschütze) zum zweiten male
nach Arguin, um die Wiederherstellung des Kastells in Angriff zu nehmen.
Kaum waren die Wälle notdürftig hergestellt und armirt, so erschien Ende des
Jahres 1687 ein französischer Kapitän mit zwei Schiffen und forderte die Brandcn-




Außer Gummi wurde noch gehandelt: etwas Gold, Sklaven, Elefantenzähne, Bc-
zoarsteine, Pfeffer, Häute voll Tigern, Ochsen, Böcken, Cabritten, Straußfedern, Fische, Salz,
Ambra de Gris.
Der König von Argien konnte wohl 100 000 nnter die Waffen bringen. DaS
Klima war gesund.
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tigkeit, besonders für den Gummihandel, bald erkannt. Das Handelsmonopol
der Faktorei, die ans der Insel angelegt wurde, brachte schon um 1460 100 000
Reis Jahrespacht. (Vgl. Peschel, Geschichte der Entdeckungen, S. 67.) 1520
wurde auf der Ostseite der Insel ein Kastell angelegt. Als Portugal im Jahre
1580 an Spanien siel, kam Argnin in den Besitz desselben und erhielt eine
spanische Garnison. Am 29. Januar 1638, während des Unabhäugigkeits-
kampfes der Niederländer gegen Spanien, zwangen drei Schiffe der West¬
indischen Handelsgesellschaft nach einer achttägige» Beschießung die spanische
Besatzung zur Räumung des Kastells. Am 22. August 1678 erschien der fran¬
zösische Kapitän du Caß vor dem Kastell und nahm es nach einer sechstägigen
Belagerung. Im Frieden von Nhmwegcn (12. August 1678) wurde das Kastell
nicht zurückgegeben, sondern verblieb der französischen Handelsgesellschaft am
Senegal. Da diese aber uicht die Mittel hatte, auf die Dauer eine Garnison
daselbst zu halten, so wurde das Kastell zerstört. Hiermit kam Arguin wieder
unter die Herrschaft der eingebornen Herrscher von „Argien," welches einst
einen Teil von „Barbarien" bildete, mit welchem Namen man im siebzehnten
Jahrhundert die gesamten muhamedanischen Staaten von Nordwest-Afrika be¬
zeichnete.

Der Große Kurfürst war nun schon im Jahre 1683 auf den Platz auf¬
merksam geworden und hatte beschlossen, seine afrikanischen Kolonien durch den
Platz zu erweitern. Es wurde dann der „Note Löwe" (20 Geschütze) unter
dem Kommandeur Cornelius Reers abgeschickt, der am 1. Oktober 1685 das
Reich Blanco erreichte. Von hier aus wurde das alte Kastell in Besitz ge¬
nommen, wobei die Brandenburger von Lcuubert de Hort, einem Kapitän der
niederländisch-Westindischen Handelsgesellschaft, beobachtet wurden, ohne jedoch
gestört zu werden. Die Mohren verpflichteten sich nun, ihren Gummi nur an
die Brandenburger abzuliefern.") 1686 schloß Reers mit dem Könige Wii
Heddy einen Vertrag ab, der im folgenden Jahre ratifizirt und 1698 erneuert
wurde. Das Handelsgcbict ging von „Canarien bis an die Küste von Senegal,"
?0 Meilen von Canarien bis Arguin und 80 Meilen von Arguin bis an den
Senegal."") Im Oktober 1687 segelte Cornelius Reers, der inzwischen nach
Europa zurückgekehrt war, um Bericht zu erstatten, mit den beiden Fregatten
„Dragoner" (24 Geschütze) und „Berlin" (14 Geschütze) zum zweiten male
nach Arguin, um die Wiederherstellung des Kastells in Angriff zu nehmen.
Kaum waren die Wälle notdürftig hergestellt und armirt, so erschien Ende des
Jahres 1687 ein französischer Kapitän mit zwei Schiffen und forderte die Brandcn-




Außer Gummi wurde noch gehandelt: etwas Gold, Sklaven, Elefantenzähne, Bc-
zoarsteine, Pfeffer, Häute voll Tigern, Ochsen, Böcken, Cabritten, Straußfedern, Fische, Salz,
Ambra de Gris.
Der König von Argien konnte wohl 100 000 nnter die Waffen bringen. DaS
Klima war gesund.
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[0512] Brandenburg-Preußen auf der Westküste Afrikas ^63^ — ^72^. tigkeit, besonders für den Gummihandel, bald erkannt. Das Handelsmonopol der Faktorei, die ans der Insel angelegt wurde, brachte schon um 1460 100 000 Reis Jahrespacht. (Vgl. Peschel, Geschichte der Entdeckungen, S. 67.) 1520 wurde auf der Ostseite der Insel ein Kastell angelegt. Als Portugal im Jahre 1580 an Spanien siel, kam Argnin in den Besitz desselben und erhielt eine spanische Garnison. Am 29. Januar 1638, während des Unabhäugigkeits- kampfes der Niederländer gegen Spanien, zwangen drei Schiffe der West¬ indischen Handelsgesellschaft nach einer achttägige» Beschießung die spanische Besatzung zur Räumung des Kastells. Am 22. August 1678 erschien der fran¬ zösische Kapitän du Caß vor dem Kastell und nahm es nach einer sechstägigen Belagerung. Im Frieden von Nhmwegcn (12. August 1678) wurde das Kastell nicht zurückgegeben, sondern verblieb der französischen Handelsgesellschaft am Senegal. Da diese aber uicht die Mittel hatte, auf die Dauer eine Garnison daselbst zu halten, so wurde das Kastell zerstört. Hiermit kam Arguin wieder unter die Herrschaft der eingebornen Herrscher von „Argien," welches einst einen Teil von „Barbarien" bildete, mit welchem Namen man im siebzehnten Jahrhundert die gesamten muhamedanischen Staaten von Nordwest-Afrika be¬ zeichnete. Der Große Kurfürst war nun schon im Jahre 1683 auf den Platz auf¬ merksam geworden und hatte beschlossen, seine afrikanischen Kolonien durch den Platz zu erweitern. Es wurde dann der „Note Löwe" (20 Geschütze) unter dem Kommandeur Cornelius Reers abgeschickt, der am 1. Oktober 1685 das Reich Blanco erreichte. Von hier aus wurde das alte Kastell in Besitz ge¬ nommen, wobei die Brandenburger von Lcuubert de Hort, einem Kapitän der niederländisch-Westindischen Handelsgesellschaft, beobachtet wurden, ohne jedoch gestört zu werden. Die Mohren verpflichteten sich nun, ihren Gummi nur an die Brandenburger abzuliefern.") 1686 schloß Reers mit dem Könige Wii Heddy einen Vertrag ab, der im folgenden Jahre ratifizirt und 1698 erneuert wurde. Das Handelsgcbict ging von „Canarien bis an die Küste von Senegal," ?0 Meilen von Canarien bis Arguin und 80 Meilen von Arguin bis an den Senegal."") Im Oktober 1687 segelte Cornelius Reers, der inzwischen nach Europa zurückgekehrt war, um Bericht zu erstatten, mit den beiden Fregatten „Dragoner" (24 Geschütze) und „Berlin" (14 Geschütze) zum zweiten male nach Arguin, um die Wiederherstellung des Kastells in Angriff zu nehmen. Kaum waren die Wälle notdürftig hergestellt und armirt, so erschien Ende des Jahres 1687 ein französischer Kapitän mit zwei Schiffen und forderte die Brandcn- Außer Gummi wurde noch gehandelt: etwas Gold, Sklaven, Elefantenzähne, Bc- zoarsteine, Pfeffer, Häute voll Tigern, Ochsen, Böcken, Cabritten, Straußfedern, Fische, Salz, Ambra de Gris. Der König von Argien konnte wohl 100 000 nnter die Waffen bringen. DaS Klima war gesund.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Zweites Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341841_195390/512>, abgerufen am 22.07.2024.