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Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Zweites Quartal.

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Brandenburg-Preußen auf der Westküste Afrikas ^68^ -- ^72^.

Fußangeln, 50 Stück spanische Reiter. Auch sonst wurde für alle Bedürfnisse
reichlich gesorgt; selbst ein Wagen mit vier Pferden wurde eingeschifft.

Mit großer Sorgfalt wurden auch Einrichtungen getroffen, welche die
weitere Entwicklung der Kolonialunternehmungen sicherstellte. Dahin gehört
besonders eine dem Kurfürsten unmittelbar unterstellte Marinebehörde, die Auf¬
stellung eines Marinebataillons und die Verlegung des Sitzes der Afrikanischen
Kompagnie, sowie des Hauptkriegshafens von Königsberg nach Emden.

Enden war zwar keine brandenburgische Stadt, aber die in dessen Nähe
gelegene Burg Gretsyl befand sich im Besitze des Kurfürsten, der sie auf An¬
suchen der ostfriesiischen Stände, welche mit ihrem Fürsten im Streite lagen, dnrch
Überfall genommen hatte und dort eine Besatzung hielt. Die Nachteile, welche
die Ostsee dem überseeischen Handel darbot, liegen auf der Hand. Vier Monate
hindurch war sie nicht schiffbar, der Sundzoll an die dänische Überwachung
our unbequem, die Fahrt im Kattegat gefährlich. Auch zeigten sich die Königs¬
berger Kaufleute wenig entgegenkommend. Emden ist von 1684 an bis zur
Auflösung der brandenburgischen Marine Sitz der Kompagnie und Haupthafen
geblieben. Die "hiesige Lomxaguiö alö Karins" (1 Hauptmann, 1 Leutnant,
1 Fähnrich und 11V Mann; die Zahl der Kvmpcignicen erhöhte sich später auf 3,
vorübergehend sogar auf 4) gab die Besatzung für die Schiffe und Forts in
Afrika. Am wichtigsten jedoch war, daß der Kurfürst eine Admiralität in Berlin
errichtete, die Kriegsschiffe, die seither nur auf Zeit gemietet waren, auf den
Staat übernahm und eine genau festgesetzte Anzahl von Seeoffizieren, Beamten,
Werkleuten und Matrosen anstellte.")

Hiernach zählte die Marine 10 kurfürstliche Schiffe mit 240 Geschützen;
außerdem war Raute verpflichtet, weitere 17 Schiffe mit 158 Geschützen zur
Verfügung zu halten. Das ständige Personal zählte, abgesehen von den Be¬
amten, 1 Vizekommandeur, 5 See- und 3 Marinekapitüne, 12 Steuerleute,
120 Matrosen. Auch wurde die Garnison von Gretsyl und Emden auf den
Marine-Etat übernommen. Der Marine-Etat betrug jährlich 45324 Thaler.
Zum Etat flössen als bisheriger "Fundus" 38600 Thaler. Dazu wurden
15 000 Thaler gelegt, welche die ostfriesischen Stände zahlten. Die über¬
schießenden 9000 Thaler waren es, welche zu Ankäufen von Nauleschen Schiffen
verwendet wurden.

Wir haben die Einrichtungen, welche der Große Kurfürst seines über¬
seeische" Handels wegen traf, ausführlicher besprochen, um die Thatsache klar
hervortreten zu lassen, daß ein großer, umfassender Gedanke alle Maßnahmen
lenkte und leitete. Alles ist tief durchdacht und mit ungemein praktischem
Sinne den realen Verhältnissen angepaßt. Dein Leser drängt sich die Über-



*) Die Nachweisung des ersten Marine-Etats giebt die Kabinetsordre vom 18. Juli 1684,
die als Anlage 4 dein Generalstabswerke beigegeben ist.
Brandenburg-Preußen auf der Westküste Afrikas ^68^ — ^72^.

Fußangeln, 50 Stück spanische Reiter. Auch sonst wurde für alle Bedürfnisse
reichlich gesorgt; selbst ein Wagen mit vier Pferden wurde eingeschifft.

Mit großer Sorgfalt wurden auch Einrichtungen getroffen, welche die
weitere Entwicklung der Kolonialunternehmungen sicherstellte. Dahin gehört
besonders eine dem Kurfürsten unmittelbar unterstellte Marinebehörde, die Auf¬
stellung eines Marinebataillons und die Verlegung des Sitzes der Afrikanischen
Kompagnie, sowie des Hauptkriegshafens von Königsberg nach Emden.

Enden war zwar keine brandenburgische Stadt, aber die in dessen Nähe
gelegene Burg Gretsyl befand sich im Besitze des Kurfürsten, der sie auf An¬
suchen der ostfriesiischen Stände, welche mit ihrem Fürsten im Streite lagen, dnrch
Überfall genommen hatte und dort eine Besatzung hielt. Die Nachteile, welche
die Ostsee dem überseeischen Handel darbot, liegen auf der Hand. Vier Monate
hindurch war sie nicht schiffbar, der Sundzoll an die dänische Überwachung
our unbequem, die Fahrt im Kattegat gefährlich. Auch zeigten sich die Königs¬
berger Kaufleute wenig entgegenkommend. Emden ist von 1684 an bis zur
Auflösung der brandenburgischen Marine Sitz der Kompagnie und Haupthafen
geblieben. Die „hiesige Lomxaguiö alö Karins" (1 Hauptmann, 1 Leutnant,
1 Fähnrich und 11V Mann; die Zahl der Kvmpcignicen erhöhte sich später auf 3,
vorübergehend sogar auf 4) gab die Besatzung für die Schiffe und Forts in
Afrika. Am wichtigsten jedoch war, daß der Kurfürst eine Admiralität in Berlin
errichtete, die Kriegsschiffe, die seither nur auf Zeit gemietet waren, auf den
Staat übernahm und eine genau festgesetzte Anzahl von Seeoffizieren, Beamten,
Werkleuten und Matrosen anstellte.")

Hiernach zählte die Marine 10 kurfürstliche Schiffe mit 240 Geschützen;
außerdem war Raute verpflichtet, weitere 17 Schiffe mit 158 Geschützen zur
Verfügung zu halten. Das ständige Personal zählte, abgesehen von den Be¬
amten, 1 Vizekommandeur, 5 See- und 3 Marinekapitüne, 12 Steuerleute,
120 Matrosen. Auch wurde die Garnison von Gretsyl und Emden auf den
Marine-Etat übernommen. Der Marine-Etat betrug jährlich 45324 Thaler.
Zum Etat flössen als bisheriger „Fundus" 38600 Thaler. Dazu wurden
15 000 Thaler gelegt, welche die ostfriesischen Stände zahlten. Die über¬
schießenden 9000 Thaler waren es, welche zu Ankäufen von Nauleschen Schiffen
verwendet wurden.

Wir haben die Einrichtungen, welche der Große Kurfürst seines über¬
seeische» Handels wegen traf, ausführlicher besprochen, um die Thatsache klar
hervortreten zu lassen, daß ein großer, umfassender Gedanke alle Maßnahmen
lenkte und leitete. Alles ist tief durchdacht und mit ungemein praktischem
Sinne den realen Verhältnissen angepaßt. Dein Leser drängt sich die Über-



*) Die Nachweisung des ersten Marine-Etats giebt die Kabinetsordre vom 18. Juli 1684,
die als Anlage 4 dein Generalstabswerke beigegeben ist.
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Zweites Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341841_195390/508>, abgerufen am 22.07.2024.