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Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Zweites Quartal.

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Zur Beruhigung in der lvährungsfrage.

mens an einem hinter ihr her lärmenden und seine "begeisterte Zustimmung"
kundgebenden Haufen fehlen, zumal wenn sie sich auf Ideen stützt, welche noch
vor einem halben Menschenalter fast für das ganze Volk maßgebend waren.

Es mag sein, daß ein künftiges Geschlecht verwundert fragen wird: Wie
konntet ihr dem Rade der Geschichte, welches sich doch zu euern Gunsten drehen
wollte, gewaltsam in die Speichen zu fallen versuchen? Aber dann werden
diese Männer mit Recht antworten können: "Gemach! Wir waren nicht
schlechter und nicht dümmer als die Athener zur Zeit des Themistokles und
Perikles; wir hatten nur nicht die geistige Kraft, von Jugend auf in uns Ver¬
arbeitetes, welches seinerzeit das Beste gewesen war, was es gab, dem großen
Erneuerungsprozesse unsrer Nation unterzuordnen. Das ist ein Unglück und
ist vielleicht auch eine Schuld, aber es ist eine solche, über die nur die Geschichte
und nicht das mit uns lebende Geschlecht zu Richtern berufen sein kann." So ist es.




Zur Beruhigung in der Währungsfrage.

bgleich im Reichstage am 6. März der Antrag von v. Schorlemer,
v. Kardorff und Genossen: "Den Herrn Reichskanzler zu ersuchen,
die Initiative zu einer Wiedereinberufung der im Jahre 1881
abgebrochenen Münzkvnferenzen zu ergreifen, um eine Wieder¬
aufnahme der Ausprägung vollwertiger Silbermünzen Vonseiten der
Vereinigten Staaten, des lateinischen Münzbnndcs, des deutschen Reiches und
aller derjenigen Staaten herbeizuführen, welche sich diesen Ländern anschließen
wollen," abgelehnt worden und demnach eine Änderung unsrer Goldwährung
für die nächste Zukunft unwahrscheinlich ist, so sorgt doch der deutsche Verein
für internationale Doppelwährung dafür, daß die Währungsfrage nicht von der
Tagesordnung verschwindet. Es dürfte daher manchem erwünscht sein, Aufschluß
über die technischen Ausdrücke und die geschichtlichen Thatsachen der Währungsfrage
zu bekommen, um sich dann selbst über das Für uiid Wider ein Urteil zu bilden.

Ans der Natnralivirtschaft, dem Umtausch von Waare gegen Waare, entwickelte
sich die Geldwirtschaft zunächst in der Weise, daß edles Metall zugewvgen wurde.
Da aber das ZuWiegen jedesmal Zeit und Mühe verursachte, das Gewicht auch
nicht die Reinheit verbürgte so gab man auf dem Stück Edelmetall Gewicht
und Feinheit an und zahlte so mit gestempelten Barren. Es wurde nun eine
Gestalt der Stücke wünschenswert, die eine Minderung des Gewichts hinderte,
man prägte Münzen, kreisrunde Scheiben von der Stärke, daß der Rand noch
geprägt werden konnte. Bei der Münze ist der Feingehalt (Korn) vom Brutto-


Zur Beruhigung in der lvährungsfrage.

mens an einem hinter ihr her lärmenden und seine „begeisterte Zustimmung"
kundgebenden Haufen fehlen, zumal wenn sie sich auf Ideen stützt, welche noch
vor einem halben Menschenalter fast für das ganze Volk maßgebend waren.

Es mag sein, daß ein künftiges Geschlecht verwundert fragen wird: Wie
konntet ihr dem Rade der Geschichte, welches sich doch zu euern Gunsten drehen
wollte, gewaltsam in die Speichen zu fallen versuchen? Aber dann werden
diese Männer mit Recht antworten können: „Gemach! Wir waren nicht
schlechter und nicht dümmer als die Athener zur Zeit des Themistokles und
Perikles; wir hatten nur nicht die geistige Kraft, von Jugend auf in uns Ver¬
arbeitetes, welches seinerzeit das Beste gewesen war, was es gab, dem großen
Erneuerungsprozesse unsrer Nation unterzuordnen. Das ist ein Unglück und
ist vielleicht auch eine Schuld, aber es ist eine solche, über die nur die Geschichte
und nicht das mit uns lebende Geschlecht zu Richtern berufen sein kann." So ist es.




Zur Beruhigung in der Währungsfrage.

bgleich im Reichstage am 6. März der Antrag von v. Schorlemer,
v. Kardorff und Genossen: „Den Herrn Reichskanzler zu ersuchen,
die Initiative zu einer Wiedereinberufung der im Jahre 1881
abgebrochenen Münzkvnferenzen zu ergreifen, um eine Wieder¬
aufnahme der Ausprägung vollwertiger Silbermünzen Vonseiten der
Vereinigten Staaten, des lateinischen Münzbnndcs, des deutschen Reiches und
aller derjenigen Staaten herbeizuführen, welche sich diesen Ländern anschließen
wollen," abgelehnt worden und demnach eine Änderung unsrer Goldwährung
für die nächste Zukunft unwahrscheinlich ist, so sorgt doch der deutsche Verein
für internationale Doppelwährung dafür, daß die Währungsfrage nicht von der
Tagesordnung verschwindet. Es dürfte daher manchem erwünscht sein, Aufschluß
über die technischen Ausdrücke und die geschichtlichen Thatsachen der Währungsfrage
zu bekommen, um sich dann selbst über das Für uiid Wider ein Urteil zu bilden.

Ans der Natnralivirtschaft, dem Umtausch von Waare gegen Waare, entwickelte
sich die Geldwirtschaft zunächst in der Weise, daß edles Metall zugewvgen wurde.
Da aber das ZuWiegen jedesmal Zeit und Mühe verursachte, das Gewicht auch
nicht die Reinheit verbürgte so gab man auf dem Stück Edelmetall Gewicht
und Feinheit an und zahlte so mit gestempelten Barren. Es wurde nun eine
Gestalt der Stücke wünschenswert, die eine Minderung des Gewichts hinderte,
man prägte Münzen, kreisrunde Scheiben von der Stärke, daß der Rand noch
geprägt werden konnte. Bei der Münze ist der Feingehalt (Korn) vom Brutto-


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[0451] Zur Beruhigung in der lvährungsfrage. mens an einem hinter ihr her lärmenden und seine „begeisterte Zustimmung" kundgebenden Haufen fehlen, zumal wenn sie sich auf Ideen stützt, welche noch vor einem halben Menschenalter fast für das ganze Volk maßgebend waren. Es mag sein, daß ein künftiges Geschlecht verwundert fragen wird: Wie konntet ihr dem Rade der Geschichte, welches sich doch zu euern Gunsten drehen wollte, gewaltsam in die Speichen zu fallen versuchen? Aber dann werden diese Männer mit Recht antworten können: „Gemach! Wir waren nicht schlechter und nicht dümmer als die Athener zur Zeit des Themistokles und Perikles; wir hatten nur nicht die geistige Kraft, von Jugend auf in uns Ver¬ arbeitetes, welches seinerzeit das Beste gewesen war, was es gab, dem großen Erneuerungsprozesse unsrer Nation unterzuordnen. Das ist ein Unglück und ist vielleicht auch eine Schuld, aber es ist eine solche, über die nur die Geschichte und nicht das mit uns lebende Geschlecht zu Richtern berufen sein kann." So ist es. Zur Beruhigung in der Währungsfrage. bgleich im Reichstage am 6. März der Antrag von v. Schorlemer, v. Kardorff und Genossen: „Den Herrn Reichskanzler zu ersuchen, die Initiative zu einer Wiedereinberufung der im Jahre 1881 abgebrochenen Münzkvnferenzen zu ergreifen, um eine Wieder¬ aufnahme der Ausprägung vollwertiger Silbermünzen Vonseiten der Vereinigten Staaten, des lateinischen Münzbnndcs, des deutschen Reiches und aller derjenigen Staaten herbeizuführen, welche sich diesen Ländern anschließen wollen," abgelehnt worden und demnach eine Änderung unsrer Goldwährung für die nächste Zukunft unwahrscheinlich ist, so sorgt doch der deutsche Verein für internationale Doppelwährung dafür, daß die Währungsfrage nicht von der Tagesordnung verschwindet. Es dürfte daher manchem erwünscht sein, Aufschluß über die technischen Ausdrücke und die geschichtlichen Thatsachen der Währungsfrage zu bekommen, um sich dann selbst über das Für uiid Wider ein Urteil zu bilden. Ans der Natnralivirtschaft, dem Umtausch von Waare gegen Waare, entwickelte sich die Geldwirtschaft zunächst in der Weise, daß edles Metall zugewvgen wurde. Da aber das ZuWiegen jedesmal Zeit und Mühe verursachte, das Gewicht auch nicht die Reinheit verbürgte so gab man auf dem Stück Edelmetall Gewicht und Feinheit an und zahlte so mit gestempelten Barren. Es wurde nun eine Gestalt der Stücke wünschenswert, die eine Minderung des Gewichts hinderte, man prägte Münzen, kreisrunde Scheiben von der Stärke, daß der Rand noch geprägt werden konnte. Bei der Münze ist der Feingehalt (Korn) vom Brutto-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Zweites Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341841_195390/451>, abgerufen am 22.07.2024.