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Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Zweites Quartal.

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erwarten dürfen. Für die Auswanderung ist der Kvngostaat schon wegen des
heißen und ungesunden Klimas so wenig wie andre Tropenländer geeignet.
Die Stiimnuug der leitenden Beamten der Internationalen Gesellschaft erwies
sich deutschen Beamten nicht günstig, und es befinden sich solche nur in unter¬
geordneten Stellungen. Alle gut dotirter Posten sind mit Engländern oder
Belgiern besetzt. Unsre Kaufleute und Fabrikanten endlich haben ohne Zweifel
anderwärts bessere Aussichten auf gewinnbringende Geschäfte als hier, wo noch
jahrelang zu roder und zu pflanzen sein wird, ehe Dinge reifen, die sie brauchen
können.




Reumonts Erinnerungen.

er hochbetagte Diplomat und Schriftsteller Alfred von Neumond
hat die Lesewelt vor kurzem mit einem neuen Buche beschenkt, dem
er den Titel Aus König Friedrich Wilhelms des Vierten
gesunden und kranken Tagen gegeben hat, das wir aber, da
die Mitteilungen desselben über Friedrich Wilhelm den Vierten
nur einen Teil seines Inhalts, und zwar nicht viel mehr als die Hälfte des¬
selben bilden, mit unsrer Überschrift richtiger bezeichnet zu haben meinen. Es ist
ein Rückblick des Verfassers auf sein Leben und die Persönlichkeiten, mit denen
er während desselben in Berührung gekommen ist, und zu denen als Mittel-
Punkt König Friedrich Wilhelm der Vierte zählt. Reumonts Leben ist ein
reiches gewesen, viele der erwähnten und mehr oder minder ausführlich cha-
rakterisirten Personen haben in politischer oder gesellschaftlicher Beziehung Be¬
deutung gehabt, und so beanspruchen diese Aufzeichnungen nach verschiednen
Richtungen hin Interesse. Ein Charakterbild des Königs, das man nach dem
Titel erwarten konnte, liefern sie nicht, am wenigsten ein vollständiges, wohl
"der mancherlei neue Züge zu einem solchen. "Ich berichte nur, heißt es im
Vorworte, von dem, was ich selbst erlebt und angesehen habe, oder was in
nächster Nähe vorgegangen ist. . . Es ist, soviel an mir lag, eine Schilderung
seines Seins und seines Wirkens, wie ich ihn in nächster Nähe, in guten wie
in schlimmen Zeiten zu beobachten Gelegenheit gehabt habe, zu Hause und auf
Reisen, in der Gesellschaft, in mancherlei Geschäften und Beziehungen." Im
übrigen soll diese Schilderung "ein Zeugnis der Wahrheit und zugleich der
Dankbarkeit ablegen," wobei freilich zu bedenken ist, daß die Dankbarkeit un-


erwarten dürfen. Für die Auswanderung ist der Kvngostaat schon wegen des
heißen und ungesunden Klimas so wenig wie andre Tropenländer geeignet.
Die Stiimnuug der leitenden Beamten der Internationalen Gesellschaft erwies
sich deutschen Beamten nicht günstig, und es befinden sich solche nur in unter¬
geordneten Stellungen. Alle gut dotirter Posten sind mit Engländern oder
Belgiern besetzt. Unsre Kaufleute und Fabrikanten endlich haben ohne Zweifel
anderwärts bessere Aussichten auf gewinnbringende Geschäfte als hier, wo noch
jahrelang zu roder und zu pflanzen sein wird, ehe Dinge reifen, die sie brauchen
können.




Reumonts Erinnerungen.

er hochbetagte Diplomat und Schriftsteller Alfred von Neumond
hat die Lesewelt vor kurzem mit einem neuen Buche beschenkt, dem
er den Titel Aus König Friedrich Wilhelms des Vierten
gesunden und kranken Tagen gegeben hat, das wir aber, da
die Mitteilungen desselben über Friedrich Wilhelm den Vierten
nur einen Teil seines Inhalts, und zwar nicht viel mehr als die Hälfte des¬
selben bilden, mit unsrer Überschrift richtiger bezeichnet zu haben meinen. Es ist
ein Rückblick des Verfassers auf sein Leben und die Persönlichkeiten, mit denen
er während desselben in Berührung gekommen ist, und zu denen als Mittel-
Punkt König Friedrich Wilhelm der Vierte zählt. Reumonts Leben ist ein
reiches gewesen, viele der erwähnten und mehr oder minder ausführlich cha-
rakterisirten Personen haben in politischer oder gesellschaftlicher Beziehung Be¬
deutung gehabt, und so beanspruchen diese Aufzeichnungen nach verschiednen
Richtungen hin Interesse. Ein Charakterbild des Königs, das man nach dem
Titel erwarten konnte, liefern sie nicht, am wenigsten ein vollständiges, wohl
»der mancherlei neue Züge zu einem solchen. „Ich berichte nur, heißt es im
Vorworte, von dem, was ich selbst erlebt und angesehen habe, oder was in
nächster Nähe vorgegangen ist. . . Es ist, soviel an mir lag, eine Schilderung
seines Seins und seines Wirkens, wie ich ihn in nächster Nähe, in guten wie
in schlimmen Zeiten zu beobachten Gelegenheit gehabt habe, zu Hause und auf
Reisen, in der Gesellschaft, in mancherlei Geschäften und Beziehungen." Im
übrigen soll diese Schilderung „ein Zeugnis der Wahrheit und zugleich der
Dankbarkeit ablegen," wobei freilich zu bedenken ist, daß die Dankbarkeit un-


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[0396] erwarten dürfen. Für die Auswanderung ist der Kvngostaat schon wegen des heißen und ungesunden Klimas so wenig wie andre Tropenländer geeignet. Die Stiimnuug der leitenden Beamten der Internationalen Gesellschaft erwies sich deutschen Beamten nicht günstig, und es befinden sich solche nur in unter¬ geordneten Stellungen. Alle gut dotirter Posten sind mit Engländern oder Belgiern besetzt. Unsre Kaufleute und Fabrikanten endlich haben ohne Zweifel anderwärts bessere Aussichten auf gewinnbringende Geschäfte als hier, wo noch jahrelang zu roder und zu pflanzen sein wird, ehe Dinge reifen, die sie brauchen können. Reumonts Erinnerungen. er hochbetagte Diplomat und Schriftsteller Alfred von Neumond hat die Lesewelt vor kurzem mit einem neuen Buche beschenkt, dem er den Titel Aus König Friedrich Wilhelms des Vierten gesunden und kranken Tagen gegeben hat, das wir aber, da die Mitteilungen desselben über Friedrich Wilhelm den Vierten nur einen Teil seines Inhalts, und zwar nicht viel mehr als die Hälfte des¬ selben bilden, mit unsrer Überschrift richtiger bezeichnet zu haben meinen. Es ist ein Rückblick des Verfassers auf sein Leben und die Persönlichkeiten, mit denen er während desselben in Berührung gekommen ist, und zu denen als Mittel- Punkt König Friedrich Wilhelm der Vierte zählt. Reumonts Leben ist ein reiches gewesen, viele der erwähnten und mehr oder minder ausführlich cha- rakterisirten Personen haben in politischer oder gesellschaftlicher Beziehung Be¬ deutung gehabt, und so beanspruchen diese Aufzeichnungen nach verschiednen Richtungen hin Interesse. Ein Charakterbild des Königs, das man nach dem Titel erwarten konnte, liefern sie nicht, am wenigsten ein vollständiges, wohl »der mancherlei neue Züge zu einem solchen. „Ich berichte nur, heißt es im Vorworte, von dem, was ich selbst erlebt und angesehen habe, oder was in nächster Nähe vorgegangen ist. . . Es ist, soviel an mir lag, eine Schilderung seines Seins und seines Wirkens, wie ich ihn in nächster Nähe, in guten wie in schlimmen Zeiten zu beobachten Gelegenheit gehabt habe, zu Hause und auf Reisen, in der Gesellschaft, in mancherlei Geschäften und Beziehungen." Im übrigen soll diese Schilderung „ein Zeugnis der Wahrheit und zugleich der Dankbarkeit ablegen," wobei freilich zu bedenken ist, daß die Dankbarkeit un-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Zweites Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341841_195390/396>, abgerufen am 22.07.2024.