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Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Zweites Quartal.

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Fischzölle.

Zollbelastung der Fischeinfuhr würde das größte Schmugglertum ausbilden, und
zweifellos würde ein sehr großer Teil der Zolleinnahmcu allein durch die
Unterhaltung einer notwendigen Zollflotte in der Nord- und Ostsee absorbirt
werden.

Indessen diese Argumente sind jedenfalls die unerheblichsten und sollten
auch nnr nebenbei berührt werden. Es lag uns daran, zu zeigen, daß die
deutsche Seefischerei im cillgcmeincu uoch zu unentwickelt ist, um eines Schutzes
gegen die ausländische Konkurrenz zu bedürfen; daß somit die geforderten Schutzzölle
nicht dem deutschen Scesischcreigewerbe als solchem zu gute kommen, sondern nur
eine Belastung der Konsumenten bedeuten würden; daß drittens andre und nühcr-
liegende Mittel gesucht werden müssen, um diesem Gewerbe zunächst aus seinen
versteinerten Einrichtungen heraus zu einer der sonstigen wirtschaftlichen Macht¬
stellung des Reiches entsprechenden Stellung zum Wohle des ganzen Landes
zu verhelfen.

Wir haben gesehen, das; der Schwerpunkt in dein ausländischen Seefischerci-
betriebe bei dem Großbetrieb, bei den Unternehmungen der großen, mit Millionen
arbeitenden Fischereigesellschaften liegt. In erster Linie wäre deshalb zu wün-
schen, daß sich auch bei uns zur Entwicklung eines schwunghaften Fischerei¬
betriebes das Großkapital mit demselben verbände. Weil die deutsche Seefischerei
von jeher Haus- und Kleingewerbe gewesen und darüber nicht hinausgekommen
ist, lediglich deshalb besteht heute noch auf diesem Gebiete unsre Abhängigkeit
vom Auslande und bestehen die vielen Mißstände in seiner technischen Hand¬
habung. Wenn aber angesichts der so offen daliegenden Ursachen des Not¬
standes noch jetzt in der fischereigewerblichen Presse eine zünftlerische Richtung
trotz aller eindringlichen Ermahnungen, daß unsre Nation sich nicht länger der
Einsicht verschließen möge, einer wie großen Schädigung ihres Wohlstandes sie
bei der gänzlichen Vernachlässigung dieses Wirtschaftsgebietes bisher unthätig
gegenübergestanden hat, die kleinlichen Gesichtspunkte des Handwerks vertritt,
so zeugt das von einem höchst bedauerlichen Mangel an Verständnis für die
wirtschaftliche Tragweite zeitgemäßer Reformen. Man kann die Vorteile, welche
in jedem Gewerbszweige -- also auch in der Fischerei -- das Kleinunternehmen
als Haus- oder Handbetrieb in mancher Beziehung vor dem Großkapital aus¬
zeichnet, gern anerkennen, man darf aber dabei nicht übersehen, daß die Fort¬
schritte in der Erfindung und Anwendung von Maschinen und der Nutzbar¬
machung des Großkapitals, sowie einer komplizirten Arbeitsteilung auf eine
herrschende Stellung des Großbetriebes zum unbestrittene" Gewinn der ganzen
gewerblichen Entwicklung in jedem Gewerbe hingedrängt haben. In allen Ge¬
werben ist der Kleinbetrieb der Großindustrie als Betriebsart vorangegangen,
aber dieser unterlegen. In England, Holland, Frankreich und Nordamerika (dein
ersten Fischcreistaate der Welt) hat sich deshalb auch dem modernen Entwicklungs-
gange des Gewerbes die Seefischerei längst angeschlossen, indem auch sie eine


Fischzölle.

Zollbelastung der Fischeinfuhr würde das größte Schmugglertum ausbilden, und
zweifellos würde ein sehr großer Teil der Zolleinnahmcu allein durch die
Unterhaltung einer notwendigen Zollflotte in der Nord- und Ostsee absorbirt
werden.

Indessen diese Argumente sind jedenfalls die unerheblichsten und sollten
auch nnr nebenbei berührt werden. Es lag uns daran, zu zeigen, daß die
deutsche Seefischerei im cillgcmeincu uoch zu unentwickelt ist, um eines Schutzes
gegen die ausländische Konkurrenz zu bedürfen; daß somit die geforderten Schutzzölle
nicht dem deutschen Scesischcreigewerbe als solchem zu gute kommen, sondern nur
eine Belastung der Konsumenten bedeuten würden; daß drittens andre und nühcr-
liegende Mittel gesucht werden müssen, um diesem Gewerbe zunächst aus seinen
versteinerten Einrichtungen heraus zu einer der sonstigen wirtschaftlichen Macht¬
stellung des Reiches entsprechenden Stellung zum Wohle des ganzen Landes
zu verhelfen.

Wir haben gesehen, das; der Schwerpunkt in dein ausländischen Seefischerci-
betriebe bei dem Großbetrieb, bei den Unternehmungen der großen, mit Millionen
arbeitenden Fischereigesellschaften liegt. In erster Linie wäre deshalb zu wün-
schen, daß sich auch bei uns zur Entwicklung eines schwunghaften Fischerei¬
betriebes das Großkapital mit demselben verbände. Weil die deutsche Seefischerei
von jeher Haus- und Kleingewerbe gewesen und darüber nicht hinausgekommen
ist, lediglich deshalb besteht heute noch auf diesem Gebiete unsre Abhängigkeit
vom Auslande und bestehen die vielen Mißstände in seiner technischen Hand¬
habung. Wenn aber angesichts der so offen daliegenden Ursachen des Not¬
standes noch jetzt in der fischereigewerblichen Presse eine zünftlerische Richtung
trotz aller eindringlichen Ermahnungen, daß unsre Nation sich nicht länger der
Einsicht verschließen möge, einer wie großen Schädigung ihres Wohlstandes sie
bei der gänzlichen Vernachlässigung dieses Wirtschaftsgebietes bisher unthätig
gegenübergestanden hat, die kleinlichen Gesichtspunkte des Handwerks vertritt,
so zeugt das von einem höchst bedauerlichen Mangel an Verständnis für die
wirtschaftliche Tragweite zeitgemäßer Reformen. Man kann die Vorteile, welche
in jedem Gewerbszweige — also auch in der Fischerei — das Kleinunternehmen
als Haus- oder Handbetrieb in mancher Beziehung vor dem Großkapital aus¬
zeichnet, gern anerkennen, man darf aber dabei nicht übersehen, daß die Fort¬
schritte in der Erfindung und Anwendung von Maschinen und der Nutzbar¬
machung des Großkapitals, sowie einer komplizirten Arbeitsteilung auf eine
herrschende Stellung des Großbetriebes zum unbestrittene» Gewinn der ganzen
gewerblichen Entwicklung in jedem Gewerbe hingedrängt haben. In allen Ge¬
werben ist der Kleinbetrieb der Großindustrie als Betriebsart vorangegangen,
aber dieser unterlegen. In England, Holland, Frankreich und Nordamerika (dein
ersten Fischcreistaate der Welt) hat sich deshalb auch dem modernen Entwicklungs-
gange des Gewerbes die Seefischerei längst angeschlossen, indem auch sie eine


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[0293] Fischzölle. Zollbelastung der Fischeinfuhr würde das größte Schmugglertum ausbilden, und zweifellos würde ein sehr großer Teil der Zolleinnahmcu allein durch die Unterhaltung einer notwendigen Zollflotte in der Nord- und Ostsee absorbirt werden. Indessen diese Argumente sind jedenfalls die unerheblichsten und sollten auch nnr nebenbei berührt werden. Es lag uns daran, zu zeigen, daß die deutsche Seefischerei im cillgcmeincu uoch zu unentwickelt ist, um eines Schutzes gegen die ausländische Konkurrenz zu bedürfen; daß somit die geforderten Schutzzölle nicht dem deutschen Scesischcreigewerbe als solchem zu gute kommen, sondern nur eine Belastung der Konsumenten bedeuten würden; daß drittens andre und nühcr- liegende Mittel gesucht werden müssen, um diesem Gewerbe zunächst aus seinen versteinerten Einrichtungen heraus zu einer der sonstigen wirtschaftlichen Macht¬ stellung des Reiches entsprechenden Stellung zum Wohle des ganzen Landes zu verhelfen. Wir haben gesehen, das; der Schwerpunkt in dein ausländischen Seefischerci- betriebe bei dem Großbetrieb, bei den Unternehmungen der großen, mit Millionen arbeitenden Fischereigesellschaften liegt. In erster Linie wäre deshalb zu wün- schen, daß sich auch bei uns zur Entwicklung eines schwunghaften Fischerei¬ betriebes das Großkapital mit demselben verbände. Weil die deutsche Seefischerei von jeher Haus- und Kleingewerbe gewesen und darüber nicht hinausgekommen ist, lediglich deshalb besteht heute noch auf diesem Gebiete unsre Abhängigkeit vom Auslande und bestehen die vielen Mißstände in seiner technischen Hand¬ habung. Wenn aber angesichts der so offen daliegenden Ursachen des Not¬ standes noch jetzt in der fischereigewerblichen Presse eine zünftlerische Richtung trotz aller eindringlichen Ermahnungen, daß unsre Nation sich nicht länger der Einsicht verschließen möge, einer wie großen Schädigung ihres Wohlstandes sie bei der gänzlichen Vernachlässigung dieses Wirtschaftsgebietes bisher unthätig gegenübergestanden hat, die kleinlichen Gesichtspunkte des Handwerks vertritt, so zeugt das von einem höchst bedauerlichen Mangel an Verständnis für die wirtschaftliche Tragweite zeitgemäßer Reformen. Man kann die Vorteile, welche in jedem Gewerbszweige — also auch in der Fischerei — das Kleinunternehmen als Haus- oder Handbetrieb in mancher Beziehung vor dem Großkapital aus¬ zeichnet, gern anerkennen, man darf aber dabei nicht übersehen, daß die Fort¬ schritte in der Erfindung und Anwendung von Maschinen und der Nutzbar¬ machung des Großkapitals, sowie einer komplizirten Arbeitsteilung auf eine herrschende Stellung des Großbetriebes zum unbestrittene» Gewinn der ganzen gewerblichen Entwicklung in jedem Gewerbe hingedrängt haben. In allen Ge¬ werben ist der Kleinbetrieb der Großindustrie als Betriebsart vorangegangen, aber dieser unterlegen. In England, Holland, Frankreich und Nordamerika (dein ersten Fischcreistaate der Welt) hat sich deshalb auch dem modernen Entwicklungs- gange des Gewerbes die Seefischerei längst angeschlossen, indem auch sie eine

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Zweites Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341841_195390/293>, abgerufen am 22.07.2024.