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Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Zweites Quartal.

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Die deutschen Lrbschnfts- und Schenkungssteuern.

150 Mark, in Württemberg und Hessen 100 Mark und in Baiern 50 Mary
nicht übersteigt.

Die Höhe der Steuersätze ist in den verschiednen Staaten nicht unerheblich
von einander verschieden. Sachsen hatte im Gesetze von 1876 sehr geringe
Prozentbeträge, sah sich aber veranlaßt, die Satze später durch ein besondres
Gesetz vom 9. Mai 1880 bedeutend zu erhöhen. Die Skala der einzelnen
Steuersätze bewegt sich:

1. in Preußen von 1 zu 2, 4 und 8 Prozent;
2. in Sachsen von 1 zu 2, 3, 4, 6 und 3 Prozent;
3. in Baiern von 4 zu 6 und 8 Prozent;
t
4. in Würtemberg von 2 zu 3, 4, 6 und 8 Prozent;
5. in Hessen von 4 zu 5, 6 und 8 Prozent.

Entscheidend für die Höhe des zu berechnenden Satzes ist die Stufe des
Verwandtschaftsgrades zu dem Erblasser, und zwar so, daß entferntere Verwandte
mehr zahlen müssen als nähere, und der höchste Satz regelmäßig von solchen
Erbschaftsberechtigten bezahlt werden muß, die in keinem Verwandtschaftsver¬
hältnis zu dem Erblasser mehr stehen.

Als Steuerpflichtige Masse ist derjenige Vermvgensbestand zu betrachten,
um welchen der Steuerpflichtige, dem die Erbschaft zukommt, durch denselben
reicher wird. Es sind daher Forderungen der Erbschaft zur Masse hinzuzu-
rechnen, Schulden in Abzug zu bringen. Für die Berechnung der Erbschafts¬
steuer ist der gemeine Wert der steuerpflichtigen Masse in dem Zeitpunkte des
Todes des Erblassers maßgebend. Über die Feststellung der steuerpflichtigen
Masse, sowie die Ermittlung des Wertes derselben geben die Gesetze besondre
Vorschriften.

Die Erbschaftssteuer trifft den Erwerber des steuerpflichtigen Erbes. Sie
wird uach dem Anteil jedes einzelnen ErWerbers besonders berechnet. Die Steuer
haftet auf der ganzen steuerpflichtigen Masse. Ein besondrer Hypothektitel des
Fiskus auf zur Erbschaft gehörige Liegenschaften, sowie das Recht desselben,
unter gewissen Umständen noch eine besondre Sicherheit für die Zahlung der
Steuer zu verlangen, wird ausdrücklich stipulirt. Erben und Miterben, sowie
Erwerber eines Universalvermächtnisses oder eines Vermächtnisses nnter einem
Universaltitel sind bis zum Betrage des aus der Erbschaft Empfangenen für
die Erbschaftssteuer, welche von allen den Nachlaß betreffenden Anfällen zu
entrichten ist, solidarisch verpflichtet. Gesetzliche Vertreter der Erbinteressenten,
Bevollmächtigte derselben, Testamentsvollstrecker, Vcrlassenschaftslommissare,
Nachlaßverwalter, ferner die Verwalter von Familienstiftungen haften persönlich
für die Steuer, wenn sie trotz Kenntnis des Rückstandes derselben vor ihrer
Entrichtung oder Sicherstellung die Erbschaft, einzelne Erdteile, Vermächtnisse,
Schenkungen oder Bezüge aus Familienstiftungeu ausautworten.

Die Steuerpflicht tritt mit dem Zeitpunkte des Erwerbs ein.


Die deutschen Lrbschnfts- und Schenkungssteuern.

150 Mark, in Württemberg und Hessen 100 Mark und in Baiern 50 Mary
nicht übersteigt.

Die Höhe der Steuersätze ist in den verschiednen Staaten nicht unerheblich
von einander verschieden. Sachsen hatte im Gesetze von 1876 sehr geringe
Prozentbeträge, sah sich aber veranlaßt, die Satze später durch ein besondres
Gesetz vom 9. Mai 1880 bedeutend zu erhöhen. Die Skala der einzelnen
Steuersätze bewegt sich:

1. in Preußen von 1 zu 2, 4 und 8 Prozent;
2. in Sachsen von 1 zu 2, 3, 4, 6 und 3 Prozent;
3. in Baiern von 4 zu 6 und 8 Prozent;
t
4. in Würtemberg von 2 zu 3, 4, 6 und 8 Prozent;
5. in Hessen von 4 zu 5, 6 und 8 Prozent.

Entscheidend für die Höhe des zu berechnenden Satzes ist die Stufe des
Verwandtschaftsgrades zu dem Erblasser, und zwar so, daß entferntere Verwandte
mehr zahlen müssen als nähere, und der höchste Satz regelmäßig von solchen
Erbschaftsberechtigten bezahlt werden muß, die in keinem Verwandtschaftsver¬
hältnis zu dem Erblasser mehr stehen.

Als Steuerpflichtige Masse ist derjenige Vermvgensbestand zu betrachten,
um welchen der Steuerpflichtige, dem die Erbschaft zukommt, durch denselben
reicher wird. Es sind daher Forderungen der Erbschaft zur Masse hinzuzu-
rechnen, Schulden in Abzug zu bringen. Für die Berechnung der Erbschafts¬
steuer ist der gemeine Wert der steuerpflichtigen Masse in dem Zeitpunkte des
Todes des Erblassers maßgebend. Über die Feststellung der steuerpflichtigen
Masse, sowie die Ermittlung des Wertes derselben geben die Gesetze besondre
Vorschriften.

Die Erbschaftssteuer trifft den Erwerber des steuerpflichtigen Erbes. Sie
wird uach dem Anteil jedes einzelnen ErWerbers besonders berechnet. Die Steuer
haftet auf der ganzen steuerpflichtigen Masse. Ein besondrer Hypothektitel des
Fiskus auf zur Erbschaft gehörige Liegenschaften, sowie das Recht desselben,
unter gewissen Umständen noch eine besondre Sicherheit für die Zahlung der
Steuer zu verlangen, wird ausdrücklich stipulirt. Erben und Miterben, sowie
Erwerber eines Universalvermächtnisses oder eines Vermächtnisses nnter einem
Universaltitel sind bis zum Betrage des aus der Erbschaft Empfangenen für
die Erbschaftssteuer, welche von allen den Nachlaß betreffenden Anfällen zu
entrichten ist, solidarisch verpflichtet. Gesetzliche Vertreter der Erbinteressenten,
Bevollmächtigte derselben, Testamentsvollstrecker, Vcrlassenschaftslommissare,
Nachlaßverwalter, ferner die Verwalter von Familienstiftungen haften persönlich
für die Steuer, wenn sie trotz Kenntnis des Rückstandes derselben vor ihrer
Entrichtung oder Sicherstellung die Erbschaft, einzelne Erdteile, Vermächtnisse,
Schenkungen oder Bezüge aus Familienstiftungeu ausautworten.

Die Steuerpflicht tritt mit dem Zeitpunkte des Erwerbs ein.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Zweites Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341841_195390/21>, abgerufen am 22.07.2024.