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Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Zweites Quartal.

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Odium cum cliMitate.

reichenden Verdienste auf dem allgemeinen Gebiete der kriminalistischen Rechts¬
pflege zahlreiche Ordensdckorationen eingetragen, unter andern das Großkreuz
des sächsischen Albrechtsordcns, das Komthurkrcuz erster Klasse des sächsischen
Verdienstordens und (vom Jahre 1860) den österreichischen Orden der Eisernen
Krone zweiter Klasse; als Anerkennung vieler Arbeiten für die österreichische
Gesetzgebung ist Schwarze durch Kaiser Franz Josef später auch noch in den
erblichen Ritterstand des Kaisertums Österreich aufgenommen worden. Endlich
sei noch erwähnt, daß die Wiener Universität bei ihrem Jubiläum ihn zum
Ehrendoktor der Rechts- und Staatswissenschaften und zum Mitgliede des
Doktorkollegiums der Wiener Universität ernannt hat, den ersten juristischen Prak¬
tiker, welchem diese Auszeichnung zuteil wurde. Seiner Ernennung zum königlich
sächsischen wirklichen Geheimmt mit dem Prädikat Exzellenz geschah schon Er¬
wähnung. Mit dem Ehrenbürgerrecht schmückten ihn die sächsische Hauptstadt,
sowie seine Geburtsstadt Löbau.

Es ist in den ersten Zeilen dieser Skizze vorzugsweise von Verstandes¬
kräften die Rede gewesen, und in der That, wie ließen sich auf wissenschaftlichem
Gebiete, vor allem auf dem theoretischen Boden der Rechtswissenschaften, große
Erfolge ohne große und wohldisziplinirtc Verstandeskräfte denken! Unter gün¬
stigen Umständen wird sich sogar mit ihnen allein auskommen lassen. Aber
während dies noch unzweifelhafter bei solchen wissenschaftlichen Fächern zutrifft,
die wie die Mathematik, die Chemie, die Botanik, die Mineralogie, die Genea¬
logie, die Heraldik ?c. speziell mit den Dingen zu schaffen haben, ist der Kri¬
minalist, ganz wie der Arzt und Seelsorger, auf das Ebenbild Gottes, auf
die menschliche Kreatur als sein Studienmaterial hingewiesen; er reicht durchaus
nicht in allen Fällen aus mit dem bloßen Innehaben der schätzbaren wie der
unschätzbaren Seiten des Gcwohnheits- und des geschriebenen Rechts, und ist
ihm gar eine praktische Thätigkeit auf dem Kriminalgebiete zugewiesen, so muß
dem Verstände unbedingt ein warmes Herz helfend zur Seite stehen, wenn
wirklich segensreiches geleistet werden soll.

Wesentlich in der Harmonie dieser beiden Eigenschaften wurzeln Schwarzes
große Erfolge. Sie wären ohne das Hinzutreten eines eisernen Fleißes und
eines an Genialität grenzenden Organisationstalents wohl zwar sicherlich nicht
zu derjenigen Bedeutung gelangt, wie sie sich in reicher Fülle jetzt übersehen
lassen; aber an sich war in der stark ausgeprägten Harmonie jener beiden so
oft nur allzuungleich verteilten Eigenschaften die Bedingung eines hochersprie߬
lichen Wirkens gegeben.

Der humane Grundzug des Schöpfers des sächsischen Strafprozesses wie
des Mitschöpfers des sächsischen Kriminalrechts hat sich denn anch in diesen
beiden vielbewunderten und während ihrer Dauer als durchaus praktisch be¬
währten Werken ein Denkmal der schönsten Art gesetzt. Es ist unlängst, wie
schon oft, die jetzige deutsche Strafprozeßordnung als ein Rückschritt gegen den


Odium cum cliMitate.

reichenden Verdienste auf dem allgemeinen Gebiete der kriminalistischen Rechts¬
pflege zahlreiche Ordensdckorationen eingetragen, unter andern das Großkreuz
des sächsischen Albrechtsordcns, das Komthurkrcuz erster Klasse des sächsischen
Verdienstordens und (vom Jahre 1860) den österreichischen Orden der Eisernen
Krone zweiter Klasse; als Anerkennung vieler Arbeiten für die österreichische
Gesetzgebung ist Schwarze durch Kaiser Franz Josef später auch noch in den
erblichen Ritterstand des Kaisertums Österreich aufgenommen worden. Endlich
sei noch erwähnt, daß die Wiener Universität bei ihrem Jubiläum ihn zum
Ehrendoktor der Rechts- und Staatswissenschaften und zum Mitgliede des
Doktorkollegiums der Wiener Universität ernannt hat, den ersten juristischen Prak¬
tiker, welchem diese Auszeichnung zuteil wurde. Seiner Ernennung zum königlich
sächsischen wirklichen Geheimmt mit dem Prädikat Exzellenz geschah schon Er¬
wähnung. Mit dem Ehrenbürgerrecht schmückten ihn die sächsische Hauptstadt,
sowie seine Geburtsstadt Löbau.

Es ist in den ersten Zeilen dieser Skizze vorzugsweise von Verstandes¬
kräften die Rede gewesen, und in der That, wie ließen sich auf wissenschaftlichem
Gebiete, vor allem auf dem theoretischen Boden der Rechtswissenschaften, große
Erfolge ohne große und wohldisziplinirtc Verstandeskräfte denken! Unter gün¬
stigen Umständen wird sich sogar mit ihnen allein auskommen lassen. Aber
während dies noch unzweifelhafter bei solchen wissenschaftlichen Fächern zutrifft,
die wie die Mathematik, die Chemie, die Botanik, die Mineralogie, die Genea¬
logie, die Heraldik ?c. speziell mit den Dingen zu schaffen haben, ist der Kri¬
minalist, ganz wie der Arzt und Seelsorger, auf das Ebenbild Gottes, auf
die menschliche Kreatur als sein Studienmaterial hingewiesen; er reicht durchaus
nicht in allen Fällen aus mit dem bloßen Innehaben der schätzbaren wie der
unschätzbaren Seiten des Gcwohnheits- und des geschriebenen Rechts, und ist
ihm gar eine praktische Thätigkeit auf dem Kriminalgebiete zugewiesen, so muß
dem Verstände unbedingt ein warmes Herz helfend zur Seite stehen, wenn
wirklich segensreiches geleistet werden soll.

Wesentlich in der Harmonie dieser beiden Eigenschaften wurzeln Schwarzes
große Erfolge. Sie wären ohne das Hinzutreten eines eisernen Fleißes und
eines an Genialität grenzenden Organisationstalents wohl zwar sicherlich nicht
zu derjenigen Bedeutung gelangt, wie sie sich in reicher Fülle jetzt übersehen
lassen; aber an sich war in der stark ausgeprägten Harmonie jener beiden so
oft nur allzuungleich verteilten Eigenschaften die Bedingung eines hochersprie߬
lichen Wirkens gegeben.

Der humane Grundzug des Schöpfers des sächsischen Strafprozesses wie
des Mitschöpfers des sächsischen Kriminalrechts hat sich denn anch in diesen
beiden vielbewunderten und während ihrer Dauer als durchaus praktisch be¬
währten Werken ein Denkmal der schönsten Art gesetzt. Es ist unlängst, wie
schon oft, die jetzige deutsche Strafprozeßordnung als ein Rückschritt gegen den


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[0202] Odium cum cliMitate. reichenden Verdienste auf dem allgemeinen Gebiete der kriminalistischen Rechts¬ pflege zahlreiche Ordensdckorationen eingetragen, unter andern das Großkreuz des sächsischen Albrechtsordcns, das Komthurkrcuz erster Klasse des sächsischen Verdienstordens und (vom Jahre 1860) den österreichischen Orden der Eisernen Krone zweiter Klasse; als Anerkennung vieler Arbeiten für die österreichische Gesetzgebung ist Schwarze durch Kaiser Franz Josef später auch noch in den erblichen Ritterstand des Kaisertums Österreich aufgenommen worden. Endlich sei noch erwähnt, daß die Wiener Universität bei ihrem Jubiläum ihn zum Ehrendoktor der Rechts- und Staatswissenschaften und zum Mitgliede des Doktorkollegiums der Wiener Universität ernannt hat, den ersten juristischen Prak¬ tiker, welchem diese Auszeichnung zuteil wurde. Seiner Ernennung zum königlich sächsischen wirklichen Geheimmt mit dem Prädikat Exzellenz geschah schon Er¬ wähnung. Mit dem Ehrenbürgerrecht schmückten ihn die sächsische Hauptstadt, sowie seine Geburtsstadt Löbau. Es ist in den ersten Zeilen dieser Skizze vorzugsweise von Verstandes¬ kräften die Rede gewesen, und in der That, wie ließen sich auf wissenschaftlichem Gebiete, vor allem auf dem theoretischen Boden der Rechtswissenschaften, große Erfolge ohne große und wohldisziplinirtc Verstandeskräfte denken! Unter gün¬ stigen Umständen wird sich sogar mit ihnen allein auskommen lassen. Aber während dies noch unzweifelhafter bei solchen wissenschaftlichen Fächern zutrifft, die wie die Mathematik, die Chemie, die Botanik, die Mineralogie, die Genea¬ logie, die Heraldik ?c. speziell mit den Dingen zu schaffen haben, ist der Kri¬ minalist, ganz wie der Arzt und Seelsorger, auf das Ebenbild Gottes, auf die menschliche Kreatur als sein Studienmaterial hingewiesen; er reicht durchaus nicht in allen Fällen aus mit dem bloßen Innehaben der schätzbaren wie der unschätzbaren Seiten des Gcwohnheits- und des geschriebenen Rechts, und ist ihm gar eine praktische Thätigkeit auf dem Kriminalgebiete zugewiesen, so muß dem Verstände unbedingt ein warmes Herz helfend zur Seite stehen, wenn wirklich segensreiches geleistet werden soll. Wesentlich in der Harmonie dieser beiden Eigenschaften wurzeln Schwarzes große Erfolge. Sie wären ohne das Hinzutreten eines eisernen Fleißes und eines an Genialität grenzenden Organisationstalents wohl zwar sicherlich nicht zu derjenigen Bedeutung gelangt, wie sie sich in reicher Fülle jetzt übersehen lassen; aber an sich war in der stark ausgeprägten Harmonie jener beiden so oft nur allzuungleich verteilten Eigenschaften die Bedingung eines hochersprie߬ lichen Wirkens gegeben. Der humane Grundzug des Schöpfers des sächsischen Strafprozesses wie des Mitschöpfers des sächsischen Kriminalrechts hat sich denn anch in diesen beiden vielbewunderten und während ihrer Dauer als durchaus praktisch be¬ währten Werken ein Denkmal der schönsten Art gesetzt. Es ist unlängst, wie schon oft, die jetzige deutsche Strafprozeßordnung als ein Rückschritt gegen den

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Zweites Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341841_195390/202>, abgerufen am 22.07.2024.