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Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Zweites Quartal.

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Odium cum 6ignitÄts.

bis dahin in Dresden Schüler der Friedrich-August-Schule (unter Krug und
Blochmann) gewesen war. Sein Abiturienten-Examen machte er im Jahre 1833
und studirte darauf bis zum Jahre 1836 in Leipzig Jura. Noch vor Been¬
digung seines zwanzigsten Jahres hatte er ausstudirt und ward mit der ersten
Zensur entlassen. Er arbeitete nun im königlich sächsischen Justizamt und auf
advokatorischen Expeditionen in Dresden, wurde 1839 als Vortragssekretär in das
Kultusministerium berufen, machte 1842 das große Staatsexamen und trat als
Hilfsarbeiter orrin, volo xlsno in das Dresdner Appellationsgericht. 1846 ward
er Mitglied des Spruchkollegiums an der Universität Leipzig, anderthalb Jahre
später -- 32 Jahre alt -- saß er als Hilfsarbeiter omni volo xlsno -- unter
Ernennung zum Appellationsrat -- im obersten Gerichtshof zu Dresden. Noch
ein Jahr später sehen wir ihn, unter Belassung seiner Stellung, in das Justiz¬
ministerium versetzt, und zwar zur Bearbeitung der Gesetzgebung in Kriminal¬
sachen. Von da an bis zum Jahre 1854, wo er definitiv in das Oberappel¬
lationsgericht einrückte, wurde er in beiden Stellungen beschäftigt und hatte in
den Landtagen die von ihm ausgearbeitete" Gesetze im Strafrecht und im Straf¬
prozeß (die sächsische Strafprozeßordnung vom Jahre 1854 mit ihren Neben¬
gesetzen), sowie die neue Gerichtsorganisation zu vertreten, deren Durchführung
in letzter Zeit ihm ebenfalls zufiel. Am 1. Oktober 1856 traten mit vollständig
neuer Gerichtsorganisation die neuen Gesetze ins Leben, und der nunmehr Vierzig¬
jährige ward an die Spitze der Staatsanwaltschaft gestellt, zunächst als Ober¬
staatsanwalt, später erhielt er den Titel eines Generalstaatsanwalts.

Diese Stelle hat Schwarze bis zum 1. April d. I. beibehalten, und aus
Liebe und Interesse für die Lösung der wichtigen, damit verbundenen Aufgaben
hat er mehrfach Rufe und Anfragen wegen Übernahme von Universitätsprofes¬
suren des Rechts abgelehnt; ebenso lehnte er, wenn auch nach langem Schwanken,
die ihm vorgeschlagene Berufung ins Reichsgericht als Senatspräsident ab.

Unter den von ihm geleisteten gesetzgeberischen Arbeiten seien hier noch
außer den schon erwähnten größeren Gesetzen insonderheit die von ihm im
Jahre 1868 verfaßten und auf dem Landtage von ihm vertretenen Novellen
zum Strafgesetzbuche und zur Strafprozeßordnung erwähnt, sowie die Gesetze
über die Einführung der Geschwornengerichte und die Einführung der großen
Schöffengerichte in den Kollegialstrafsachen, welche bis dahin dem deutschen
Gerichtswesen unbekannt gewesen waren.

Während er solcherart eine große Menge amtlicher Obliegenheiten erfüllte
-- er war auch länger als zwanzig Jahre Mitglied der königlichen Prüfungs¬
kommission für die juristische Staatsprüfung und Kommissar sowohl für die
juristischen Prüfungen bei der Universität Leipzig wie für die sächsischen Straf¬
anstalten --, verfaßte er eine beträchtliche Anzahl von Monographien und Ab¬
handlungen und erleichterte auch in ausgiebiger Weise durch seine Kommentare
zur sächsischen Strafprozeßordnung, zum Reichsstrafgesetzbuche (fünfte Auflage),


Odium cum 6ignitÄts.

bis dahin in Dresden Schüler der Friedrich-August-Schule (unter Krug und
Blochmann) gewesen war. Sein Abiturienten-Examen machte er im Jahre 1833
und studirte darauf bis zum Jahre 1836 in Leipzig Jura. Noch vor Been¬
digung seines zwanzigsten Jahres hatte er ausstudirt und ward mit der ersten
Zensur entlassen. Er arbeitete nun im königlich sächsischen Justizamt und auf
advokatorischen Expeditionen in Dresden, wurde 1839 als Vortragssekretär in das
Kultusministerium berufen, machte 1842 das große Staatsexamen und trat als
Hilfsarbeiter orrin, volo xlsno in das Dresdner Appellationsgericht. 1846 ward
er Mitglied des Spruchkollegiums an der Universität Leipzig, anderthalb Jahre
später — 32 Jahre alt — saß er als Hilfsarbeiter omni volo xlsno — unter
Ernennung zum Appellationsrat — im obersten Gerichtshof zu Dresden. Noch
ein Jahr später sehen wir ihn, unter Belassung seiner Stellung, in das Justiz¬
ministerium versetzt, und zwar zur Bearbeitung der Gesetzgebung in Kriminal¬
sachen. Von da an bis zum Jahre 1854, wo er definitiv in das Oberappel¬
lationsgericht einrückte, wurde er in beiden Stellungen beschäftigt und hatte in
den Landtagen die von ihm ausgearbeitete» Gesetze im Strafrecht und im Straf¬
prozeß (die sächsische Strafprozeßordnung vom Jahre 1854 mit ihren Neben¬
gesetzen), sowie die neue Gerichtsorganisation zu vertreten, deren Durchführung
in letzter Zeit ihm ebenfalls zufiel. Am 1. Oktober 1856 traten mit vollständig
neuer Gerichtsorganisation die neuen Gesetze ins Leben, und der nunmehr Vierzig¬
jährige ward an die Spitze der Staatsanwaltschaft gestellt, zunächst als Ober¬
staatsanwalt, später erhielt er den Titel eines Generalstaatsanwalts.

Diese Stelle hat Schwarze bis zum 1. April d. I. beibehalten, und aus
Liebe und Interesse für die Lösung der wichtigen, damit verbundenen Aufgaben
hat er mehrfach Rufe und Anfragen wegen Übernahme von Universitätsprofes¬
suren des Rechts abgelehnt; ebenso lehnte er, wenn auch nach langem Schwanken,
die ihm vorgeschlagene Berufung ins Reichsgericht als Senatspräsident ab.

Unter den von ihm geleisteten gesetzgeberischen Arbeiten seien hier noch
außer den schon erwähnten größeren Gesetzen insonderheit die von ihm im
Jahre 1868 verfaßten und auf dem Landtage von ihm vertretenen Novellen
zum Strafgesetzbuche und zur Strafprozeßordnung erwähnt, sowie die Gesetze
über die Einführung der Geschwornengerichte und die Einführung der großen
Schöffengerichte in den Kollegialstrafsachen, welche bis dahin dem deutschen
Gerichtswesen unbekannt gewesen waren.

Während er solcherart eine große Menge amtlicher Obliegenheiten erfüllte
— er war auch länger als zwanzig Jahre Mitglied der königlichen Prüfungs¬
kommission für die juristische Staatsprüfung und Kommissar sowohl für die
juristischen Prüfungen bei der Universität Leipzig wie für die sächsischen Straf¬
anstalten —, verfaßte er eine beträchtliche Anzahl von Monographien und Ab¬
handlungen und erleichterte auch in ausgiebiger Weise durch seine Kommentare
zur sächsischen Strafprozeßordnung, zum Reichsstrafgesetzbuche (fünfte Auflage),


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Zweites Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341841_195390/200>, abgerufen am 22.07.2024.