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Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Zweites Quartal.

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vative Abgeordnete Stengel sprachen sich in dieser Richtung aus. Der Finanz-
minister erklärte, wenn anch etwas schüchtern, eine solche ihm entgegengebrachte
Gabe nicht ablehnen zu wollen. Alls Antrag des Abgeordneten von Minnigc-
rode ward der Titel an die Budgetkommission verwiesen. Diese beantragte,
eine Verdoppelung der preußische" Lotterielovse eintreten zu lasse". Vou einem
Teil der Presse (auch von der Berliner Natwnalzcitung) ward dieser Antrag
bestens unterstützt. Plötzlich war die Lotterie ein herrliches Institut geworden,
welches den armen bedrängten Sterblichen Trost und Hoffnung ins irdische
Leben hineinleuchte. Am 11. Februar war die Verhandlung. Da ward der
Antrag -- mit 155 gegen 150 Stimmen abgelehnt. Auch eine Wiederholung
desselben bei der dritten Lesung hatte keinen andern Erfolg.

Wir können diesen Ausgang nur beglückwünschen. Wir wurden es für
ein beklagenswertes Zeichen der Zeit gehalten haben, wenn die Volksvertretung
des größten deutschen Staates ihre Stimme für eine Vermehrung der Lotterie
abgegeben hätte.

Suchen wir uns zunächst den gauzeu Stand der deutschen Lotterien einmal
vor Augen zu führen. Es bestehen noch Staatslotterien in Preußen, Sachsen,
Vraunschweig, Hamburg und Mecklenburg-Schwerin.

Preußen mit 27279000 Einwohnern hält Lotterien, deren Einsatzgelder
je 13728000 Mark betragen. Man giebt 93 000 Loose aus in ganzen, halben
und Viertellooscn. Die Verloosung erfolgt in 4 Ziehungen (Klassen). Das
Loos kostet in jeder Klasse 39 Mark, im ganzen 150 Mark. Zur Verteilung
kommen 43000 Gewinne, die niedrigsten zu 60 Mark, der höchste zu 450000
Mark. Von den Gewinnen bezieht der Staat 1,3^/g Prozent, die Einnehmer
2 Prozent. Der Gesamtgewinn des Staates beträgt roh 4 034 000, rein
3944800 Mark.

Sachsen mit 2972000 Einwohnern hält Lotterien, deren Einsatzgelder je
18135 000 Mark betragen. Man giebt 100000 Loose aus in ganzen, halben,
Fünftel- und Zehntelloosen. Die Verloosung erfolgt in 5 Klassen zu gleichen
Eiusatzbeträgen wie in Preußen. Zur Verteilung kommen 50000 Gewinne,
die niedrigsten zu 105 Mark, der höchste zu 500000 Mark. Der Gewinn¬
abzug des Staates und die Einnahmegebühr betragen zusammen 15'/z Prozent.
An Gesamtgewinn bezieht der Staat roh 5 604250, rein 4645 570 Mark.

Braunschweig mit 349000 Einwohnern hält Lotterien, deren Einsatz-
geldcr je 10402000 Mark betragen. Man giebt 100 000 Loose ans in ganzen,
halben, Viertel- und Achtelloosen. Die Verloosung erfolgt in 6 Klassen. Der
Preis des Looses für alle Klassen beträgt 114 Mark. Man verteilt 50000
Gewinne, deren niedrigste 40 Mark betragen, während der höchste bis zu
500000 Mark steigen kann. Von den Einsatzgeldern kommen 15 Prozent in
Abzug. Als Gesamtgewinn des Staates sind im Budget 1169000 Mark auf¬
geführt.


Grenzboten II. 1886. l g

vative Abgeordnete Stengel sprachen sich in dieser Richtung aus. Der Finanz-
minister erklärte, wenn anch etwas schüchtern, eine solche ihm entgegengebrachte
Gabe nicht ablehnen zu wollen. Alls Antrag des Abgeordneten von Minnigc-
rode ward der Titel an die Budgetkommission verwiesen. Diese beantragte,
eine Verdoppelung der preußische» Lotterielovse eintreten zu lasse». Vou einem
Teil der Presse (auch von der Berliner Natwnalzcitung) ward dieser Antrag
bestens unterstützt. Plötzlich war die Lotterie ein herrliches Institut geworden,
welches den armen bedrängten Sterblichen Trost und Hoffnung ins irdische
Leben hineinleuchte. Am 11. Februar war die Verhandlung. Da ward der
Antrag — mit 155 gegen 150 Stimmen abgelehnt. Auch eine Wiederholung
desselben bei der dritten Lesung hatte keinen andern Erfolg.

Wir können diesen Ausgang nur beglückwünschen. Wir wurden es für
ein beklagenswertes Zeichen der Zeit gehalten haben, wenn die Volksvertretung
des größten deutschen Staates ihre Stimme für eine Vermehrung der Lotterie
abgegeben hätte.

Suchen wir uns zunächst den gauzeu Stand der deutschen Lotterien einmal
vor Augen zu führen. Es bestehen noch Staatslotterien in Preußen, Sachsen,
Vraunschweig, Hamburg und Mecklenburg-Schwerin.

Preußen mit 27279000 Einwohnern hält Lotterien, deren Einsatzgelder
je 13728000 Mark betragen. Man giebt 93 000 Loose aus in ganzen, halben
und Viertellooscn. Die Verloosung erfolgt in 4 Ziehungen (Klassen). Das
Loos kostet in jeder Klasse 39 Mark, im ganzen 150 Mark. Zur Verteilung
kommen 43000 Gewinne, die niedrigsten zu 60 Mark, der höchste zu 450000
Mark. Von den Gewinnen bezieht der Staat 1,3^/g Prozent, die Einnehmer
2 Prozent. Der Gesamtgewinn des Staates beträgt roh 4 034 000, rein
3944800 Mark.

Sachsen mit 2972000 Einwohnern hält Lotterien, deren Einsatzgelder je
18135 000 Mark betragen. Man giebt 100000 Loose aus in ganzen, halben,
Fünftel- und Zehntelloosen. Die Verloosung erfolgt in 5 Klassen zu gleichen
Eiusatzbeträgen wie in Preußen. Zur Verteilung kommen 50000 Gewinne,
die niedrigsten zu 105 Mark, der höchste zu 500000 Mark. Der Gewinn¬
abzug des Staates und die Einnahmegebühr betragen zusammen 15'/z Prozent.
An Gesamtgewinn bezieht der Staat roh 5 604250, rein 4645 570 Mark.

Braunschweig mit 349000 Einwohnern hält Lotterien, deren Einsatz-
geldcr je 10402000 Mark betragen. Man giebt 100 000 Loose ans in ganzen,
halben, Viertel- und Achtelloosen. Die Verloosung erfolgt in 6 Klassen. Der
Preis des Looses für alle Klassen beträgt 114 Mark. Man verteilt 50000
Gewinne, deren niedrigste 40 Mark betragen, während der höchste bis zu
500000 Mark steigen kann. Von den Einsatzgeldern kommen 15 Prozent in
Abzug. Als Gesamtgewinn des Staates sind im Budget 1169000 Mark auf¬
geführt.


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[0126] vative Abgeordnete Stengel sprachen sich in dieser Richtung aus. Der Finanz- minister erklärte, wenn anch etwas schüchtern, eine solche ihm entgegengebrachte Gabe nicht ablehnen zu wollen. Alls Antrag des Abgeordneten von Minnigc- rode ward der Titel an die Budgetkommission verwiesen. Diese beantragte, eine Verdoppelung der preußische» Lotterielovse eintreten zu lasse». Vou einem Teil der Presse (auch von der Berliner Natwnalzcitung) ward dieser Antrag bestens unterstützt. Plötzlich war die Lotterie ein herrliches Institut geworden, welches den armen bedrängten Sterblichen Trost und Hoffnung ins irdische Leben hineinleuchte. Am 11. Februar war die Verhandlung. Da ward der Antrag — mit 155 gegen 150 Stimmen abgelehnt. Auch eine Wiederholung desselben bei der dritten Lesung hatte keinen andern Erfolg. Wir können diesen Ausgang nur beglückwünschen. Wir wurden es für ein beklagenswertes Zeichen der Zeit gehalten haben, wenn die Volksvertretung des größten deutschen Staates ihre Stimme für eine Vermehrung der Lotterie abgegeben hätte. Suchen wir uns zunächst den gauzeu Stand der deutschen Lotterien einmal vor Augen zu führen. Es bestehen noch Staatslotterien in Preußen, Sachsen, Vraunschweig, Hamburg und Mecklenburg-Schwerin. Preußen mit 27279000 Einwohnern hält Lotterien, deren Einsatzgelder je 13728000 Mark betragen. Man giebt 93 000 Loose aus in ganzen, halben und Viertellooscn. Die Verloosung erfolgt in 4 Ziehungen (Klassen). Das Loos kostet in jeder Klasse 39 Mark, im ganzen 150 Mark. Zur Verteilung kommen 43000 Gewinne, die niedrigsten zu 60 Mark, der höchste zu 450000 Mark. Von den Gewinnen bezieht der Staat 1,3^/g Prozent, die Einnehmer 2 Prozent. Der Gesamtgewinn des Staates beträgt roh 4 034 000, rein 3944800 Mark. Sachsen mit 2972000 Einwohnern hält Lotterien, deren Einsatzgelder je 18135 000 Mark betragen. Man giebt 100000 Loose aus in ganzen, halben, Fünftel- und Zehntelloosen. Die Verloosung erfolgt in 5 Klassen zu gleichen Eiusatzbeträgen wie in Preußen. Zur Verteilung kommen 50000 Gewinne, die niedrigsten zu 105 Mark, der höchste zu 500000 Mark. Der Gewinn¬ abzug des Staates und die Einnahmegebühr betragen zusammen 15'/z Prozent. An Gesamtgewinn bezieht der Staat roh 5 604250, rein 4645 570 Mark. Braunschweig mit 349000 Einwohnern hält Lotterien, deren Einsatz- geldcr je 10402000 Mark betragen. Man giebt 100 000 Loose ans in ganzen, halben, Viertel- und Achtelloosen. Die Verloosung erfolgt in 6 Klassen. Der Preis des Looses für alle Klassen beträgt 114 Mark. Man verteilt 50000 Gewinne, deren niedrigste 40 Mark betragen, während der höchste bis zu 500000 Mark steigen kann. Von den Einsatzgeldern kommen 15 Prozent in Abzug. Als Gesamtgewinn des Staates sind im Budget 1169000 Mark auf¬ geführt. Grenzboten II. 1886. l g

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Zweites Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341841_195390/126>, abgerufen am 22.07.2024.