Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Erstes Quartal.Uarl Gottlieb Svarez. derselbe dem Werke gegenüber nicht positiv ablehnend. Aber er vertrat doch Die dritte Periode in der Geschichte des Gesetzwerkes wurde vor allem Uarl Gottlieb Svarez. derselbe dem Werke gegenüber nicht positiv ablehnend. Aber er vertrat doch Die dritte Periode in der Geschichte des Gesetzwerkes wurde vor allem <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0679" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/195355"/> <fw type="header" place="top"> Uarl Gottlieb Svarez.</fw><lb/> <p xml:id="ID_2627" prev="#ID_2626"> derselbe dem Werke gegenüber nicht positiv ablehnend. Aber er vertrat doch<lb/> eine andre Richtung. Es sollten bei der Ausarbeitung Deputirte der Stände<lb/> mitwirken, damit die in den Provinzen vorhandenen Statuten und Einrichtungen<lb/> erhalten blieben. Das bedeutete nichts andres, als daß den in den Entwurf<lb/> aufgenommenen Neuerungen ein möglichst starker Damm entgegengesetzt werden<lb/> sollte. Bald wurden auch mittelst Jmmediateingaben an den König, welche<lb/> allen Umständen nach von dem schlesischen Minister Danckelmann und von dem<lb/> bekannten Wölluer herrühren, Einwürfe gegen das neue Werk erhoben. Es<lb/> wurde geltend gemacht, es müsse ans dem Gesetzbuche das, was wirklich zu<lb/> einem Gesetze sich qualifizire, von den bloßen spekulativen Rechtssätzen und<lb/> Meinungen abgesondert und letztere aus dein Gesetze entfernt werden. Es<lb/> wurden auch sonst anstößige Stellen des Gesetzbuches bezeichnet. Nun erging<lb/> auch, durch Wölluers Einfluß veranlaßt, das bekannte Neligionsedikt vom<lb/> 9. Juli 1788 gegen die „Aufklärung." Drei Wochen vorher war der letzte<lb/> Teil des entworfenen Gesetzbuches mit der Aufforderung zur Begutachtung ver¬<lb/> öffentlicht worden. Auf Grund der eingegangenen Erinnerungen arbeitete Svarez<lb/> nochmals den Entwurf um. Am 20. März 1791 vollzog der König das<lb/> Publikationspatent, nach welchem das nunmehr vollendete „Allgemeine Gesetz¬<lb/> buch" am 1. Juni 1792 in Kraft treten sollte.</p><lb/> <p xml:id="ID_2628" next="#ID_2629"> Die dritte Periode in der Geschichte des Gesetzwerkes wurde vor allem<lb/> durch die Thatsache beeinflußt, daß die französische Revolution immer bedroh¬<lb/> licher mit ihren blutigen Schrecken am Horizonte auftauchte. Neue Angriffe<lb/> wurden gegen das Gesetzbuch gerichtet. Man sagte ihm insgeheim nach, „es<lb/> stehe auf dem Boden der Revolution." Dazu kam ein neuer verhängnisvoller<lb/> Prozeß. Ein Prediger Schulz zu Gielsdorf sollte wegen Irrlehren nach dein<lb/> neuen Religionsedikt abgesetzt werden. Das Kanunergericht aber entschied, „daß<lb/> er als christlicher Prediger zu dulden sei." Darob großer Zorn des Königs.<lb/> Er „bestätigte" das Urteil dahin, „daß Schulz als' protestantisch-lutherischer<lb/> Prediger seines Amtes zu entsetzen sei." Zugleich erfolgten höchst unliebsame<lb/> Reskripte an das Kammergericht. In diese ganze traurige Verhandlung ward<lb/> auch Carmer verwickelt, und es ward dadurch seine Stellung einigermaßen er¬<lb/> schüttert. Nun richtete auch Danckelmann von neuem seine Augriffe gegen das<lb/> Gesetzbuch. Durch Allerhöchste Ordre vom 18. April 1792,' ward dasselbe<lb/> suspendirt, auf den angeblichen Grund hin, daß das Publikum sich noch nicht ge¬<lb/> nügend mit demselben vertraut gemacht habe. Eine Remonstrativn von Carmer<lb/> hatte keine Wirkung. Damit war die Einführung überhaupt in Frage gestellt.<lb/> Die von. vielen gehegte Hoffnung, daß Preußen ein Gesetzbuch haben werde,<lb/> „wie die Erde noch keines gesehen," schien zu zerfließen. Da trat plötzlich ein<lb/> andres politisches Ereignis in den Vordergrund. Im Jahre 1793 wurde die<lb/> zweite Teilung Polens vollzogen. Politische Gründe ließen es nötig erscheinen,<lb/> in dem nunmehrigen Südpreußen einen neuen Rechtszustand einzuführen. Dazu</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0679]
Uarl Gottlieb Svarez.
derselbe dem Werke gegenüber nicht positiv ablehnend. Aber er vertrat doch
eine andre Richtung. Es sollten bei der Ausarbeitung Deputirte der Stände
mitwirken, damit die in den Provinzen vorhandenen Statuten und Einrichtungen
erhalten blieben. Das bedeutete nichts andres, als daß den in den Entwurf
aufgenommenen Neuerungen ein möglichst starker Damm entgegengesetzt werden
sollte. Bald wurden auch mittelst Jmmediateingaben an den König, welche
allen Umständen nach von dem schlesischen Minister Danckelmann und von dem
bekannten Wölluer herrühren, Einwürfe gegen das neue Werk erhoben. Es
wurde geltend gemacht, es müsse ans dem Gesetzbuche das, was wirklich zu
einem Gesetze sich qualifizire, von den bloßen spekulativen Rechtssätzen und
Meinungen abgesondert und letztere aus dein Gesetze entfernt werden. Es
wurden auch sonst anstößige Stellen des Gesetzbuches bezeichnet. Nun erging
auch, durch Wölluers Einfluß veranlaßt, das bekannte Neligionsedikt vom
9. Juli 1788 gegen die „Aufklärung." Drei Wochen vorher war der letzte
Teil des entworfenen Gesetzbuches mit der Aufforderung zur Begutachtung ver¬
öffentlicht worden. Auf Grund der eingegangenen Erinnerungen arbeitete Svarez
nochmals den Entwurf um. Am 20. März 1791 vollzog der König das
Publikationspatent, nach welchem das nunmehr vollendete „Allgemeine Gesetz¬
buch" am 1. Juni 1792 in Kraft treten sollte.
Die dritte Periode in der Geschichte des Gesetzwerkes wurde vor allem
durch die Thatsache beeinflußt, daß die französische Revolution immer bedroh¬
licher mit ihren blutigen Schrecken am Horizonte auftauchte. Neue Angriffe
wurden gegen das Gesetzbuch gerichtet. Man sagte ihm insgeheim nach, „es
stehe auf dem Boden der Revolution." Dazu kam ein neuer verhängnisvoller
Prozeß. Ein Prediger Schulz zu Gielsdorf sollte wegen Irrlehren nach dein
neuen Religionsedikt abgesetzt werden. Das Kanunergericht aber entschied, „daß
er als christlicher Prediger zu dulden sei." Darob großer Zorn des Königs.
Er „bestätigte" das Urteil dahin, „daß Schulz als' protestantisch-lutherischer
Prediger seines Amtes zu entsetzen sei." Zugleich erfolgten höchst unliebsame
Reskripte an das Kammergericht. In diese ganze traurige Verhandlung ward
auch Carmer verwickelt, und es ward dadurch seine Stellung einigermaßen er¬
schüttert. Nun richtete auch Danckelmann von neuem seine Augriffe gegen das
Gesetzbuch. Durch Allerhöchste Ordre vom 18. April 1792,' ward dasselbe
suspendirt, auf den angeblichen Grund hin, daß das Publikum sich noch nicht ge¬
nügend mit demselben vertraut gemacht habe. Eine Remonstrativn von Carmer
hatte keine Wirkung. Damit war die Einführung überhaupt in Frage gestellt.
Die von. vielen gehegte Hoffnung, daß Preußen ein Gesetzbuch haben werde,
„wie die Erde noch keines gesehen," schien zu zerfließen. Da trat plötzlich ein
andres politisches Ereignis in den Vordergrund. Im Jahre 1793 wurde die
zweite Teilung Polens vollzogen. Politische Gründe ließen es nötig erscheinen,
in dem nunmehrigen Südpreußen einen neuen Rechtszustand einzuführen. Dazu
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