Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Erstes Quartal.Die Mode im alten Griechenland. sei, fehlt; andrerseits ist für die Cikaden bisher noch keine plausible Erklärung Alle diese maiinichsaltigen archaischen Haartrachten, bei denen sich eine chrono¬ Die Mode im alten Griechenland. sei, fehlt; andrerseits ist für die Cikaden bisher noch keine plausible Erklärung Alle diese maiinichsaltigen archaischen Haartrachten, bei denen sich eine chrono¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0479" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/195155"/> <fw type="header" place="top"> Die Mode im alten Griechenland.</fw><lb/> <p xml:id="ID_1737" prev="#ID_1736"> sei, fehlt; andrerseits ist für die Cikaden bisher noch keine plausible Erklärung<lb/> gefunden, und alle diejenigen Erklärer, welche dieselben als Nadeln, Fibeln u. s, w.<lb/> auffassen, müssen zugestehen, daß gerade bei der altertümlichen Haartracht der<lb/> Männer, trotz aller Künstlichkeit derselben, Nadeln oder dergleichen sich auf den<lb/> Denkmälern nicht nachweisen lassen; und ebensowenig hat man bisher Nadeln<lb/> gefunden, welche, wie man bisweilen auch zur Erklärung angenommen hat, als<lb/> Spitze oder Kopf eine Cikade zeigen oder durch ihre Form die eigentümliche<lb/> Benennung gerechtfertigt erscheinen ließen. Der in altertümlicher Weise frisirte<lb/> Kopf des Apollo vom Westgicbcl in Olympia zeigt allerdings Bohrlöcher,<lb/> welche auf Befestigung bronzenen Zierrath im Schöpfe deuten; wie aber derselbe<lb/> ausgesehen haben mag, können wir nicht wissen. Immerhin darf Schreiber für<lb/> seine Deutung des Krobylos sich darauf berufen, daß sie am meisten mit der<lb/> von den Alten gegebenen Erklärung in ihrer besten Version (denn die spätere<lb/> Zeit hatte natürlich vom Krobylos anch keine lebendige Kunde mehr und be¬<lb/> nutzte ältere Quellen) übereinstimmt.</p><lb/> <p xml:id="ID_1738" next="#ID_1739"> Alle diese maiinichsaltigen archaischen Haartrachten, bei denen sich eine chrono¬<lb/> logische Reihenfolge schwerlich wird herstellen lassen, verschwinden nun aber — und<lb/> so finden wir auch hier wieder den Beweis für den ans sämtlichen Gebieten<lb/> des Lebens hervortretenden Schönheitssinn der klassischen Epoche — in der<lb/> zweiten Hälfte des fünften Jahrhunderts. Anspielungen bei Aristophanes zeigen<lb/> uns, daß damals nur uoch altfränkische Leute, die vermutlich auch noch im<lb/> langen Chiton einhergingen, von der Cikadentracht Gebrauch machten; auf den<lb/> Denkmälern der Skulptur fehlen sie so gut wie ganz und gar, und wenn die<lb/> Vasenmaler sie länger beibehalten, so hängt das damit zusammen, daß die<lb/> Malerei überhaupt länger an den alten Formen und Moden festhält als die<lb/> Plastik, wie sie ja auch stilistisch sich erst später frei entwickelt. Von jener Zeit<lb/> an verschwindet das lange, wallende Haar der Männer ebenso wie der Zopf;<lb/> ganz kurzgeschnittcne Haare tragen zwar nur Epheben und Athleten, aber auch<lb/> das Haar der Männer ist mit der Schere gekürzt und erhält seinen schönsten<lb/> Schmuck durch die Natur selbst, welche ja gerade dem Haar der südlichen wie<lb/> der orientalischen Völker die Gabe, sich anmutig zu kräuseln, verliehen hat.<lb/> Die Porträtköpfe aus jener und der folgenden Zeit zeigen uns in der schönsten<lb/> Form einen einfach gelockten, reichen und doch nicht zu üppigen, geschmeidigen<lb/> Haarwuchs. So scheint es in den nächsten Jahrhunderten im wesentlichen<lb/> geblieben zu sein; wenigstens finden wir in den Denkmälern nirgends mehr eine<lb/> Spur, daß künstliche Frisuren, wie sie die alte Zeit liebte, je wieder bei den<lb/> Männern Mode geworden seien. Wie die Zeit der Allongeperücken, des<lb/> Puters, des Zopfes für uns auf alle Zeiten vorbei ist, so kehrte auch die alte<lb/> Welt, nachdem sie einmal die Schönheit des natürlichen Haarwuchses erkannt<lb/> hatte, nie mehr zu der steifen und jedenfalls sehr mühsam herzustellenden Haar¬<lb/> tracht der Vergangenheit zurück. Damit soll nicht gesagt sein, daß man nicht</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0479]
Die Mode im alten Griechenland.
sei, fehlt; andrerseits ist für die Cikaden bisher noch keine plausible Erklärung
gefunden, und alle diejenigen Erklärer, welche dieselben als Nadeln, Fibeln u. s, w.
auffassen, müssen zugestehen, daß gerade bei der altertümlichen Haartracht der
Männer, trotz aller Künstlichkeit derselben, Nadeln oder dergleichen sich auf den
Denkmälern nicht nachweisen lassen; und ebensowenig hat man bisher Nadeln
gefunden, welche, wie man bisweilen auch zur Erklärung angenommen hat, als
Spitze oder Kopf eine Cikade zeigen oder durch ihre Form die eigentümliche
Benennung gerechtfertigt erscheinen ließen. Der in altertümlicher Weise frisirte
Kopf des Apollo vom Westgicbcl in Olympia zeigt allerdings Bohrlöcher,
welche auf Befestigung bronzenen Zierrath im Schöpfe deuten; wie aber derselbe
ausgesehen haben mag, können wir nicht wissen. Immerhin darf Schreiber für
seine Deutung des Krobylos sich darauf berufen, daß sie am meisten mit der
von den Alten gegebenen Erklärung in ihrer besten Version (denn die spätere
Zeit hatte natürlich vom Krobylos anch keine lebendige Kunde mehr und be¬
nutzte ältere Quellen) übereinstimmt.
Alle diese maiinichsaltigen archaischen Haartrachten, bei denen sich eine chrono¬
logische Reihenfolge schwerlich wird herstellen lassen, verschwinden nun aber — und
so finden wir auch hier wieder den Beweis für den ans sämtlichen Gebieten
des Lebens hervortretenden Schönheitssinn der klassischen Epoche — in der
zweiten Hälfte des fünften Jahrhunderts. Anspielungen bei Aristophanes zeigen
uns, daß damals nur uoch altfränkische Leute, die vermutlich auch noch im
langen Chiton einhergingen, von der Cikadentracht Gebrauch machten; auf den
Denkmälern der Skulptur fehlen sie so gut wie ganz und gar, und wenn die
Vasenmaler sie länger beibehalten, so hängt das damit zusammen, daß die
Malerei überhaupt länger an den alten Formen und Moden festhält als die
Plastik, wie sie ja auch stilistisch sich erst später frei entwickelt. Von jener Zeit
an verschwindet das lange, wallende Haar der Männer ebenso wie der Zopf;
ganz kurzgeschnittcne Haare tragen zwar nur Epheben und Athleten, aber auch
das Haar der Männer ist mit der Schere gekürzt und erhält seinen schönsten
Schmuck durch die Natur selbst, welche ja gerade dem Haar der südlichen wie
der orientalischen Völker die Gabe, sich anmutig zu kräuseln, verliehen hat.
Die Porträtköpfe aus jener und der folgenden Zeit zeigen uns in der schönsten
Form einen einfach gelockten, reichen und doch nicht zu üppigen, geschmeidigen
Haarwuchs. So scheint es in den nächsten Jahrhunderten im wesentlichen
geblieben zu sein; wenigstens finden wir in den Denkmälern nirgends mehr eine
Spur, daß künstliche Frisuren, wie sie die alte Zeit liebte, je wieder bei den
Männern Mode geworden seien. Wie die Zeit der Allongeperücken, des
Puters, des Zopfes für uns auf alle Zeiten vorbei ist, so kehrte auch die alte
Welt, nachdem sie einmal die Schönheit des natürlichen Haarwuchses erkannt
hatte, nie mehr zu der steifen und jedenfalls sehr mühsam herzustellenden Haar¬
tracht der Vergangenheit zurück. Damit soll nicht gesagt sein, daß man nicht
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