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Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Erstes Quartal.

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Gutsherr dem Pächter das Land gegen Abgabe des halben Ertrages überläßt,
und also Geld oder Kapital ebensowenig bei der Produktion wie bei der Ent¬
lohnung mitwirkt.

Eine weitere Verwicklung des Herganges der Produktion findet statt, wenn
der Unternehmer eine sowohl vom Arbeiter als von dem Grundeigentümer ver-
schiedne Person ist. Hiermit tritt kein neues Element der Produktion ans, son¬
dern nur eine Scheidung dieser Elemente. Statt des arbeitenden Unternehmers
haben wir nur den Unternehmer und den Arbeiter. Auch in diesem Falle bleibt
das Produkt die einzige Quelle der Entlohnung für die beteiligten drei Per¬
sonen, den Unternehmer, den Grundherrn und den Arbeiter, und sie bedürfen
für die Erzeugung des Gutes keiner weiteren Beihilfe.

Angenommen, ich habe den Gedanken, die nnter dem Grunde des A liegenden
Eisenerze durch Arbeiter zutage fördern, schmelzen und zu Masseln umformen
zu lassen, so wird die Entlohnung des Grundherrn und der Arbeiter sowie
mein eigner Gewinn eben in Masseln bestehen. Masseln sind es, auch wenn
ich statt Masseln meinen Gehilfen Korn, Vieh oder Geld gebe, die ich anderswo
gegen meine Masseln eingetauscht habe. Der Unternehmer hat zur Erzeugung
des Gutes nichts andres nötig, als Stoff und Arbeit, und daß die Entlohnung
für beide lediglich aus dem Produkte und nirgends anders woher entnommen
wird, ist darum ganz unbestreitbar, weil das Zustandekommen der Masseln
garnicht verhindert wird, wenn der Unternehmer nichts als seine Idee und seine
Arbeitsteilung, der Grundherr nichts als sein Land und der Arbeiter nichts
als seine Hände besitzt. Ein jeder von ihnen wird in Masselu entlohnt und
lauscht dann seine Masseln bei dritten in andre Güter um. Man nehme ein
Praktisches und ganz gewöhnliches Beispiel. Ein Bäcker bringt seinen Weizen
zum Müller, der ihn wie üblich gegen einen Abzug von zehn Prozent an der
Frucht in Mehl verwandelt. Das Mehl läßt er von seinen Gesellen in Brot
backen und am Ende der Woche entlohnt er sie -- in Geld allerdings! Aber
dies Geld hat er im Laufe der Woche durch den Verkauf der Brote eingetauscht.
Es ist nur Sache der Zweckmäßigkeit und Bequemlichkeit, daß die Entlohnung
nicht in Broden geschieht. Wir sehen hier ganz deutlich, wie alle mitwirkenden
Personen, Müller, Gesellen und Bäcker, aus dem Produkte entlohnt werden. Die
Zahl der Gesellen, welche er beschäftigen kann, wird also lediglich von der Menge
der Brote, die er absetzen kann, abhängig sein, und nicht von etwas anderm,
z. V. von dem Kapital oder Gelde, welches ihm zur Verfügung steht, wie es
die Schule lehrt.

Endlich tritt bei der Gütererzeugung noch eine letzte Verwicklung ein.
Sobald nämlich vervollkommnete Werkzeuge, Maschinen zur Arbeit verlangt
werden, die der Arbeiter nicht wie seine Schaufel, seine Axt oder sein Messer
selbst liefern kann, muß das Ergebnis vergangener Arbeit, d. h. Kapital, zu
Hilfe gerufen werden; aber nicht um sich in Arbeitslohn, sondern um sich in


Gutsherr dem Pächter das Land gegen Abgabe des halben Ertrages überläßt,
und also Geld oder Kapital ebensowenig bei der Produktion wie bei der Ent¬
lohnung mitwirkt.

Eine weitere Verwicklung des Herganges der Produktion findet statt, wenn
der Unternehmer eine sowohl vom Arbeiter als von dem Grundeigentümer ver-
schiedne Person ist. Hiermit tritt kein neues Element der Produktion ans, son¬
dern nur eine Scheidung dieser Elemente. Statt des arbeitenden Unternehmers
haben wir nur den Unternehmer und den Arbeiter. Auch in diesem Falle bleibt
das Produkt die einzige Quelle der Entlohnung für die beteiligten drei Per¬
sonen, den Unternehmer, den Grundherrn und den Arbeiter, und sie bedürfen
für die Erzeugung des Gutes keiner weiteren Beihilfe.

Angenommen, ich habe den Gedanken, die nnter dem Grunde des A liegenden
Eisenerze durch Arbeiter zutage fördern, schmelzen und zu Masseln umformen
zu lassen, so wird die Entlohnung des Grundherrn und der Arbeiter sowie
mein eigner Gewinn eben in Masseln bestehen. Masseln sind es, auch wenn
ich statt Masseln meinen Gehilfen Korn, Vieh oder Geld gebe, die ich anderswo
gegen meine Masseln eingetauscht habe. Der Unternehmer hat zur Erzeugung
des Gutes nichts andres nötig, als Stoff und Arbeit, und daß die Entlohnung
für beide lediglich aus dem Produkte und nirgends anders woher entnommen
wird, ist darum ganz unbestreitbar, weil das Zustandekommen der Masseln
garnicht verhindert wird, wenn der Unternehmer nichts als seine Idee und seine
Arbeitsteilung, der Grundherr nichts als sein Land und der Arbeiter nichts
als seine Hände besitzt. Ein jeder von ihnen wird in Masselu entlohnt und
lauscht dann seine Masseln bei dritten in andre Güter um. Man nehme ein
Praktisches und ganz gewöhnliches Beispiel. Ein Bäcker bringt seinen Weizen
zum Müller, der ihn wie üblich gegen einen Abzug von zehn Prozent an der
Frucht in Mehl verwandelt. Das Mehl läßt er von seinen Gesellen in Brot
backen und am Ende der Woche entlohnt er sie — in Geld allerdings! Aber
dies Geld hat er im Laufe der Woche durch den Verkauf der Brote eingetauscht.
Es ist nur Sache der Zweckmäßigkeit und Bequemlichkeit, daß die Entlohnung
nicht in Broden geschieht. Wir sehen hier ganz deutlich, wie alle mitwirkenden
Personen, Müller, Gesellen und Bäcker, aus dem Produkte entlohnt werden. Die
Zahl der Gesellen, welche er beschäftigen kann, wird also lediglich von der Menge
der Brote, die er absetzen kann, abhängig sein, und nicht von etwas anderm,
z. V. von dem Kapital oder Gelde, welches ihm zur Verfügung steht, wie es
die Schule lehrt.

Endlich tritt bei der Gütererzeugung noch eine letzte Verwicklung ein.
Sobald nämlich vervollkommnete Werkzeuge, Maschinen zur Arbeit verlangt
werden, die der Arbeiter nicht wie seine Schaufel, seine Axt oder sein Messer
selbst liefern kann, muß das Ergebnis vergangener Arbeit, d. h. Kapital, zu
Hilfe gerufen werden; aber nicht um sich in Arbeitslohn, sondern um sich in


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[0395] Gutsherr dem Pächter das Land gegen Abgabe des halben Ertrages überläßt, und also Geld oder Kapital ebensowenig bei der Produktion wie bei der Ent¬ lohnung mitwirkt. Eine weitere Verwicklung des Herganges der Produktion findet statt, wenn der Unternehmer eine sowohl vom Arbeiter als von dem Grundeigentümer ver- schiedne Person ist. Hiermit tritt kein neues Element der Produktion ans, son¬ dern nur eine Scheidung dieser Elemente. Statt des arbeitenden Unternehmers haben wir nur den Unternehmer und den Arbeiter. Auch in diesem Falle bleibt das Produkt die einzige Quelle der Entlohnung für die beteiligten drei Per¬ sonen, den Unternehmer, den Grundherrn und den Arbeiter, und sie bedürfen für die Erzeugung des Gutes keiner weiteren Beihilfe. Angenommen, ich habe den Gedanken, die nnter dem Grunde des A liegenden Eisenerze durch Arbeiter zutage fördern, schmelzen und zu Masseln umformen zu lassen, so wird die Entlohnung des Grundherrn und der Arbeiter sowie mein eigner Gewinn eben in Masseln bestehen. Masseln sind es, auch wenn ich statt Masseln meinen Gehilfen Korn, Vieh oder Geld gebe, die ich anderswo gegen meine Masseln eingetauscht habe. Der Unternehmer hat zur Erzeugung des Gutes nichts andres nötig, als Stoff und Arbeit, und daß die Entlohnung für beide lediglich aus dem Produkte und nirgends anders woher entnommen wird, ist darum ganz unbestreitbar, weil das Zustandekommen der Masseln garnicht verhindert wird, wenn der Unternehmer nichts als seine Idee und seine Arbeitsteilung, der Grundherr nichts als sein Land und der Arbeiter nichts als seine Hände besitzt. Ein jeder von ihnen wird in Masselu entlohnt und lauscht dann seine Masseln bei dritten in andre Güter um. Man nehme ein Praktisches und ganz gewöhnliches Beispiel. Ein Bäcker bringt seinen Weizen zum Müller, der ihn wie üblich gegen einen Abzug von zehn Prozent an der Frucht in Mehl verwandelt. Das Mehl läßt er von seinen Gesellen in Brot backen und am Ende der Woche entlohnt er sie — in Geld allerdings! Aber dies Geld hat er im Laufe der Woche durch den Verkauf der Brote eingetauscht. Es ist nur Sache der Zweckmäßigkeit und Bequemlichkeit, daß die Entlohnung nicht in Broden geschieht. Wir sehen hier ganz deutlich, wie alle mitwirkenden Personen, Müller, Gesellen und Bäcker, aus dem Produkte entlohnt werden. Die Zahl der Gesellen, welche er beschäftigen kann, wird also lediglich von der Menge der Brote, die er absetzen kann, abhängig sein, und nicht von etwas anderm, z. V. von dem Kapital oder Gelde, welches ihm zur Verfügung steht, wie es die Schule lehrt. Endlich tritt bei der Gütererzeugung noch eine letzte Verwicklung ein. Sobald nämlich vervollkommnete Werkzeuge, Maschinen zur Arbeit verlangt werden, die der Arbeiter nicht wie seine Schaufel, seine Axt oder sein Messer selbst liefern kann, muß das Ergebnis vergangener Arbeit, d. h. Kapital, zu Hilfe gerufen werden; aber nicht um sich in Arbeitslohn, sondern um sich in

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341841_194675/395>, abgerufen am 25.08.2024.