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Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Erstes Quartal.

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hat.*) Er umfaßt eine ganze Anzahl wichtiger ungedruckter Lutherschrifteu, von denen
Buchwald bis jetzt wenigstens soviel veröffentlicht hat, daß die Wichtigkeit seiner
Entdeckung auch außerhalb der speziell theologischen Kreise bereits bekannt ge¬
worden ist. So die Vorlesungen Luthers über das Buch der Richter aus der
Zeit vor dem Jahre 1517 und die jetzt in der zweiten Auflage der Erlanger
Ausgabe zum erstenmale erscheinenden ältesten Nachschriften der Vorlesungen
Luthers über die kleinen Propheten.

Noch wichtiger ist jedoch die gegen fünfhundert zum größten Teile bisher
völlig unbekannte Predigten Luthers enthaltende handschriftliche Sammlung
Andreas Poachs. Es gebührt daher der Verlagsbuchhandlung von Fr. Wilh.
Grunow der Dank aller derer, denen Luther und die Kenntnis seines Lebens
wie seiner Schriften am Herzen liegt, daß sie es unternommen hat, die Poachsche
Sammlung in ihrem ganzen Umfange zu veröffentlichen, sodaß nur bei den
bereits bekannten Predigten die Wiedergabe auf die Varianten und die die
bisherige Chronologie rektifizirenden Zeitbestimmungen beschränkt wird.

Von dem stattlichen, auch in trefflicher Ausstattung erscheinenden Werke,
welches gegen einhnndertzwauzig Bogen in Großvktav umfassen wird, ist zunächst
der erste Halbhart erschienen, der auch die Einleitung des Herausgebers enthält.
Unter deu Predigten aus den Jahren 1623 bis 1530, welche der erste Band
bringen soll, sind wegen der historische" Beziehungen besonders die von Wich¬
tigkeit, welche Luther 1529 auf dem Wege nach Marburg, in Marburg und
auf der Rückreise vom Religionsgespräche gehalten hat, und wegen ihres dog¬
matischen Inhalts verschiedne andre Predigten, wie die im Zusammenhange
über das Proömium des Johannesevangeliums gehaltenen, von denen allen mir
wenige bisher veröffentlicht waren. Der zweite Band soll dann die Predigten
von 1531 bis 1536, der dritte die von 1537 bis 1539, der vierte die von
1540 bis 1542 und von 1544 bis 1546 enthalten.

Der Wert dieser Predigtsammlung liegt, nach dem maßgebenden Urteile
Köstlins, nicht bloß darin, daß uns nun erst ein zusammenhängendes Ganze
von Luthers Predigtthätigkeit vergegenwärtigt wird, sondern auch in den eigen¬
tümlichen Rückschlüssen, welche man aus dem Verhältnisse des Textes der bereits
früher veröffentlichten Predigten zu dem der Poachschen Sammlung auf ihre
ursprüngliche Gestalt ziehen kann. Darnach stellt sich heraus, daß bei den
Predigten, welche in früheren Zeiten nach Luthers Tode aus Nachschriften
herausgegeben worden sind, der Text nicht den Wortlaut der ursprünglichen
Notizen, die der Nachschreibende sich beim Anhören gemacht hatte, wiedergiebt,
sondern eine Erweiterung und Stilisirung dieser nachschriftlichen Notizen durch



Andreas Poachs handschriftliche Sammlung Ungedruckter Predigten v. Martin
Luthers aus den Jahren 1528 bis 1S46. Aus dem Originale zum erstenmale heraus¬
gegeben von I^v. Dr. Georg Buchwald. Erster Band. Predigten aus den Jahren 1628,
1529, 1530. Erste Hälfte. Leipzig, Fr. Wilh. Gnmow, 1384.

hat.*) Er umfaßt eine ganze Anzahl wichtiger ungedruckter Lutherschrifteu, von denen
Buchwald bis jetzt wenigstens soviel veröffentlicht hat, daß die Wichtigkeit seiner
Entdeckung auch außerhalb der speziell theologischen Kreise bereits bekannt ge¬
worden ist. So die Vorlesungen Luthers über das Buch der Richter aus der
Zeit vor dem Jahre 1517 und die jetzt in der zweiten Auflage der Erlanger
Ausgabe zum erstenmale erscheinenden ältesten Nachschriften der Vorlesungen
Luthers über die kleinen Propheten.

Noch wichtiger ist jedoch die gegen fünfhundert zum größten Teile bisher
völlig unbekannte Predigten Luthers enthaltende handschriftliche Sammlung
Andreas Poachs. Es gebührt daher der Verlagsbuchhandlung von Fr. Wilh.
Grunow der Dank aller derer, denen Luther und die Kenntnis seines Lebens
wie seiner Schriften am Herzen liegt, daß sie es unternommen hat, die Poachsche
Sammlung in ihrem ganzen Umfange zu veröffentlichen, sodaß nur bei den
bereits bekannten Predigten die Wiedergabe auf die Varianten und die die
bisherige Chronologie rektifizirenden Zeitbestimmungen beschränkt wird.

Von dem stattlichen, auch in trefflicher Ausstattung erscheinenden Werke,
welches gegen einhnndertzwauzig Bogen in Großvktav umfassen wird, ist zunächst
der erste Halbhart erschienen, der auch die Einleitung des Herausgebers enthält.
Unter deu Predigten aus den Jahren 1623 bis 1530, welche der erste Band
bringen soll, sind wegen der historische» Beziehungen besonders die von Wich¬
tigkeit, welche Luther 1529 auf dem Wege nach Marburg, in Marburg und
auf der Rückreise vom Religionsgespräche gehalten hat, und wegen ihres dog¬
matischen Inhalts verschiedne andre Predigten, wie die im Zusammenhange
über das Proömium des Johannesevangeliums gehaltenen, von denen allen mir
wenige bisher veröffentlicht waren. Der zweite Band soll dann die Predigten
von 1531 bis 1536, der dritte die von 1537 bis 1539, der vierte die von
1540 bis 1542 und von 1544 bis 1546 enthalten.

Der Wert dieser Predigtsammlung liegt, nach dem maßgebenden Urteile
Köstlins, nicht bloß darin, daß uns nun erst ein zusammenhängendes Ganze
von Luthers Predigtthätigkeit vergegenwärtigt wird, sondern auch in den eigen¬
tümlichen Rückschlüssen, welche man aus dem Verhältnisse des Textes der bereits
früher veröffentlichten Predigten zu dem der Poachschen Sammlung auf ihre
ursprüngliche Gestalt ziehen kann. Darnach stellt sich heraus, daß bei den
Predigten, welche in früheren Zeiten nach Luthers Tode aus Nachschriften
herausgegeben worden sind, der Text nicht den Wortlaut der ursprünglichen
Notizen, die der Nachschreibende sich beim Anhören gemacht hatte, wiedergiebt,
sondern eine Erweiterung und Stilisirung dieser nachschriftlichen Notizen durch



Andreas Poachs handschriftliche Sammlung Ungedruckter Predigten v. Martin
Luthers aus den Jahren 1528 bis 1S46. Aus dem Originale zum erstenmale heraus¬
gegeben von I^v. Dr. Georg Buchwald. Erster Band. Predigten aus den Jahren 1628,
1529, 1530. Erste Hälfte. Leipzig, Fr. Wilh. Gnmow, 1384.
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341841_194675/318>, abgerufen am 23.07.2024.