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Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Erstes Quartal.

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Die Kommilitonen.
Novelle von A. R. N). Uschner. (Fortsetzung.)

ipin mit Nummer vier begann, er habe eine schwierige Position
hinter dem Obersten, denn: Avr> ownos xossuinus 6Wo Loixi0No8;
seine ganze Vergangenheit und Gegenwart wolle er damit ver¬
anschaulichen, daß er einst den "Hamlet schlecht" gespielt habe,
jetzt den "Polonius gut" spiele, ein unzweifelhaft zutreffender
Ausspruch, der ein großes Bravo hervorrief. Durch diesen Beifall aufgemuntert,
erbot sich der Sprecher zum Vortrage einer nach seiner Meinung wie für den
heutigen Tag gedichtete Stelle aus einem neuen Schauspiele, das er in seiner
Thcaterschule gerade vorhabe und dem er eine Art Zukunft verspreche. Auf
allseitiges Verlangen deklamirte er sie (und er that es mit Meisterschaft). Es
war eine Stelle, in der die vier Lebensalter des Menschen: Kindheit, Jugend,
Mannes- und Greisenalter sehr eingehend mit den vier Jahreszeiten und ihren
einzelnen Monaten verglichen wurden. Als er geendet hatte, wiederholten sich
die Bravorufe, Archimedes rechnete heraus, daß sie nach dieser Tabulatur sich
sämtlich im Oktober des Lebens befänden, da noch keiner sechuudsünfzig Jahre
alt sei, was einen allgemeinen Freudensturm zur Folge hatte, aus dem sich
Mirbl mühsam mit seiner Nummer fünf hervorzwängte.

Mirbl leitete seine Erzählung folgendermaßen ein: Pipin hat vorhin
freundlich ein Bonmot von mir acceptirt, ich revanchire mich gleich, indem ich
anstatt seiner "schwierigen Position" für mich einen Komparativ vindizire und
mich hinter ihm als "auf verlorenem Posten" erachte. Dann brachte er noch
das Wort Superlativ an, bewegte sich in vielen fremdländischen Ausdrücken
und bemerkte, daß sein Leben ein öffentliches, vor aller Augen liegendes sei;
sein ganzes Glück und Unglück beruhe darin. Diesen Gedanken sprach er in
mehrfachen Wendungen aus, beugte sich aber im übrige" vor Paragraph 1 der




Die Kommilitonen.
Novelle von A. R. N). Uschner. (Fortsetzung.)

ipin mit Nummer vier begann, er habe eine schwierige Position
hinter dem Obersten, denn: Avr> ownos xossuinus 6Wo Loixi0No8;
seine ganze Vergangenheit und Gegenwart wolle er damit ver¬
anschaulichen, daß er einst den „Hamlet schlecht" gespielt habe,
jetzt den „Polonius gut" spiele, ein unzweifelhaft zutreffender
Ausspruch, der ein großes Bravo hervorrief. Durch diesen Beifall aufgemuntert,
erbot sich der Sprecher zum Vortrage einer nach seiner Meinung wie für den
heutigen Tag gedichtete Stelle aus einem neuen Schauspiele, das er in seiner
Thcaterschule gerade vorhabe und dem er eine Art Zukunft verspreche. Auf
allseitiges Verlangen deklamirte er sie (und er that es mit Meisterschaft). Es
war eine Stelle, in der die vier Lebensalter des Menschen: Kindheit, Jugend,
Mannes- und Greisenalter sehr eingehend mit den vier Jahreszeiten und ihren
einzelnen Monaten verglichen wurden. Als er geendet hatte, wiederholten sich
die Bravorufe, Archimedes rechnete heraus, daß sie nach dieser Tabulatur sich
sämtlich im Oktober des Lebens befänden, da noch keiner sechuudsünfzig Jahre
alt sei, was einen allgemeinen Freudensturm zur Folge hatte, aus dem sich
Mirbl mühsam mit seiner Nummer fünf hervorzwängte.

Mirbl leitete seine Erzählung folgendermaßen ein: Pipin hat vorhin
freundlich ein Bonmot von mir acceptirt, ich revanchire mich gleich, indem ich
anstatt seiner „schwierigen Position" für mich einen Komparativ vindizire und
mich hinter ihm als „auf verlorenem Posten" erachte. Dann brachte er noch
das Wort Superlativ an, bewegte sich in vielen fremdländischen Ausdrücken
und bemerkte, daß sein Leben ein öffentliches, vor aller Augen liegendes sei;
sein ganzes Glück und Unglück beruhe darin. Diesen Gedanken sprach er in
mehrfachen Wendungen aus, beugte sich aber im übrige» vor Paragraph 1 der


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[0264] [Abbildung] Die Kommilitonen. Novelle von A. R. N). Uschner. (Fortsetzung.) ipin mit Nummer vier begann, er habe eine schwierige Position hinter dem Obersten, denn: Avr> ownos xossuinus 6Wo Loixi0No8; seine ganze Vergangenheit und Gegenwart wolle er damit ver¬ anschaulichen, daß er einst den „Hamlet schlecht" gespielt habe, jetzt den „Polonius gut" spiele, ein unzweifelhaft zutreffender Ausspruch, der ein großes Bravo hervorrief. Durch diesen Beifall aufgemuntert, erbot sich der Sprecher zum Vortrage einer nach seiner Meinung wie für den heutigen Tag gedichtete Stelle aus einem neuen Schauspiele, das er in seiner Thcaterschule gerade vorhabe und dem er eine Art Zukunft verspreche. Auf allseitiges Verlangen deklamirte er sie (und er that es mit Meisterschaft). Es war eine Stelle, in der die vier Lebensalter des Menschen: Kindheit, Jugend, Mannes- und Greisenalter sehr eingehend mit den vier Jahreszeiten und ihren einzelnen Monaten verglichen wurden. Als er geendet hatte, wiederholten sich die Bravorufe, Archimedes rechnete heraus, daß sie nach dieser Tabulatur sich sämtlich im Oktober des Lebens befänden, da noch keiner sechuudsünfzig Jahre alt sei, was einen allgemeinen Freudensturm zur Folge hatte, aus dem sich Mirbl mühsam mit seiner Nummer fünf hervorzwängte. Mirbl leitete seine Erzählung folgendermaßen ein: Pipin hat vorhin freundlich ein Bonmot von mir acceptirt, ich revanchire mich gleich, indem ich anstatt seiner „schwierigen Position" für mich einen Komparativ vindizire und mich hinter ihm als „auf verlorenem Posten" erachte. Dann brachte er noch das Wort Superlativ an, bewegte sich in vielen fremdländischen Ausdrücken und bemerkte, daß sein Leben ein öffentliches, vor aller Augen liegendes sei; sein ganzes Glück und Unglück beruhe darin. Diesen Gedanken sprach er in mehrfachen Wendungen aus, beugte sich aber im übrige» vor Paragraph 1 der

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341841_194675/264>, abgerufen am 23.07.2024.