Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Erstes Quartal.

Bild:
<< vorherige Seite

Auch die Vorbereitungen zu einem Einbrüche in das gleichfalls von allerlei
Unruhen heimgesuchte und den Boers der "südafrikanischen Republik" sehr un¬
bequem gewordene Betschuanenland im Südwesten, zunächst das Gebiet des Häupt¬
lings Montsioa, nahmen zuletzt einen offenkundiger Charakter an. und Nutherford,
der britische Resident in Pretoria, nahm daraus Anlaß, die Regierung der "südafri¬
kanischen Republik," deren Präsident jetzt ein Herr Meier war, auf sie aufmerksam zu
machen, gegen sie zu Protestiren und Abhilfe zu verlangen. Eine dortige Zeitung
hatte die Nachricht gebracht, daß sich bereits eine Schar von fünfzig Freiwilligen
gebildet habe, um gegen Montsioa zu dienen. Dasselbe Blatt druckte die Bitte
gewisser Boers ab, die schon die Grenze überschritten und sich im "Lande Gösen"
festgesetzt hatten, Pretorius möge zu ihnen kommen und sie gegen jenen
Häuptling ins Feld führen, wobei das genannte Territorium auch als "Land
Moab" bezeichnet wurde, das im Namen Gottes den Heiden entrissen werden
solle. Nutherford berichtete darüber an Sir Hercules Robinson und schrieb
dann am ö. Juli nach dessen Weisungen an die Negierung in Pretoria, "es
existire im Transvaal und innerhalb der Hauptstadt desselben eine Organisation
zu feindseligen Maßregeln gegen ein Gebiet, das jetzt praktisch britisch sei," und
forderte dagegen "entschiednes präventives Einschreiten von seiten der Regierung
des Transvaal." Diese verbot darauf durch eine Proklamation allen Be¬
wohnern der Republik die Werbung von Rekruten gegen das Betschuanenland.
Als die letztere trotzdem fortgesetzt wurde, erfolgte englischerseits eine weitere
Zuschrift, in der es hieß, es werde "eine stärkere Maßregel als eine bloße
pnpierne Bekanntmachung notwendig sein, um der Transvaalregierung die Ver¬
antwortlichkeit für den Einbruch einer innerhalb des Transvaal öffentlich
vorbereiteten und angezeigten Expedition in britisches Gebiet ^ hinein abzu¬
nehmen." Die Freischaren setzten sich demungeachtet in Bewegung, rückten Ende
Juli in Montsioas Land ein, schlugen ihn in einem Treffen und zwangen ihn
zu einem Vertrage, in welchem er ihnen sein Land abtrat, das darauf zur
Republik erklärt und unter den Schutz des benachbarten Boernstaates ge¬
stellt wurde.

Dazu trat noch ein andres Ereignis, welches in England die Entrüstung
über das Verfahren der Freischaren gegen Montsioa erheblich verstärkte. Im
Lande Montsioas existirte eine kleine britische Polizeimacht, die von einem
Beamten namens Bethel befehligt wurde. Dieser stellte sich, als der Einbruch
der Boers erfolgte, den Angreifern mit einer Anzahl von Eingebornen entgegen
und blieb dabei auf dem Platze. Wie englische Berichte wissen wollen, wurde
er zunächst schwer verwundet und dann, in diesem Zustande auf der Wahlstatt
liegend, von hinzutretender Boers kalten Blutes ermordet. Nach diesen Berichten
wäre Bethel ein edler Held und seine Tötung eine greuelvolle Schandthat ge¬
wesen. Wir halten die Sache für einigermaßen zugestutzt, wollen sie aber
auszugsweise nacherzählen.


Auch die Vorbereitungen zu einem Einbrüche in das gleichfalls von allerlei
Unruhen heimgesuchte und den Boers der „südafrikanischen Republik" sehr un¬
bequem gewordene Betschuanenland im Südwesten, zunächst das Gebiet des Häupt¬
lings Montsioa, nahmen zuletzt einen offenkundiger Charakter an. und Nutherford,
der britische Resident in Pretoria, nahm daraus Anlaß, die Regierung der „südafri¬
kanischen Republik," deren Präsident jetzt ein Herr Meier war, auf sie aufmerksam zu
machen, gegen sie zu Protestiren und Abhilfe zu verlangen. Eine dortige Zeitung
hatte die Nachricht gebracht, daß sich bereits eine Schar von fünfzig Freiwilligen
gebildet habe, um gegen Montsioa zu dienen. Dasselbe Blatt druckte die Bitte
gewisser Boers ab, die schon die Grenze überschritten und sich im „Lande Gösen"
festgesetzt hatten, Pretorius möge zu ihnen kommen und sie gegen jenen
Häuptling ins Feld führen, wobei das genannte Territorium auch als „Land
Moab" bezeichnet wurde, das im Namen Gottes den Heiden entrissen werden
solle. Nutherford berichtete darüber an Sir Hercules Robinson und schrieb
dann am ö. Juli nach dessen Weisungen an die Negierung in Pretoria, „es
existire im Transvaal und innerhalb der Hauptstadt desselben eine Organisation
zu feindseligen Maßregeln gegen ein Gebiet, das jetzt praktisch britisch sei," und
forderte dagegen „entschiednes präventives Einschreiten von seiten der Regierung
des Transvaal." Diese verbot darauf durch eine Proklamation allen Be¬
wohnern der Republik die Werbung von Rekruten gegen das Betschuanenland.
Als die letztere trotzdem fortgesetzt wurde, erfolgte englischerseits eine weitere
Zuschrift, in der es hieß, es werde „eine stärkere Maßregel als eine bloße
pnpierne Bekanntmachung notwendig sein, um der Transvaalregierung die Ver¬
antwortlichkeit für den Einbruch einer innerhalb des Transvaal öffentlich
vorbereiteten und angezeigten Expedition in britisches Gebiet ^ hinein abzu¬
nehmen." Die Freischaren setzten sich demungeachtet in Bewegung, rückten Ende
Juli in Montsioas Land ein, schlugen ihn in einem Treffen und zwangen ihn
zu einem Vertrage, in welchem er ihnen sein Land abtrat, das darauf zur
Republik erklärt und unter den Schutz des benachbarten Boernstaates ge¬
stellt wurde.

Dazu trat noch ein andres Ereignis, welches in England die Entrüstung
über das Verfahren der Freischaren gegen Montsioa erheblich verstärkte. Im
Lande Montsioas existirte eine kleine britische Polizeimacht, die von einem
Beamten namens Bethel befehligt wurde. Dieser stellte sich, als der Einbruch
der Boers erfolgte, den Angreifern mit einer Anzahl von Eingebornen entgegen
und blieb dabei auf dem Platze. Wie englische Berichte wissen wollen, wurde
er zunächst schwer verwundet und dann, in diesem Zustande auf der Wahlstatt
liegend, von hinzutretender Boers kalten Blutes ermordet. Nach diesen Berichten
wäre Bethel ein edler Held und seine Tötung eine greuelvolle Schandthat ge¬
wesen. Wir halten die Sache für einigermaßen zugestutzt, wollen sie aber
auszugsweise nacherzählen.


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0122" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/194798"/>
          <fw type="header" place="top"/><lb/>
          <p xml:id="ID_363"> Auch die Vorbereitungen zu einem Einbrüche in das gleichfalls von allerlei<lb/>
Unruhen heimgesuchte und den Boers der &#x201E;südafrikanischen Republik" sehr un¬<lb/>
bequem gewordene Betschuanenland im Südwesten, zunächst das Gebiet des Häupt¬<lb/>
lings Montsioa, nahmen zuletzt einen offenkundiger Charakter an. und Nutherford,<lb/>
der britische Resident in Pretoria, nahm daraus Anlaß, die Regierung der &#x201E;südafri¬<lb/>
kanischen Republik," deren Präsident jetzt ein Herr Meier war, auf sie aufmerksam zu<lb/>
machen, gegen sie zu Protestiren und Abhilfe zu verlangen. Eine dortige Zeitung<lb/>
hatte die Nachricht gebracht, daß sich bereits eine Schar von fünfzig Freiwilligen<lb/>
gebildet habe, um gegen Montsioa zu dienen. Dasselbe Blatt druckte die Bitte<lb/>
gewisser Boers ab, die schon die Grenze überschritten und sich im &#x201E;Lande Gösen"<lb/>
festgesetzt hatten, Pretorius möge zu ihnen kommen und sie gegen jenen<lb/>
Häuptling ins Feld führen, wobei das genannte Territorium auch als &#x201E;Land<lb/>
Moab" bezeichnet wurde, das im Namen Gottes den Heiden entrissen werden<lb/>
solle. Nutherford berichtete darüber an Sir Hercules Robinson und schrieb<lb/>
dann am ö. Juli nach dessen Weisungen an die Negierung in Pretoria, &#x201E;es<lb/>
existire im Transvaal und innerhalb der Hauptstadt desselben eine Organisation<lb/>
zu feindseligen Maßregeln gegen ein Gebiet, das jetzt praktisch britisch sei," und<lb/>
forderte dagegen &#x201E;entschiednes präventives Einschreiten von seiten der Regierung<lb/>
des Transvaal." Diese verbot darauf durch eine Proklamation allen Be¬<lb/>
wohnern der Republik die Werbung von Rekruten gegen das Betschuanenland.<lb/>
Als die letztere trotzdem fortgesetzt wurde, erfolgte englischerseits eine weitere<lb/>
Zuschrift, in der es hieß, es werde &#x201E;eine stärkere Maßregel als eine bloße<lb/>
pnpierne Bekanntmachung notwendig sein, um der Transvaalregierung die Ver¬<lb/>
antwortlichkeit für den Einbruch einer innerhalb des Transvaal öffentlich<lb/>
vorbereiteten und angezeigten Expedition in britisches Gebiet ^ hinein abzu¬<lb/>
nehmen." Die Freischaren setzten sich demungeachtet in Bewegung, rückten Ende<lb/>
Juli in Montsioas Land ein, schlugen ihn in einem Treffen und zwangen ihn<lb/>
zu einem Vertrage, in welchem er ihnen sein Land abtrat, das darauf zur<lb/>
Republik erklärt und unter den Schutz des benachbarten Boernstaates ge¬<lb/>
stellt wurde.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_364"> Dazu trat noch ein andres Ereignis, welches in England die Entrüstung<lb/>
über das Verfahren der Freischaren gegen Montsioa erheblich verstärkte. Im<lb/>
Lande Montsioas existirte eine kleine britische Polizeimacht, die von einem<lb/>
Beamten namens Bethel befehligt wurde. Dieser stellte sich, als der Einbruch<lb/>
der Boers erfolgte, den Angreifern mit einer Anzahl von Eingebornen entgegen<lb/>
und blieb dabei auf dem Platze. Wie englische Berichte wissen wollen, wurde<lb/>
er zunächst schwer verwundet und dann, in diesem Zustande auf der Wahlstatt<lb/>
liegend, von hinzutretender Boers kalten Blutes ermordet. Nach diesen Berichten<lb/>
wäre Bethel ein edler Held und seine Tötung eine greuelvolle Schandthat ge¬<lb/>
wesen. Wir halten die Sache für einigermaßen zugestutzt, wollen sie aber<lb/>
auszugsweise nacherzählen.</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0122] Auch die Vorbereitungen zu einem Einbrüche in das gleichfalls von allerlei Unruhen heimgesuchte und den Boers der „südafrikanischen Republik" sehr un¬ bequem gewordene Betschuanenland im Südwesten, zunächst das Gebiet des Häupt¬ lings Montsioa, nahmen zuletzt einen offenkundiger Charakter an. und Nutherford, der britische Resident in Pretoria, nahm daraus Anlaß, die Regierung der „südafri¬ kanischen Republik," deren Präsident jetzt ein Herr Meier war, auf sie aufmerksam zu machen, gegen sie zu Protestiren und Abhilfe zu verlangen. Eine dortige Zeitung hatte die Nachricht gebracht, daß sich bereits eine Schar von fünfzig Freiwilligen gebildet habe, um gegen Montsioa zu dienen. Dasselbe Blatt druckte die Bitte gewisser Boers ab, die schon die Grenze überschritten und sich im „Lande Gösen" festgesetzt hatten, Pretorius möge zu ihnen kommen und sie gegen jenen Häuptling ins Feld führen, wobei das genannte Territorium auch als „Land Moab" bezeichnet wurde, das im Namen Gottes den Heiden entrissen werden solle. Nutherford berichtete darüber an Sir Hercules Robinson und schrieb dann am ö. Juli nach dessen Weisungen an die Negierung in Pretoria, „es existire im Transvaal und innerhalb der Hauptstadt desselben eine Organisation zu feindseligen Maßregeln gegen ein Gebiet, das jetzt praktisch britisch sei," und forderte dagegen „entschiednes präventives Einschreiten von seiten der Regierung des Transvaal." Diese verbot darauf durch eine Proklamation allen Be¬ wohnern der Republik die Werbung von Rekruten gegen das Betschuanenland. Als die letztere trotzdem fortgesetzt wurde, erfolgte englischerseits eine weitere Zuschrift, in der es hieß, es werde „eine stärkere Maßregel als eine bloße pnpierne Bekanntmachung notwendig sein, um der Transvaalregierung die Ver¬ antwortlichkeit für den Einbruch einer innerhalb des Transvaal öffentlich vorbereiteten und angezeigten Expedition in britisches Gebiet ^ hinein abzu¬ nehmen." Die Freischaren setzten sich demungeachtet in Bewegung, rückten Ende Juli in Montsioas Land ein, schlugen ihn in einem Treffen und zwangen ihn zu einem Vertrage, in welchem er ihnen sein Land abtrat, das darauf zur Republik erklärt und unter den Schutz des benachbarten Boernstaates ge¬ stellt wurde. Dazu trat noch ein andres Ereignis, welches in England die Entrüstung über das Verfahren der Freischaren gegen Montsioa erheblich verstärkte. Im Lande Montsioas existirte eine kleine britische Polizeimacht, die von einem Beamten namens Bethel befehligt wurde. Dieser stellte sich, als der Einbruch der Boers erfolgte, den Angreifern mit einer Anzahl von Eingebornen entgegen und blieb dabei auf dem Platze. Wie englische Berichte wissen wollen, wurde er zunächst schwer verwundet und dann, in diesem Zustande auf der Wahlstatt liegend, von hinzutretender Boers kalten Blutes ermordet. Nach diesen Berichten wäre Bethel ein edler Held und seine Tötung eine greuelvolle Schandthat ge¬ wesen. Wir halten die Sache für einigermaßen zugestutzt, wollen sie aber auszugsweise nacherzählen.

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341841_194675
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341841_194675/122
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341841_194675/122>, abgerufen am 22.07.2024.