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Die Grenzboten. Jg. 43, 1884, Erstes Quartal.

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sie volkswirtschaftliche Bedeutung'der Fischerei.

liebe Kommission zur Untersuchung der deutschen Meere, schon bildet sich der
Deutsche ein Urteil, und schließlich wird vielleicht auch das Kapital sich der
Sache annehmen, und statt in rumänischen Eisenbahnen zu arbeiten, die Aus¬
beutung der natürlichen Hilfsquellen seines Landes unterstützen. Denn Kapital
muß freilich helfen; die mittellosen Bewohner unsrer Fischerdörfer können einen
großartigen Aufschwung der deutschen Hochseefischerei selbstverständlich nicht be¬
wirken, zumal da es gerade ihr in auffallender Weise auch an Intelligenz und
Unternehmungsgeist gebricht.

Will man gerecht sein, so darf man es dem deutschen Kapital freilich nicht
allzusehr verdenke", wenn es, unkundig der Verhältnisse und allein, was See
und Seewesen betrifft, fernerstehend als das damit eng verknüpfte englische
oder norwegische, bisher keine Lust zu größerer Bethätigung in dieser Richtung
gezeigt hat. Zahlreiche Umstünde haben das mit sich gebracht, aber diese Um¬
stände haben sich zum großen Teile geändert, und eine längere Nichtbeteiligung
unsers Kapitals an dem wahrhaft nationalen Unternehmen einer Hebung der
deutschen Fischerei würde unverzeihlich sein. Schon ist der Staat durch direkte
Unterstützung der Hochseefischerei fördernd entgegengekommen, aber so lobens¬
wert dies an sich und so sehr es zu wünschen wäre, daß er in seiner Hilfe-
leistung nicht ermatte, die Hauptsache soll mit niuß doch der privaten Bethä¬
tigung überlassen bleiben. Auch die Secsischereigesellschasten in unsern größern
Küstenstädten vermögen allein nur wenig, wenn nicht das Kapital des Binnen¬
landes sich in größeren Maße beteiligt.

Mancherlei Faktoren freilich sind es, die bei einem Aufschwünge der deutschen
Hochseefischerei mitzuwirken haben würden, aber alles, was dabei in Betracht
kommt, läßt sich doch beschaffen, und einem energischen Wollen gegenüber sind
die Schwierigkeiten nur gering. Da gilt es, eine nach Hunderten zählende
Flotte seetüchtiger, mit allem Erforderlichen wohl versehener Boote auszurüsten,
da gilt es, dieselben mit erprobten, bei anfänglichem Mangel an heimischen,
auch ausländischen, vielleicht den billig arbeitenden norwegischen Seeleuten und
Fischern zu bemannen. Schnellfahrende Dampfer mit den nötigen geräumigen
Eisbehültern versehen müßten den fischenden Booten die gewonnene Beute ab¬
nehmen und so unersetzlichen Zeitverlust ersparen, denn auch die schnellsegclndsten
Fischerewer haben jetzt oft einen Verlust von 30 Tagen und mehr, um ihren
Fang ans Land zu bringen, und das in der günstigsten Zeit, der Zeit des besten
Fanges! Gar häufig geht ferner auf der sturmbewcgten See das notwendige
Gezeug verloren; es müßte also den Leuten Ersatz geboten werden, und das
schnell. Dazu könnten wiederum jene Dampfer dienen. Auch zur See gilt
das Wort: Zeit ist Geld!

Eine im großen betriebene Hochseefischerei wird selbstverständlich die über¬
wiegende Menge ihrer Konsumenten weit drinnen im deutschen Binnenlande zu
suchen haben. Deshalb bedarf sie einer prompter, schnellen Versendung der


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sie volkswirtschaftliche Bedeutung'der Fischerei.

liebe Kommission zur Untersuchung der deutschen Meere, schon bildet sich der
Deutsche ein Urteil, und schließlich wird vielleicht auch das Kapital sich der
Sache annehmen, und statt in rumänischen Eisenbahnen zu arbeiten, die Aus¬
beutung der natürlichen Hilfsquellen seines Landes unterstützen. Denn Kapital
muß freilich helfen; die mittellosen Bewohner unsrer Fischerdörfer können einen
großartigen Aufschwung der deutschen Hochseefischerei selbstverständlich nicht be¬
wirken, zumal da es gerade ihr in auffallender Weise auch an Intelligenz und
Unternehmungsgeist gebricht.

Will man gerecht sein, so darf man es dem deutschen Kapital freilich nicht
allzusehr verdenke», wenn es, unkundig der Verhältnisse und allein, was See
und Seewesen betrifft, fernerstehend als das damit eng verknüpfte englische
oder norwegische, bisher keine Lust zu größerer Bethätigung in dieser Richtung
gezeigt hat. Zahlreiche Umstünde haben das mit sich gebracht, aber diese Um¬
stände haben sich zum großen Teile geändert, und eine längere Nichtbeteiligung
unsers Kapitals an dem wahrhaft nationalen Unternehmen einer Hebung der
deutschen Fischerei würde unverzeihlich sein. Schon ist der Staat durch direkte
Unterstützung der Hochseefischerei fördernd entgegengekommen, aber so lobens¬
wert dies an sich und so sehr es zu wünschen wäre, daß er in seiner Hilfe-
leistung nicht ermatte, die Hauptsache soll mit niuß doch der privaten Bethä¬
tigung überlassen bleiben. Auch die Secsischereigesellschasten in unsern größern
Küstenstädten vermögen allein nur wenig, wenn nicht das Kapital des Binnen¬
landes sich in größeren Maße beteiligt.

Mancherlei Faktoren freilich sind es, die bei einem Aufschwünge der deutschen
Hochseefischerei mitzuwirken haben würden, aber alles, was dabei in Betracht
kommt, läßt sich doch beschaffen, und einem energischen Wollen gegenüber sind
die Schwierigkeiten nur gering. Da gilt es, eine nach Hunderten zählende
Flotte seetüchtiger, mit allem Erforderlichen wohl versehener Boote auszurüsten,
da gilt es, dieselben mit erprobten, bei anfänglichem Mangel an heimischen,
auch ausländischen, vielleicht den billig arbeitenden norwegischen Seeleuten und
Fischern zu bemannen. Schnellfahrende Dampfer mit den nötigen geräumigen
Eisbehültern versehen müßten den fischenden Booten die gewonnene Beute ab¬
nehmen und so unersetzlichen Zeitverlust ersparen, denn auch die schnellsegclndsten
Fischerewer haben jetzt oft einen Verlust von 30 Tagen und mehr, um ihren
Fang ans Land zu bringen, und das in der günstigsten Zeit, der Zeit des besten
Fanges! Gar häufig geht ferner auf der sturmbewcgten See das notwendige
Gezeug verloren; es müßte also den Leuten Ersatz geboten werden, und das
schnell. Dazu könnten wiederum jene Dampfer dienen. Auch zur See gilt
das Wort: Zeit ist Geld!

Eine im großen betriebene Hochseefischerei wird selbstverständlich die über¬
wiegende Menge ihrer Konsumenten weit drinnen im deutschen Binnenlande zu
suchen haben. Deshalb bedarf sie einer prompter, schnellen Versendung der


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 43, 1884, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341839_158199/555>, abgerufen am 26.08.2024.